Seine Heimat sind grosse Bühnen

Vom Badener Banker zum Wiener Schauspieler: Gérôme Ehrler zeigt in seinem Buch auf, mit welchen Werkzeugen er seinen Traum wahr machte.
Ehrler beim Vogthaus im Dorfkern, wo er viele Jahre Jungwachtleiter war. (Bild: is)

Zufälle gibts: Als Gérôme Ehrler mit einem Stapel Bücher unterm Arm die Terrasse im Restaurant «Zur Heimat» betritt, speist dort gerade seine ehemalige Primarlehrerin. Es kommt zum angeregten Gespräch, und wenig später zückt der 27-jährige Ehrendinger einen Stift, um sein Buch zu signieren, das er gerade frisch aus der Druckerei geholt hat. Fünf weitere Restaurantgäste, die dem Wieder­sehen zwischen dem Schauspieler und der Primarlehrerin lauschten, wollen ebenfalls ein signiertes Exemplar haben. «Wir Schauspieler sind Nomaden. Aber Ehrendingen ist meine Basis. Ich komme immer wieder gerne zurück», erklärt der Schauspieler später – der neuerdings auch Buchautor ist: In seinem «Wegweiser für Träumende» hat Ehrler seine wichtigsten Erkenntnisse und Erfahrungen auf dem Weg vom Bankkaufmann zum Schauspieler sowie die Werkzeuge seiner Mentoren, die seinen Traum wahr werden liessen, zusammen­gefasst. «Wenn ich mein Buch vor sechs Jahren schon gelesen hätte, hätte ich mir viele schlaflose Nächte erspart», sagt er und lacht.

Kellner, Barkeeper, Pizzakurier
Gérôme Ehrler lacht oft und gerne. Auf seinem Weg hat er aber auch viele Täler durchschritten, hat Ängste, Zweifel und Rückschläge durchlebt. Vor sieben Jahren war er an einem Punkt, der sein Leben veränderte: Er verliess den sicheren Hafen der Bank, um seinen Traum der Schauspielerei wahr werden zu lassen. «Nach meiner Zeit bei der Bank sprach ich 26-mal erfolglos an Schauspielschulen im ganzen deutschsprachigen Raum vor, bekam aber keinen Studienplatz. Nach zwei Jahren war ich immer noch keinen Schritt weitergekommen», erzählt der Ehrendinger. Damals versuchte er sich mit bis zu sechs Jobs gleichzeitig über Wasser zu halten – unter anderem als Barkeeper, Kellner, Tellerwäscher und Pizzakurier. «Aber dann traf ich plötzlich meinen ersten Mentor, der mir Mut machte und mich an die Hand nahm.»

Ein glücklicher Zufall: Ehrler kam zu Ohren, dass ein bekannter Regisseur aus Berlin eine Bekannte im Kantonsspital Baden besuchte. «Er nahm sich Zeit für ein Gespräch in der Cafeteria des KSB.» Später durfte er sogar bei einer Probe in Bonn mit grossen Schauspielern dabei sein und merkte: «Die gehen genau den gleichen Weg bei einem Probenprozess, der erste Versuch ist nie perfekt. Man muss lernen, mit Freude zu scheitern und einfach weitermachen.» Nach zwei ergebnislosen Jahren zog er nach Österreich – ohne Job, ohne Bleibe und mit seinem Ersparten, das gerade für zwei Monate reichte. Er war entschlossen, seinen grössten Traum wahr werden zu lassen: auf der Bühne im Wiener Burgtheater, dem grössten deutschsprachigen Sprechtheater, zu stehen.

Von der «Heimat» ins Kurtheater: Gérôme Ehrler stellt sein Buch im grössten Theater des Kantons vor. (Bild: zVg | David Honegger)

Preise und Nominierungen
Und plötzlich ging alles schnell: Er wurde an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien aufgenommen und startete durch. Mit seinem ersten Comedy-Poesie-Programm «Grüezi Österreich» gelang ihm als Newcomer der Durchbruch, er holte Preise in Österreich und wurde in der Schweiz für den Swiss Comedy Talent Award des Schweizer Radio und Fernsehens nominiert. Und: Er stand auch auf der Bühne im Burgtheater, «Dies Irae – Tag des Zorns» hiess das Stück. Geschafft! 2019 trat Ehrler mit seinem Programm auch in seinem Dorf auf: Alle drei Aufführungen in der Bühne zur Heimat waren ausverkauft.

Ehrler als «Hupfer» in «Einen Jux will er sich machen». (Bild: zVg | Peter Reichert)

Schreiben in der Wüste
Bevor er sein erstes Programm schrieb, holte er sich Rat beim einem der grössten österreichischen Kabarettisten, Josef Hader: «Nach einem Auftritt von Josef im Burgtheater fing ich ihn auf dem Parkplatz ab und bat ihn um Tipps. Man muss nur den Mut haben, zu fragen. Es hat selten jemand Nein gesagt», erzählt Ehrler.

Die grossen Erkenntnisse seien immer gekommen, wenn es ihm richtig mies ging und er nicht weiterkam, sagt Gérôme Ehrler heute. Die Idee, seinen Weg, die Erkenntnisse daraus und hilfreiche Tools auch für andere festzuhalten, kam ihm beim Meditieren in einem jurassischen Kloster, in das er sich für ein zehntägiges Schweigeretreat zurückzog. «Dort sah ich es klar: Das Buch existiert schon, ich musste es nur noch niederschreiben.» Dazu begab sich Ehrler auf die Insel La Palma, bis in nächster Nähe der Vulkan ausbrauch, um dann in Marokko in der Monotonie einer abgelegenen Oase alles zu Papier zu bringen. 3000 Karteikarten hatte er mit Ideen gefüllt und daraus ein 268-seitiges Buch geformt. Ein intensiver Prozess sei es gewesen, sagt er rückblickend. Jedes Kapitel beginnt mit einer Geschichte, die er selber erlebt hat, gefolgt von den Lehren, die er daraus zog und den Werkzeugen seiner Mentoren, die ihm dabei halfen das Hindernis zu überwinden. Ehrler ist überzeugt, dass sein «Wegweiser für Träumende» helfen kann, Träume wahr werden zu lassen. «Es ist kein Zufall, dass du dieses Buch in den Händen hältst», steht auf dem Buchdeckel. Das Buch ist eine Weiterentwicklung seines ersten Comedy-Poesie-Programms «Grüezi Österreich». Um das Werk der Öffentlichkeit vorzustellen, wählte Gérôme Ehrler wieder eine grosse Bühne: «Als ich fertig war, sagte mir eine innere Stimme: Das Kurtheater! Dort ist es!» Am 17. September präsentiert er das Buch im grössten Theater des Kantons. Er verspricht: «Es wird keine langweilige Lesung! Dieser Abend wird ein Abenteuer – Comedy und Poesie, Konfetti und Magie.»

Samstag, 17. September, 20 Uhr
Kurtheater Baden
gerome-ehrler.com