«Eigentlich male ich nur für mich»

Sein Weg zur Kunst war kein geradliniger. Es brauchte etwas Lebenserfahrung, bis Otto Grimm zu seiner Bestimmung, der Malerei, fand.
Otto Grimm vor einigen seiner Werke, die er aktuell in der Galerie Zimmermannhaus in Brugg zeigt. (Bild: ub)

Die Präzision, mit der Otto Grimm seine Bilder in der aktuellen Ausstellung «Fluide Potenziale» im Zimmermannhaus Brugg gestaltet hat, ist faszinierend. Eigentlich sind auf den klein- und mittelformatigen Bildern schlichte Kreise, Quadrate und Rauten zu sehen. Gemalt in den Grundfarben Rot, Gelb und Blau. Durch mehrere Schichten entstehen neue Farbnuancen. Raffiniert gesetzte Hell-Dunkel-Effekte erzeugen räumliche Perspektiven. Die abstrakten Aquarellwerke vermögen Ruhe und gleichzeitig Dynamik auszustrahlen. Es ist offensichtlich, dass hier ein Könner am Werk war. Einer, der den Dingen wie ein Forscher auf den Grund gehen will und mit Formen und Materialien experimentiert. Grimm meint dazu: «Eigentlich male ich nur für mich und mache das, was ich sehen möchte. Aber wenn es anderen Leuten auch gefällt, ist das natürlich umso schöner.»

Sein Palmarès ist lang
Zu gefallen scheint die Kunst des heute 67-Jährigen allerdings vielen Menschen. Seine Ausstellungsliste ist lang. Seit 1981 konnte er seine Exponate praktisch jedes Jahr ein- bis zweimal schweizweit präsentieren. Mit seinen Werken am Bau machte er in der grossen Öffentlichkeit von sich reden. In Brugg gestaltete er 1995, zusammen mit Otto Kälin, am ehemaligen Spital, das heute zum Medizinischen Zentrum Brugg geworden ist, ein grosses Wandbild. Dieses wurde anlässlich der Umbauarbeiten liquidiert – und dies, ohne die Künstler darüber zu informieren, wie Grimm bedauert.

Auf Umwegen zum Traumberuf
Sein Weg war dem Künstler nicht von Anfang an vorgegeben. «Ich wuchs in einem Elternhaus auf, in dem Kunst wenig Stellenwert hatte, genoss aber eine sehr freie und offene Erziehung.» Die Lehre als Tiefdruckretoucheur begeisterte ihn wenig. «Ich fühlte mich nicht wohl in der Druckindustrie», erinnert sich der gebürtige Suhrer, der heute in Möriken wohnt. Erst auf dem zweiten Bildungsweg entdeckte er seine Kreativität und absolvierte verschiedene Semester an Kunstgewerbeschulen. «Als ich das für mich noch relativ neue Universum des bildnerischen Gestaltens kennengelernt hatte, fühlte ich mich zum ersten Mal richtig wohl in meiner Haut», bekundet er und strahlt.

Kunstvermittler für Jugendliche
Bereits mit 22 Jahren bekam er erste Förderbeiträge für sein Schaffen. Der letzte Atelieraufenthalt des Aargauer Kuratoriums führte ihn 2018 nach Berlin. Dort ist die Idee zu seinen Werken, die im Zimmermannhaus zu sehen sind, entstanden. Leben konnte Grimm von seiner Kunst jedoch nie. Deshalb arbeitete er rund zehn Jahre als Taxifahrer. Später kamen Jobs im grafischen und illustrativen Bereich hinzu.

Schliesslich wurde Otto Grimm Zeichnungslehrer und war nach verschiedenen Zwischenstationen insgesamt 25 Jahre lang Lehrer für bildnerisches Gestalten an der Kantonsschule Aarau. «Ich gab immer gerne Schule. Es war unglaublich bereichernd, mit Jugendlichen zusammenzuarbeiten. Sie haben neue Ideen, und man sieht, wie das Leben weitergeht.» Und mit einem Schmunzeln fügt er hinzu: «Ich habe in diesem Vierteljahrhundert überhaupt nicht realisiert, dass ich älter werde.» Mittlerweile ist er pensioniert. «Ich muss mir die Zeit nicht mehr stehlen für meine eigenen Bilder oder nachts arbeiten, wie das früher der Fall war», meint der Vater von zwei erwachsenen Töchtern. «Jetzt habe ich den ganzen Tag Zeit für mein kreatives Schaffen.»