«Die Nussernte braucht Zeit»

Zum Betrieb der Familie Hegg gehört auch eine Parzelle voller Nussbäume. Diese bewirtschaften und pflegen die Kirchbözberger Bauern mit viel Herzblut.
Betreiben die Nussplantage gemeinsam: Die Bözberger Fritz und Karin Hegg. (Bild: aru)

Zweigt man von Bözen Richtung Elfingen ab, fährt man an einer einzigartigen Parzelle vorbei. Bestückt ist sie mit rund 130 Nussbäumen, die fünfzehn verschiedenen Sorten angehören. Das idyllische Stück Land am Hang befindet sich seit 2003 im Besitz von Karin und Fritz Hegg, die in Kirchbözberg einen Landwirtschaftsbetrieb führen. Obwohl sie viel Zeit in die Baumnussernte investieren, ist diese, was die Einkünfte angeht, bloss ein kleiner Nebenzweig. «Das ist fast reine Liebhaberei», erzählt Karin Hegg, die im Herbst oft ganze Tage mit dem Auflesen von Nüssen verbringt. Die meisten davon füllt die Bäuerin von Hand in die Eimer, denn die schmackhaften Früchte sind oft unter dem Laub versteckt. «Man kriegt den Blick dafür», schmunzelt die 50-Jährige und bückt sich, um ein paar besonders schöne Exemplare aufzuheben. «Der Regen bringt die Nüsse runter», blickt sie auf die letzten Tage Mitte Oktober zurück, die sie zu grossen Teilen in die Nussernte investiert hat. Ein Riesenaufwand, den Karin Hegg mit der Unterstützung ihres Mannes und ihrer fünf Kinder stemmt. «Die Nussernte braucht Zeit», gibt sie unbestritten zu. Trotzdem geniesse sie die Momente fernab vom lebhaften Betrieb in Kirchbözberg. «In Bözen kann ich meist etwas Sonne tanken», schmunzelt sie.

Umfassende Verwertung
Ihren Hof betreiben die Heggs bereits in zweiter Generation. Die Eltern von Fritz, die ursprünglich aus dem Bernbiet stammen, haben den Betrieb Anfang der 70er-Jahre gekauft. «Damals noch mit viel Pachtland», wie Fritz Hegg erzählt. Nach und nach konnten seine Eltern und er einzelne Parzellen kaufen, sodass der Hof nun eine gute Existenzgrundlage hat. Der Haupterwerb der Heggs besteht aus der Viehwirtschaft und dem Anbau von Kirschen. Dieser sei in den letzten Jahren unglaublich arbeitsintensiv geworden, sagt das Ehepaar. Immer neue Regelungen müssten beachtet werden – «Die Konsumentinnen und Konsumenten in den Grossverteilern kaufen nur noch Erstklassware» – und Schädlinge wie die Kirschessigfliege vergrössern den Unterhalt der Baumplantagen zusätzlich. «Zum Glück setzen wir auch auf den Verkauf ab Hof», sagt Karin Hegg. Hier fänden die Kirschen, die nicht der Norm entsprechen, Absatz. «An Spitzentagen haben wir allerdings eine solche Menge an Früchten, dass wir nicht alle verkaufen können», ergänzt sie.

Umso mehr schätzen Fritz und Karin Hegg die Freiheit bei den Baumnüssen. Hier ist weit weniger reglementiert, und die Früchte haben eine längere Haltbarkeit, was die Produktion etwas stressfreier macht. Von den rund 1000 Kilogramm Nüssen, welche die Heggs in guten Jahren ernten, gelangen die grossen, schönen Nüsse in den Verkauf – bei der Landi und ab Hof. Die kleineren und optisch weniger schönen Nüsse knackt Willi Huber aus Gallenkirch. So wird die ganze Ernte verwertet. Die schönen Hälften dienen etwa zur Dekoration von Käseplatten oder zum direkten Verzehr, während sich gebrochene Nusskerne zum Backen eignen.

