Längere Haftstrafe als gefordert

Am Donnerstag verurteilte das Bezirksgericht Brugg P. K., der 2019 seinen Freund D. D. in einer Höhle einschloss, zu über 19 Jahren Gefängnis.
Ort der Hauptverhandlung: Mobile Polizei in Schafisheim. (Bild: Keystone | Walter Bieri)

Als «bestialisch und unmenschlich» beschrieb Gerichtspräsident Sandro Rossi anlässlich der mündlichen Urteilsverkündung letzte Woche in den Räumlichkeiten der Mobilen Polizei in Schafisheim die Handlungen des Angeklagten P. K. Das Bezirksgericht verurteilte den 23-Jährigen zu neunzehn Jahren und zwei Monaten Gefängnis und ordnete eine sogenannte «Kleine Verwahrung» an. Auch die Hauptverhandlung im «Mordfall Bruggerberg» förderte indes kein klares oder starkes Motiv des Täters zutage, der im Frühjahr 2019 seinen angeblich besten Freund während einer Mutprobe in einer Höhle am Bruggerberg einschloss, den Höhleneingang komplett zuschüttete und sein Opfer hilflos zurückliess, woraufhin der Eingeschlossene D. D. an Unterkühlung starb (der «General-Anzeiger» berichtete). Im Gegenteil: Abgesehen von Eifersucht und Neid wegen der besseren Lebensumstände seines Freundes, der im Gegensatz zum Täter selbst über einen Job – und damit über Geld – verfügte, gibt es keinerlei Erklärungen dafür, weshalb P. K. sein Opfer D. D. in der Höhle einsperrte, und warum er seinen Freund nicht wieder ausgrub.

Obwohl der Täter an unterdurchschnittlicher Intelligenz, einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung und ADHS leidet, kamen die beauftragten Fachpersonen in ihren Gutachten zum Schluss, dass P. K. durchaus fähig war, zu begreifen, dass sein Freund durch sein Handeln auf grausame Art und Weise zu Tode kommen würde. Auch habe ihn nichts daran gehindert, nach dieser Erkenntnis zu handeln. Damit attestierten die Begutachtenden dem Beschuldigten volle Schuldfähigkeit, und auch das Bezirksgericht schloss sich dieser Ansicht an. Es sei nicht möglich, das Verhalten von P. K. sauber den einzelnen psychischen Störungen zuzuordnen, allerdings würden die Persönlichkeitsstörungen auch kombiniert nicht so schwer wiegen, dass von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen werden könne, erläuterte ein Gutachter.

Angebliche Wissenslücken
Bei seiner Befragung im Rahmen der Hauptverhandlung hatte der Beschuldigte auf beinahe jede Frage dieselbe Antwort: «Ich weiss nicht mehr.» Hatte sich P. K. kurz nach seiner Verhaftung im Frühjahr 2021 – knapp zwei Jahre nach dem Delikt und ein Jahr, nachdem die Leiche zufällig von Passanten gefunden wurde – noch kooperativ und geständig gezeigt, änderte er im Laufe der Strafuntersuchung sein Aussageverhalten und konnte sich an die betreffenden Vorgänge angeblich nicht mehr erinnern. Dies, gepaart mit dem lockeren Plauderton, mit dem der Angeklagte die Fragen des Gerichts beantwortete, sorgte dafür, dass P. K. im Prozess bei den Zuschauenden einen verstörenden Eindruck hinterliess. Dass er sich mit seinem «letzten Wort» vor Gericht bei der Familie seines Opfers entschuldigte, vermochte daran nichts mehr zu ändern.

Längere Freiheitsstrafe
In der Hauptverhandlung war man sich relativ schnell einig, dass die von P. K. begangene Tötung als Mord zu taxieren sei, lediglich über das Strafmass und die geeignete Massnahme wurde verhandelt. Die Verteidigung hatte für den Angeklagten zwölf Jahre Haft, eine Massnahme für junge Erwachsene und einen Freispruch vom versuchten Mord gefordert. Die Staatsanwaltschaft hatte einen Schuldspruch wegen Mordes und versuchten Mordes, über sechzehn Jahre Freiheitsentzug und eine «Kleine Verwahrung» für den Täter gefordert. Dabei handelt es sich um eine Massnahme, die genau wie die «Ordent­liche Verwahrung» stationär und potenziell unbefristet ist. Laut Staatsanwaltschaft sei dies die beste Möglichkeit, um dem Gefährdungspotenzial von P. K. zu begegnen, der in Haft bereits wieder einen Mitinsassen mit einem Messer angegriffen hatte. Das Gericht folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft in diesem Punkt und ordnete eine «Kleine Verwahrung» an. Ausserdem verurteilte es den Angeklagten mit neunzehn Jahren und zwei Monaten zu einer längeren Freiheitsstrafe, als selbst die Staatsanwaltschaft gefordert hatte.

Mordversuch im Tessin
Das Bezirksgericht sprach P. K. überdies auch wegen versuchten Mordes schuldig. Man sah es als erwiesen an, dass der Beschuldigte bereits eine Woche vor der Haupttat versucht hatte, D. D. anlässlich einer gemeinsamen Bergwanderung zu töten, indem er ihn einen 270 Meter langen Steilhang hinunterstiess. Nur durch Glück überlebte D. D. diesen ersten Mordversuch, da er an einer Stelle hängen blieb, an der er von der Rega geborgen werden konnte. Obwohl er damals schon seiner Familie berichtete, dass er dass Gefühl hatte, gestossen worden zu sein, relativierte er seine Aussage fast sofort wieder. Schliesslich würde niemand so etwas tun, und schon gar nicht der beste Freund, sagte er damals. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann beim Obergericht des Kantons Aargau angefochten werden.