«Auf der Bühne bin ich glücklich»

Vom Kinder- und Jugendtheater Turgi auf die grossen deutschen Bühnen: Der gelernte Gärtner Lars Wandres hat seinen Traum verwirklicht.
«Sitzed Si, hocked Si, nämed Si Platz»: Musical-Darsteller Lars Wandres. (Bild: zVg)

Als das Trio Eugster 1970 mit «Oh läck du mir» seinen ersten grossen Hit ­landete, war Lars Wandres noch nicht ansatzweise «geplant». «Trotzdem kannte ich fast alle Lieder, die im Musical vorkommen, die haben einfach Kultstatus», sagt der 1995 Geborene. Seit dem 22. September steht Wandres sechs Mal pro Woche bei «Oh läck du mir» im Theater 11 in Zürich-Oerlikon auf der Bühne. Im Musical von Erfolgsautor Charles Lewinsky spielt er einerseits die Rolle eines Reporters im Ensemble. Zudem ist Wandres das «Cover» für die Rolle des Halbstarken Jimmy. «Viermal darf ich den Jimmy aber auch fix darstellen – die Premiere habe ich am kommenden Samstag», freut sich der 27-Jährige, der während seines Engagements in einer WG in Brugg wohnt.

Mit Requisiten von 1968: Lars Wandres in seiner Rolle als Journalist im Ensemble. (Bild: zVg | Christian Knecht)

Auftritt in der Royal Albert Hall
Lars Wandres ist in Zürich geboren. Als er zwei Jahre alt war, zügelte seine Familie nach Untersiggenthal, in der 2. Oberstufe folgte der Umzug nach Nussbaumen. Die Bühne habe ihn schon früh fasziniert, erzählt er: «Als Dreijähriger wollte ich Zirkusdirektor werden.» Seine Eltern haben ihn oft ins Theater mitgenommen, und so ging er mit sechs Jahren ins Kinder- und Jugendtheater Turgi (KJT), mit dem er auch international auftreten konnte: «Wir besuchten Festivals in Schweden, Deutschland und England.» Mit dreizehn trat er mit dem «World Children Theatre Ensemble» in der Royal Albert Hall in London auf. Beim Besuch von «Mamma Mia», das er als Film und als Musical gesehen hat, wurde ihm schliesslich klar: «Die Energie des Musicals hat mich viel mehr angesprochen. Ich wollte Musicaldarsteller werden!» Zwei Jahre später nahm er seine ersten Gesangsstunden beim damaligen Vocal Coach des KJT, Eric von Niederhäusern, der im Mai 2020 verstorben ist.

Nach der Bezirksschule, die er in Obersiggenthal besuchte, habe er sich aber noch nicht reif gefühlt, um seinen Traum umzusetzen, sagt Lars Wandres. Deshalb absolvierte er zuerst eine Lehre als Gärtner mit Berufsmatura bei Scherer Gartenbau in Untersiggenthal. Um seine Ausbildung an der renommierten Stage School in Hamburg finanzieren zu können, arbeitete er als Gärtner weiter, bevor er mit neunzehn den Schritt ins Ausland wagte.

«Kulturschock» in Hamburg
In Norddeutschland absolvierte Wandres die dreijährige Ausbildung zum Musicaldarsteller – und erlebte erstmals auch Kritik. «In der Schweiz wurde ich eher gehyped und gelobt. In Hamburg kam hingegen immer viel Kritik von den Dozentinnen und Dozenten», blickt er zurück. Die norddeutsche Art sei sehr direkt, aber er habe gelernt, sie zu schätzen: «Man weiss wenigstens, woran man ist, und man will ja auch weiterkommen.» Bereits während der Ausbildung sammelte er erste professionelle Erfahrungen. Er sprach den Krumbiegel im Live-Hörspiel «Emil und die Detektive», synchronisierte für die Kindersendung «Teletubbies» und spielte im Musical «The Addams Family» im Theater am Marientor in Duisburg mit. «So knüpfte ich erste Kontakte zu Regisseuren und bekam auch bei ‹West Side Story› an den Clingenburger Festspielen eine Rolle.»

Weitere Engagements von «Peter Pan» über «Grease» und «Cabaret» bis zum «Zauberer von Oz» folgten. Auch für einen Lidl-Werbespot stand er in Deutschland schon vor der Kamera. «Und trotz Corona bekam ich immer Jobs. Ich hatte grosses Glück und immer mutige Produzentinnen und Produzenten», ist ihm bewusst. Auch die Gesundheit spielte mit: In der ganzen Pandemie ist er in keiner einzigen Show ausgefallen.

Rolle bei Space Dream
Als Musicaldarsteller pendelt Lars Wandres zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Frühling 2022 bekommt er in seiner Heimat sein erstes Engagement beim Revival von «Space Dream» in der Maag-Event-Halle in Zürich, wo er «Cover» für die Rolle des Rodin war. Noch bis zum 30. Oktober steht er nun bei «Oh läck du mir» auf der Bühne. Die Aufführungen im Theater 11 machen ihm grossen Spass – und er hat sogar Alex Eugster vom ehemaligen Trio kennengelernt: «Alex ist mittlerweile 85 Jahre alt, aber er hat viele unserer Proben und einige Aufführungen besucht – manchmal mit einem Tränchen im Auge», sagt der junge Schauspieler voller Bewunderung. 

Danach geniesst Lars Wandres drei Wochen Pause in Hamburg, bevor die Proben für «Cabaret» am Stadttheater in Krefeld beginnen. «Dieses Jahr bin ich insgesamt gerade mal anderthalb Monate in meiner Wohnung in Hamburg», erzählt er und lacht.

Für die Zukunft hofft er, noch mehr Rollen entwickeln und spielen zu können, statt Teil eines Ensembles zu sein. Als Musicaldarsteller stand Lars Wandres schon vor 6500 Zuschauern auf der Bühne, aber auch schon vor 150 Nasen. «Alles hat seinen Reiz», findet er: «Hauptsache, ich kann meine Leidenschaft ausleben. Denn ich bin glücklich, wenn ich auf der Bühne stehen kann. Einen Plan B hatte ich nie.»

Infos und Tickets: ohlaeckdumir.ch und larswandres.com