Erst zehn Monate im Amt, hat der komplett erneuerte Gemeinderat Hausen zwei strategische Entscheide getroffen: Er will erstens wegen der steigenden Darlehenszinsen die Gemeindeschulden konsequent reduzieren und zweitens bis ins Jahr 2030 rund 5 Millionen Franken in den energieeffizienten Unterhalt und die Erneuerung von gemeindeeigenen Liegenschaften investieren. Deswegen hält er eine weitere Steuerfusserhöhung um 5 auf 110 Prozent für nötig. Es ist der dritte Aufschlag innerhalb von fünf Jahren.
20 Millionen Franken Schulden
Ende 2012 war die Gemeinde Hausen schuldenfrei. Pro Einwohner wies sie ein Nettovermögen von 1025 Franken aus. Der Steuerfuss konnte um 3 auf 97 Prozent gesenkt werden. Doch der Finanzfrühling dauerte nur kurz, denn zwei neue Grossprojekte kamen auf den Tisch: Die Erweiterung des Lindhofschulhauses für 6,1 Millionen Franken und der Bau einer Doppelturnhalle mit Gemeindesaal für 13,8 Millionen Franken, der dann allerdings rund 1 Million Franken teurer zu stehen kam als budgetiert. Aber die Gemeinde hatte Glück, dass sie die neuen Schulden zu sehr günstigen Bedingungen aufnehmen konnte. Jetzt ist die «Fast-Null-Zins-Periode» vorbei.
Immerhin war bereits bei den Kreditbeschlüssen klar, dass sie eine Steuererhöhung nach sich ziehen würden. Der damalige Gemeinderat rechnete mit 7 bis 8 Prozent mehr. Tatsächlich werden es nun 13 Prozent. Die aufgehäuften 20 Millionen Franken Schulden gingen zwar bis Ende 2021 wieder auf 15,3 Millionen Franken zurück, sie machen aber immer noch 4105 Franken pro Einwohner aus. Das ist deutlich mehr als der für vertretbar gehaltene Richtwert von 2500 Franken – und engt den finanziellen Spielraum für künftige Investitionen ein.
Guter Eigenfinanzierungsgrad
Immerhin sieht die Finanzlage auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aus. Der Selbstfinanzierungsgrad ist gut. Die im nächsten Jahr geplanten Investitionen von 523 300 Franken können mit eigenen Mitteln finanziert werden (dieses Jahr wurde aus Spargründen sehr wenig investiert). Die drei grössten neuen Investitionsbeträge sind: 200 000 Franken für die erste Tranche zur Erschliessung des Reichhold-Areals, 100 000 Franken für die Anschaffung eines neuen Mehrzweckfahrzeugs der Feuerwehr Windisch-Hausen-Habsburg (wovon 75 000 Franken an Beiträgen zurückfliessen) und 100 000 Franken Projektierungskosten zur Erneuerung des älteren Teils des Lindhofschschulhauses.
Das Budget 2023 schliesst bei Einnahmen von 13,62 Millionen Franken und Ausgaben von 13,49 Millionen Franken mit einem Ertragsüberschuss von 127 000 Franken. Gegenüber dem Voranschlag 2022 rechnet der Gemeinderat mit einem Mehrertrag von 911 200 Franken und einem Mehraufwand von 788 100 Franken. Der Ertragsüberschuss kommt durch 441 000 Franken Steuermehrerträge dank der beantragten Steuerfusserhöhung zustande. Sonst wäre das Budget defizitär.
Erschliessung Campus Reichhold
Damit die langjährige Industriebrache auf dem 75 000 Quadratmeter grossen früheren Reichhold-Areal nach beendeter Altlastensanierung wieder sukzessive genutzt werden kann, braucht es neben planerischen auch infrastrukturelle Vorleistungen für Verkehrserschliessung, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Das sind Gemeindeaufgaben. Aber das Reichhold-Areal – das inzwischen hauptsächlich der renommierten Hiag Immobilien AG gehört, die sich um eine nachhaltige Arealentwicklung bemüht – ist ein Spezialfall: Es ist auf zwei Gemeinden verteilt, auf Hausen und Lupfig. Das hat unter anderem zur Folge, dass auf den beiden Gemeindeflächen unterschiedliche Ausnützungsziffern für Neubauten gelten. Damit scheint man aber zurechtzukommen.
Hingegen wird bei der Erschliessung vom Territorialprinzip abgewichen und das gesamte Areal aus Kosten- und Synergiegründen an das Wasser- und Abwasserleitungsnetz von Hausen angeschlossen. Die Details regelt ein Gemeindevertrag, zu dem die Gemeindeversammlung übernächste Woche Stellung nehmen kann.
Demzufolge soll Hausen Eigentümerin der Wasser- und Abwasserwerkleitungen auch auf dem Lupfiger Teil des Reichhold-Campus werden sowie für die Erneuerung und den Unterhalt zuständig sein, aber dafür alle Anschluss- und Benützungsgebühren einkassieren können.
Meteor- und Abwasser getrennt
Es geht auch bereits um konkrete Kreditentscheide. Für die Verkehrserschliessung samt Beleuchtung werden 578 250 Franken, für die Erweiterung der Wasserversorgung 827 500 Franken und für die Abwasserentsorgung 1 385 500 Franken beantragt. In das Reichhold-Areal zweigt über zwei Anschlüsse Nord und Süd von der jetzigen Hauptstrasse eine neue innere Erschliessungsstrasse mit beidseitigem Trottoir ab. Auf dieser Strasse verkehrt künftig auch die Buslinie Brugg-Birr mit eigener Haltestelle.
Zur Entlastung des ordentlichen Kanalisationsnetzes sieht das Abwasserkonzept die Trennung von Schmutzabwasser (häusliche Abwässer, Strassen- und Platzwasser) sowie Sauberabwasser (Dachwasser) vor. Ideal wäre, wenn das Sauberabwasser wieder versickern könnte. Aber in diesem Gebiet ist das heikel: erstens wegen der Altlastensituation auf dem Gelände und zweitens, weil nördlich des Reichhold-Areals ein Grundwasservorkommen besteht, das bei steigendem Pegelstand Liegenschaften tangieren kann, wie die Stiftung Domino beim Neubau ihrer Behindertenwerkstatt an der Stückstrasse erfahren musste.
Und der Süssbach?
Vorgesehen ist, das Dachwasser aus dem Reichhold-Areal in den vor 25 Jahren erstellten Vorflutkanal Birrfeld-Aare, der unter der Umfahrungsstrasse Hausen liegt, abzuleiten. Dabei müssen der Süssbach und die SBB-Gleise Brugg-Birrfeld unterquert werden. Aus ökologischer Sicht wäre die Einleitung in den natürlichen Vorfluter Süssbach, der die meiste Zeit ein Rinnsal ist, zu begrüssen. Offenbar bestehen aber Bedenken, ob er einem grossen Wasseranfall, etwa bei Starkregen, gewachsen wäre. Im Bericht zum Entwässerungskonzept heisst es lapidar: «Eine Einleitung in den Süssbach ist nicht vorgesehen.»
Donnerstag, 17. November, 20 Uhr
Mehrzweckhalle, Hausen
hausen.swiss