Die Stadt Brugg darf sich glücklich schätzen: Sie zählt zu den Gemeinden im Kanton, die über das höchste Nettovermögen verfügen. Angestiegen ist es seit der letzten Steuerfusserhöhung per Ende 2021 auf über 121,1 Millionen Franken. Eine solche Summe weckt nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Begehrlichkeiten. Die Diskussion, die am Freitag, 21. Oktober, bei der Budgetberatung 2023 im Einwohnerrat angesagt ist, dürfte kontrovers werden. Dies zeigt sich bereits im Vorfeld.
Komitee für Senkung um 10 Prozent
Das Komitee für eine vernünftige Brugger Finanzpolitik, das bereits Mitte August seine Forderung nach einer Senkung des Steuerfusses um 10 Prozentpunkte von 97 Prozent auf 87 Prozent kundtat (der «General-Anzeiger» berichtete), meldete sich am 29. September mit einer erneuten Medienmitteilung. «Das Budget 2023 verstärkt die Befürchtungen des stetigen Niedergangs der Finanzkraft in Brugg», hält das Komitee fest, dem Peter Haudenschild (FDP), Patrick von Niederhäusern (SVP), Daniel Zulauf (SVP) und Peter Reimann (FDP) angehören. Die Finanzkraft sinke rapid weiter. «So wird Brugg bald einmal Finanzausgleichsbeiträge beziehen und damit am Finanzausgleichstopf des Kantons hängen», prognostiziert das Komitee. Es gelte nun, Gegensteuer zu geben. «Nur die Finanzstrategie 2023 des Komitees mit vier Massnahmen bringt Brugg aus der Stagnation.»
Als erste Massnahme schlägt das Komitee pauschale Korrekturen im Budget und Finanzplan von je 2 Millionen Franken bei der Erfolgs- und Investitionsrechnung für verbesserte Entscheidungsgrundlagen von Budget und Finanzplan vor. Als Zweites eine Defizitbremse bei der Erfolgsrechnung und Finanzierungsrechnung zur langfristigen Stabilisierung der Finanzen sowie Reservestartwerte der beiden Ausgleichstöpfe mit je 20 Millionen Franken für die Erfolgs- respektive Finanzierungsrechnung. Die dritte Massnahme besteht aus einer «wirksamen Ansiedelungspolitik zur Gewinnung von Steuerzahlern mit hoher Steuerkraft», und die vierte Massnahme in der genannten Steuerfusssenkung um 10 Prozentpunkte.
Weitere Auskünfte zu den vorgeschlagenen Massnahmen will das Komitee an einer Infoveranstaltung präsentieren. Diese findet am Donnerstag, 3. November, 18 Uhr, im Süssbachsaal 2 der Pflegezentrum AG, Brugg, statt.
SP für Beibehaltung
Die SP tat ihre Haltung zur Reduktion des Steuerfusses am 6. Oktober mit einer Medienmitteilung kund. Sie reagierte damit auf die Forderung des Komitees für eine vernünftige Finanzpolitik. «In Anbetracht der aktuellen Herausforderungen dürfen auf keinen Fall Schnellschüsse gemacht werden», liess die SP verlauten. «Es gibt wichtige Gründe, den aktuellen, notabene tiefen Steuerfuss von 97 Prozent zu behalten.» Zu den von der Partei genannten Gründen zählt etwa das Argument, eine Steuerfussreduktion würde das prognostizierte negative Betriebsergebnis – bei sinkenden Einnahmen und bleibenden Ausgaben – vergrössern und das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltsbudgets auf Jahre hinaus verunmöglichen.
Am meisten befürchtet die SP, dass der seit vielen Jahren geäufnete Investitionsstau, den die Stadt Brugg mit verschiedenen Massnahmen auflösen möchte, bei einer Reduktion des Steuerfusses um weitere Jahre bestehen bliebe und, so die Einschätzung der Partei, «vermutlich sogar vergrössert würde». Auswirken würde sich der Revisionsstau laut der SP bei grossen Projekten wie dem Neumarktplatz, dem Stadtraum Bahnhof, der Modernisierung des Busterminals, der Sanierung des Hallenbads und der Erweiterung des Schulraums Umiken, Lauffohr und Zentrum. «Mit einer Reduktion des Steuerfusses würde die Attraktivität der Stadt reduziert, und das Leistungsangebot für die Bevölkerung müsste abgebaut werden», schreibt die Partei. «Von einer Steuerfusssenkung würden in erster Linie die reichsten Steuerzahlerinnen und Steuerzahler profitieren», so die SP, die den Stadtrat in seiner Haltung unterstützt.
GLP für «moderate» Senkung
Die GLP Brugg wiederum stellte in ihrer Mitteilung vom 7. Oktober klar, dass sie das Budget 2023 in der vorgelegten Form nicht genehmigen werde. Sie beantragt vielmehr eine «moderate» Senkung des Steuerfusses um 2 Prozentpunkte auf 95 Prozent. «Die vergangene Legislatur zeigt deutlich, dass es nicht gelingt, alle geplanten Investitionsprojekte innert nützlicher Frist umzusetzen», schreibt die Partei. «Es kann nicht sein, dass die Stadt Brugg ihr Nettovermögen in der Höhe von rund 100 Millionen auf Kosten der Steuerzahler weiter anspart.»
Mit der Steuersenkung wolle die GLP Brugg ein Zeichen setzen, dass die Stadt dem Steuerzahler auch einmal etwas zurückgeben wolle. Zudem würde die Stadt als Standort damit attraktiver. Ferner verlangt die GLP eine fixe Defizitbremse auf 60 Millionen im Budget. «Jede weitere Senkung des Steuerfusses lehnt die GLP Brugg hingegen ab», so die Partei in ihrer Medienmitteilung.
Einwohnerratssitzung
Freitag, 21. Oktober, 19 Uhr
Campussaal, Windisch