«Unsere Stars sind die Regisseure»

Meret Ruggle und ihr Team von Trigon Film schauen sich pro Jahr rund 500 Filme an und kaufen die Filmrechte für die Schweiz.
Sie sass schon mit Nicole Kidman und Kate Blanchett im Kino: Trigon-Geschäftsführerin Meret Ruggle (34) . (Bild: ub)

Wer hätte gedacht, dass in der Ennetbadener Aue eine der hierzulande bedeutendsten Filmverleih-Firmen domiziliert ist? «Wir haben einen Katalog von 700 Filmen, die wir betreuen und arbeiten mit rund 200 Spielstellen in der ganzen Schweiz zusammen», sagt Meret Ruggle. Sie ist seit 2020 Geschäftsführerin von Trigon Film und trat damit in die Fussstapfen ihres Vaters Walter, der den Stiftungsbetrieb über zwanzig Jahre geleitet hatte. «Er hat die Firma gross und international bekannt gemacht. Wir haben inzwischen ein dichtes Beziehungsnetz mit internationalen Filmschaffenden», sagt Ruggle. Die 34-Jährige steht vor dem Plakat von «A Separation», einem Werk des iranischen Regisseurs Asghar Farhadi. Dafür erhielt er 2011 den Goldenen Bären an der Berlinale. In den Regalen stehen Hunderte von DVDs der verschiedenen Filme, die Trigon vertritt. 

Die meisten stammen aus afrikanischen, orientalischen und asiatischen Regionen. «Es gibt nicht nur Hollywood und Bollywood, sondern noch viele andere Länder mit einer bedeutenden Kinosprache», sagt Ruggle. «La vida es silbar» von Fernando Pérez zum Beispiel. Die Geschichte über drei Menschen, die sich in Havanna auf die Suche nach ihrem persönlichen Glück machen, war ein Publikumserfolg. 

Rund 400 bis 500 Filme schauen sich Ruggle und ihr Team pro Jahr an. Wichtige Schnittstellen sind die Filmfestivals von Cannes, Venedig und Berlin. «An diesen Filmmärkten wählen wir aus und kaufen die Rechte für die Schweiz ein», erklärt Ruggle. Vom Glamour, den die Stars in spektakulären Roben auf den roten Teppichen verbreiten, bekommt sie allerdings nichts mit. «Die Vorstellungen für uns finden ausserhalb der Öffentlichkeit statt.» Immerhin hat sie es geschafft, einmal mit Nicole Kidman und Cate Blanchett im Saal zu sitzen. «Unsere Stars sind aber die Regisseure. Sie sind vielleicht nicht so bekannt wie die Schauspielgrössen, haben aber oft spannende Hintergründe und erzählen uns spannende Geschichten zu ihren Filmen. Viele von ihnen entstanden unter schwierigen Bedingungen.»

Vorsichtiger Optimismus
Meret Ruggle wohnt mittlerweile in Zürich und ist Mutter einer sechsjährigen Tochter und eines acht Monate alten Babys. Ihre Eltern arbeiteten aber in Baden und Wettingen, und sie hat weiterhin einen starken Bezug zur Region. Die härteste Prüfung für die junge Geschäftsfrau war bis jetzt die Corona-Pandemie. «Das Publikum ist seither zurückhaltender und hat sich an andere Kanäle gewöhnt. Ich glaube nicht, dass wir das Niveau an Kino­eintritten von vor Corona je wieder erreichen werden», ist sie überzeugt.  Das Medium Kino hat ihrer Meinung nach aber trotzdem Zukunftschancen. «Die Faszination des gemeinsamen Filmschauens im dunklen Saal ohne Handy und sonstige Ablenkung wird niemals verschwinden. Kino hat zudem eine soziale Komponente: Man geht mit Freunden aus, um gemeinsam einen Film zu geniessen.»

Orient, Sterk und Odeon
In der Region gehören unter anderem die Lichtspielhäuser Orient in Wettingen, Sterk in Baden sowie Odeon in Brugg zur Klientel von Trigon Film. «Sobald wir uns für einen Film entschieden und die vertraglichen Rechte dafür erhalten haben, kommt er zu uns. Dann fangen wir an, die Unter­titelung zu beschaffen und digitale Kopien zu erstellen», erzählt Ruggle aus ihrem Arbeitsalltag. Auch die Kinos müssen informiert und ein Starttermin muss festgelegt werden. Flyer, Texte und anderes Werbematerial werden ebenfalls bei Trigon hergestellt. 

Die Filme sind keine Blockbuster. Da braucht es gute Informationen für das Publikum und die Medien sowie Inserate und Werbung. Dreimal jährlich erscheint ein hauseigenes Magazin, in dem ausführlich über die Neuerscheinungen berichtet wird. Trigon Film wird durch die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) unterstützt. 

Dazu kommt finanzieller Support von der öffentlichen Hand. Einen Grossteil der Einträge machen aber die Ticketverkäufe aus. «Die Schweiz ist ein Land mit hoher Kinodichte und einem treuen Publikum. Zudem zeigen wir unsere Kinoproduktionen in Filmclubs, Schulen und an privaten Anlässen. Bis jetzt laufen die Geschäfte trotz Rückschlägen wie Corona einigermassen gut», sagt Meret Ruggle. Und hofft, dass es auch weiterhin so bleiben wird.