Sozialarbeit gestaltet Schule von morgen

Caroline Anliker leitet die Schulsozialarbeit im Surbtal. Durch Corona und Krieg ist der Bedarf an Hilfestellungen in der Schule stark gestiegen.
Seit August 2022 leitet die 35-jährige Caroline Anliker die ÜSSA. (Bild: vs)

Caroline Anliker führt in das Zimmer in der Bezirksschule Endingen, in dem sie und ihre drei Kolleginnen und Kollegen ein offenes Ohr haben: für Eltern, Schülerinnen und Schüler und auch Lehrpersonen. Der runde Tisch lädt zum Verweilen ein. Der Blick fällt sofort auf die Spruchkärtchen-Sammlung. «Kopf hoch, sonst kannst du die Sterne nicht mehr sehen», steht da unter anderem. Die Schulsozialarbeiterin strahlt: «Die Sprüche geben den Kindern und Jugendlichen Mut. Sie können sie passend auf ihre Situation beziehen.»

Lösungsorientierter Ansatz
Mut machen ist eines der Kernanliegen von Anliker und der Überregionalen Schulsozialarbeit Surbtal (ÜSSA). Ihr lösungsorientierter Ansatz verbietet es, von «Problemen» zu reden. Auf einem Blatt Papier zeichnet sie auf, was sie meint: Auf der linken Seite steht ‹Problem›, darunter ‹Vergangenheit›. Auf der rechten ‹Lösungen› und ‹Zukunft›. Das Schöne an ihrem Job sei, dass Ressourcen frei würden, wenn man über Lösungen rede und nach diesen suche. Es gehe darum, Ziele zu formulieren, zum Beispiel: «Wo will ich hin?» und «Wie will ich mich fühlen?». Manche Kinder werden richtig kreativ dabei. Mit «Problemen» hingegen befassen sich Anliker und ihr Team nicht. Sie seien keine Therapeuten, sondern bieten Kurz­beratungen an. Deshalb schauen die Schulsozialarbeitenden auch nur während der Arbeitszeiten auf Handy und E-Mails. Beratungen rund um die Uhr bieten andere Fachstellen an, etwa die Pro Juventute.

Anliker arbeitet schon seit sechs Jahren für die ÜSSA. Damit ist die Schulsozialarbeit an den Standorten Endingen, Lengnau, Freienwil und Tegerfelden gemeint. Das Angebot wurde seit 2012 kontinuierlich ausgebaut. Von der Oberstufe auf die Primarschule, um frühzeitig Handlungsbedarf zu erkennen. Neue Heraus­forderungen und Krisen wie Pandemie, Klima und Krieg lösen bei Kindern Ängste und Unsicherheiten aus. Sie haben das Bedürfnis nach Stabilität und Sicherheit bei Kindern und Eltern an die Oberfläche geholt. Auch Eltern seien vermehrt am Anschlag und melden sich bei der ÜSSA, sagt Anliker.

Das Wort Überforderung verwendet sie nicht: «Wir stehen alle mal an. Dann braucht es einen Impuls von aussen. Es geht um die Bestätigung, dass die Eltern auf einem guten Weg sind.» Generell seien die Schulen je länger, desto mehr mit sozialen Thematiken gefordert. Dies sei auch durch die Integration von sozial auffälligen Kindern und solchen mit psychischen Krankheitsbildern bedingt. Hier biete auch die schulische Heilpädagogik eine wichtige Unterstützung.

Wenige Impulse, grosse Wirkung
Eine weitere erfreuliche Seite an ihrem Job sei, dass es nur wenige Impulse brauche, um Erfolgserlebnisse zu schaffen. Wie Anlikers Alltag konkret aussieht, erzählt sie anhand des Beispiels einer Klassenintervention. Manchmal gebe es in Klassen ungute Dynamiken, die sich eingespielt haben. Dann liefern Anliker und ihr Team neue Impulse. Gemeinsam mit der Lehrperson werde eine Lektion vorbereitet und gestaltet. Kinder lieben es zu spielen: Ein gruppendynamisches Spiel eigne sich deshalb besonders gut.

Eines davon heisst «Fliegender Stab» oder auch «Hebebühne». Die Gruppe steht sich in zwei Reihen gegenüber. Der Stab, der gleich lang ist wie die Gruppe, wird dabei auf den Zeigefingern gehalten. Es geht darum, ihn gemeinsam abzusetzen, ohne dass er herunterfällt. Einfach ist das nicht. Die Kinder reflektieren, wie sie das Ziel erreichen können und probieren von Neuem, bis die Übung gelingt. Das Resultat sei, dass die Kinder stolz auf sich seien und merkten: Jede und jeder hat dazu beigetragen, dass es funktioniert. Das stärkt den Zusammenhalt der Klasse und fördert ein gutes Klima im Klassenzimmer.

Pensum auf 30 Prozent erhöht
Seit September hat Anliker ihr Pensum als Leitung Schulsozialarbeit von zehn auf dreissig Prozent erhöht. Die 35-Jährige hat beruflich Stationen vorzuweisen, die sie bestens für diese Aufgabe qualifizieren. Nebst ihrem Studium in Sozialer Arbeit hat sie mehrere Weiterbildungen vorzuweisen, so auch einen CAS in Organisationsberatung und -entwicklung. Auch da schlägt sich ihr lösungsorientierter Ansatz nieder: eine Organisation ganzheitlich anzuschauen und mit den Ressourcen zu arbeiten, die sie hat. Weitere Informationen sowie die Präsenzzeiten sind unter www.uessa.ch zu finden.