Im Bündnerland, wo die Nusstorte Tradition hat, wachsen denn auch die meisten Nussbäume der Schweiz. Die Plantage von Karin und Fritz Hegg ist in der Region Brugg einzigartig. Ursprünglich wurde sie von einem Liebhaber gepflanzt, der die verschiedenen Sorten auf dem Grundstück säuberlich dokumentiert hat. «Diese Papiere sind leider nicht mehr zu finden», erzählt Karin Hegg. Weil alle Bäume einst mit Sortenschildern versehen waren, konnte sie die Nüsse, die auf der Parzelle in Bözen in ganz unterschiedlichen Farben, Grössen und Strukturen zu finden sind, zuordnen. In der Schweiz wachsen sehr viele unterschiedliche Sorten, die beispielsweise auf der Plattform fructus.ch dokumentiert sind. Sogar eine Sorte namens «Bözberg» findet sich da. Eine besondere Spezialität sind die roten Walnüsse, auch «Blutnüsse» genannt. Diese haben eine rotbraune Kernhaut, verfügen über weniger Gerbstoffe, sind besonders wohlschmeckend und auch für Menschen, die mit Aphten reagieren, geeignet. Auch auf dem Grundstück der Heggs wachsen Blutnüsse. «Sie sind sehr begehrt und immer schnell ausverkauft», sagt Karin Hegg.

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Die Parzelle in Bözen versammelt über hundert Nussbäume verschiedener Sorten. (Bild: aru)

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Karin Hegg zeigt das Erntewerkzeug. (Bild: aru)

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Frisch gewaschen, trocknen die Nüsse. (Bild: aru)

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Bereit für den Verkauf in der Landi. (Bild: aru)

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Eine Delikatesse: Nussöl vom Bözberg. (Bild: aru)

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Zurückhaltende Bewirtschaftung
Die Walnuss (Juglans regia) gehört zum Kulturgut der Schweiz. Sie war vor der letzten Eiszeit hierzulande heimisch, starb dann aus und wurde von den Römern als Kulturpflanze wieder über die Alpen gebracht. Obwohl der Bestand an Nussbäumen seit Anfang des 21. Jahrhunderts nach einer längeren rückläufigen Phase wieder ansteigt, stammen achtzig Prozent der konsumierten Nüsse aus dem Import.

Der Anbau gelingt nur in gewissen Regionen, denn die Walnuss erträgt keine strengen Winter. «Regen und Trockenheit scheinen den Bäumen aber nicht zu viel auszumachen», sagt Fritz Hegg. Die Nussparzelle wird von den Heggs als Biodiversitätsfläche bewirtschaftet, einmal im Jahr gemäht und im Herbst beweidet. «Viel Heu gibts aber nicht, denn die Nussbäume werfen so viel Laub ab, dass nicht viel Gras wächst», erklärt der 53-jährige Landwirt. Gespritzt werden die Bäume einzig mit einem biologischen Mittel gegen die Walnussfruchtfliege. Nach der Ernte werden die Nüsse mit dem Hochdruckreiniger gewaschen und anschliessend getrocknet. Dann sortiert Karin Hegg die Nüsse von Hand und bereitet sie für den Verkauf oder die Weiterverarbeitung zu. Ein Teil wird in der Mühle «Nussoeli» in Oslberg gepresst – mitsamt Schale. Daraus entsteht ein delikates und äusserst gschmackvolles Öl, das die Heggs nur ab Hof verkaufen. Auch Karin Hegg verwendet das gesunde Öl für den Salat und weitere Speisen. Und ab und an bäckt die geschäftige Bäuerin, die viele Jahre als stellvertretende Gemeindeschreiberin Unterbözberg tätig war, auch eine Bündner oder Bözberger Nusstorte – «ausschliesslich für die Familie», lacht sie.

Auf dem Grundstück wachsen verschiedene Sorten mit unterschiedlicher Struktur und Färbung. (Bild: aru)