300 Einsätze und 21 Tenüwechsel

Im Schwank «Diskretion isch Ehresach» glänzt Raphael Spuler in einer Doppelrolle als unmoralischer Regierungsrat und Zimmerkellner.
Hauptdarsteller Raphael Spuler in seiner Doppelrolle als Regierungsrat Häfliger (im Bild links und als Zimmerkellner). (Bild: is)

Raphael Spuler kam am vergangenen Freitag und Samstag ganz schön ins Schwitzen. Im Schwank «Diskretion isch Ehresach» spielte der Darsteller des Theaters Würenlingen eine Doppelrolle, die es in sich hat: den Regierungsrat Häfliger, nach aussen hin ein «senkrechter Schweizer», und den Zimmerkellner, der dem Politiker verblüffend ähnlich sieht. In dem Stück hat die Doppelrolle insgesamt 300 Einsätze und 21 Tenüwechsel in anderthalb Stunden. «Es ist schon eine grosse ‹Kiste›», sagt Raphi Spuler. Immerhin hatte der grosse Volksschauspieler Erich Vock das Stück zu Beginn der 2000er-Jahre bereits auf die Bühne gebracht. Nach zwei Tagen Bedenkzeit sagte der Würenlinger zu.

Im Latexkostüm auf der Bühne
Der Schwank von Lewis Easterman ist eine klassische Verwechslungskomödie. Der Regierungsrat hat sich in einem Erstklasshotel mit dem russischen Geschäftsmann Popov zur Übergabe eines Koffers mit Bestechungsgeld verabredet und will sich dort ein fesselndes Schäferstündchen mit einer Domina gönnen. Der Hoteldirektor hat alles arrangiert – «Diskretion isch Ehresach!» Doch dann taucht Popov im falschen Moment auf, eine junge Journalistin wittert einen Skandal, und es hilft nur noch eins: lügen, verkleiden und immer neue Ausreden erfinden. Zum Glück arbeitet im Hotel ein Kellner, der dem Politiker verblüffend ähnlich sieht …

Im ersten Akt steht Regierungsrat Häfliger teilweise halbnackt und im Latex-Kostüm auf der Bühne. Doch Raphi Spuler sagt, es habe ihn kaum Überwindung gekostet, sich so vor dem Dorf zu exponieren: «Ich möchte aus jeder Rolle das Beste herausholen, und je mehr ich die Leute zum Lachen bringen kann, umso mehr Spielfreude kommt auf.» Wie aber funktionieren 21 Kleiderwechsel logistisch und unter grossem Zeitdruck? «Nicht ohne unsere gute Seele Katrin Oeschger», sagt Raphi Spuler. Die langjährige Spielerin war hinter der Bühne dafür zuständig, ihm bei jedem Kleiderwechsel die richtigen Tenüs zur richtigen Zeit bereitzuhalten und Spuler beim Umziehen zu helfen. Für den kürzesten Wechsel hatte er knapp zwanzig Sekunden Zeit, um vom Latex- ins Kellnerkostüm zu schlüpfen. «Oftmals war Katrin dabei, mir eine Fliege zu montieren, während ich gleichzeitig die Hose wechselte», so Spuler. Einen kleinen Trick verrät er an dieser Stelle: «Meine Frau hat das Hemd mit einem Klettverschluss versehen, damit das zeitraubende Öffnen und Schliessen der Knöpfe entfiel.»

«Wie eine Familie»: Raphael Spuler (l.), «Hoteldirektor» Roman Huber und das restliche Ensemble lassen sich feiern. (Bild: is)

«Double» Stefan Meier
In einer Szene direkt zu Beginn des zweiten Akts steht Regierungsrat Häfliger sogar gleichzeitig in zwei Rollen auf der Bühne: einmal im Anzug, und einmal gefesselt und geknebelt in Latexmontur. Der vermummte Häfliger, der nur unverständlich murmeln kann, wird von Spulers Double Stefan Meier gemimt. Auch dieser «wortlose» Part stellte hohe Anforderungen an den Darsteller, «obwohl es eigentlich pure Talentverschwendung ist», stellte Regisseur Brauchli bei der Vorstellung der einzelnen Darsteller fest. Besonders hob er auch «Hotel­direktor» Roman Huber hervor: «Ich sah ihn in einem anderen Theater und wollte ihn unbedingt haben!» In weiteren Rollen spielten Melanie Dubach (Domina), Cornelia Eichler (Journalistin), Gabi Meier (Frau des Regierungsrats) und Pascal Fasel (russischer Geschäftsmann).

Auch Hauptdarsteller Raphael Spuler liegt viel daran, dass das ganze Team gewürdigt wird, von der Souffleuse und den Bühnenbauern zu den Maskenbildnerinnen bis zum Gastroteam in der Küche und an der Bar: «Eine gelungene Theatervorstellung hängt immer von allen Beteiligten ab. Und wir sind wie eine grosse Familie», betont der Hauptdarsteller.

Der Zusammenhalt aller Beteiligten war in diesem Jahr umso wichtiger, weil die Theatergruppe erstmals nicht mehr gemeinsam mit dem Männerchor Würenlingen auftrat. Regisseur Brauchli war froh über viele Helferinnen und Helfer aus dem Familien- und Freundeskreis: «Sie alle haben zu diesem Erfolg beigetragen.»