Mit der Little Swiss Lady über den Pazifik

Rolf Düggelins kühner Plan, den Atlantik zu überqueren, ist aufgegangen: Team und Boot sind gefunden. Doch die Route wurde angepasst.
Sie machen sich fit für den Pazifik. Rolf Düggelin und Friedrich Wollmann trainieren aktuell mindestens fünfzehn Stunden pro Woche. (Bild: isp)

Der 70-jährige Rolf Düggelin ist auf Kurs. Der ehemalige Einwohnerratspräsident von Baden plant, mit einem Viererteam von Rentnern oder Rentnerinnen im Alter zwischen 65 und 75 Jahren in einem Ruderboot den Atlantik zu überqueren. Der Mediator und Konfliktmanager aus Scherz will damit beweisen, dass auch reifere Menschen durchaus zu ausserordentlichen Leistungen fähig sind und über sich hinauswachsen können. Um weitere «Spinner», wie Düggelin schmunzelnd anfügt, zu finden, hatte er sich im Februar via «General-Anzeiger» an die Öffentlichkeit gewandt.

Intensive Vorbereitungsphase
Seither ist ein halbes Jahr vergangen. Auf seinen Aufruf haben sich etliche Interessierte gemeldet. «Inzwischen hat sich ein Team mit vier Rentnern aus der Region Baden-Brugg gefunden», berichtet Düggelin voller Freude. Wortwörtlich mit im Boot sind Ton Koster, Friedrich Wollmann sowie Franco Leemann – gemeinsam bilden sie das Team «Wise Swiss Rowers». «Uns fehlen aber noch ein oder zwei Reservisten. Man darf sich bei Interesse also immer noch melden», sagt Düggelin. Das Männerquartett trainiert mittlerweile intensiv ökonomisches Rudern unter Anleitung von Rudertrainer Andreas Pirscher vom Ruderclub Baden. Auch Ausdauer-, Mobilitäts- sowie Stabilitätstrainings hat das Team in Angriff genommen – alles unter Aufsicht von Fitnesstrainer Solomon Tettey bei Kieser Fitness in Baden. «Wir trainieren mindestens fünfzehn Stunden pro Woche», versichert Düggelin, ehemaliger Grenadier-Oberleutnant der Schweizer Armee. Allerdings haben sich die Ruderer entschlossen, nicht wie geplant im ­Dezember 2023 über den Atlantik zu rudern, sondern im Juni 2024 über den Pazifik. Denn nach der Gründung des Teams waren bereits alle Startplätze an der «Talisker Atlantic Challenge 2023» besetzt. «So haben wir uns für die Pazifik-Variante im Juni 2024 entschieden», sagt Düggelin.

Die beiden «Wise Swiss Rowers» Friedrich Wollmann und Rolf Düggelin (rechts) mit ihrem Rudertrainer Andreas Pirscher und Fitnesscoach Solomon Tettey in der Ennetbadener Badstrasse. (Bild: isp)

2800 Seemeilen bis Kauai
Bei diesem Rennen müssen 2800 Seemeilen absolviert werden. Gestartet wird in Monterey Bay (Kalifornien/USA), enden wird der Contest auf der Garteninsel Kauai (Hawaii). Die Überfahrt dauert 40 bis 50 Tage. Das Budget liegt bei 280 000 Franken.

Die Herausforderung wollen die «Wise Swiss Rowers» mit einem Ruderboot vom Modell «Little Swiss Lady», Typ Dutch Ocean Rowingboat, in Angriff nehmen. Das selbstaufrichtende und autarke Boot ist 9,3 Meter lang und hat ein Leergewicht von 900 Kilogramm. Es ist aus vier Millimeter starken Alu-Platten gefertigt und verfügt über sieben Luftkammern. Am vergangenen Samstag präsentierte das Team in Ennetbaden anlässlich der Neueröffnung des Geschäfts von Trainer Andreas Pirscher erstmals sein Boot. Mit «Flow Row» produziert und verkauft Pirscher spezielle Rudergeräte, zudem werden dort Kurse und Schulungen durchgeführt.

Totalservice in Holland
Das Boot war in Ennetbaden auf einen Träger montiert. Es steht vorher noch an einem anderen Rennen im Einsatz: Das Team «Ocean’s 4» wird im Juni 2023 damit über den Pazifik rudern. Anschliessend wird die «Little Swiss Lady» nach Holland transportiert und dort einem Totalservice unterzogen. Unmittelbar danach können die «Wise Swiss Rowers» das Boot für ihr Projekt übernehmen. «Unser Vorhaben hat sich herumgesprochen. Schön, dass wir einen kleinen Fanclub haben, der uns unterstützt und an uns glaubt», freut sich Düggelin. Die Team- und Bootpräsentation war gleichzeitig der Kick-off für die Sponsorensuche.

Auf dem Meer entsteht ein Buch Aber Tausendsassa Düggelin hat noch mehr auf Lager. Während der Fahrt übers Meer will er mit seinen Ruderkollegen aufs Leben zurückschauen und philosophieren. Aus diesen Erkenntnissen soll anschliessend ein Buch entstehen. Den passenden Titel hat der Initiator bereits gefunden: «Stirb gefälligst erst, wenn du alles in Ordnung gebracht hast!» Das Buch ist Bestandteil seines abenteuerlichen Projekts. Falls die «Wise Swiss Rowers» ihr Vorhaben tatsächlich umsetzen und dabei ein finanzieller Gewinn herausschaut, wollen sie diesen an die Altersorganisation Pro Senectute spenden. Das Geld soll Demenzbetroffenen zugutekommen.