Calvin Stettler, wie wird Ihr Arbeitsalltag während der Fussball-WM in Katar aussehen?
Während der Weltmeisterschaft bereite ich täglich Spiele für unsere Fernsehsendung auf. In einer Schicht von acht bis neun Stunden produziere ich einen Vorschaubeitrag und eine Spielzusammenfassung. Meine Vorbereitung beginnt bereits beim morgendlichen Lesen der Zeitung. Am Schnittplatz recherchiere ich und sichte das verfügbare Bildmaterial, bevor es ans Schneiden und Vertonen geht. Den Matchbericht bereite ich während des Spiels auf. Das kann ganz schön intensiv sein, weil mein Bericht schon kurz nach Spielende gesendet wird. Genau das macht es für mich aber auch so spannend.
Dann werden Sie also während der WM vor Ort aus Katar über die Spiele berichten?
Nein, ich begleite die WM aus unserem Büro in Oerlikon heraus. Es ist aber schon ein Traum von mir, einmal bei einem solchen Anlass vor Ort zu berichten. Allerdings fühle ich mich auch so schon sehr privilegiert, weil ich überhaupt bei diesem Ereignis mitwirken darf. Ich lebe momentan absolut meinen Traum und bin sehr dankbar dafür, dass man mir in meinem Alter schon dieses Vertrauen schenkt und ich so viel Verantwortung übernehmen kann.
Im Vorfeld der WM wurde immer wieder Kritik am Wüstenstaat laut. Wie gehen Sie als Sportjournalist mit dieser Situation um?
Ich mache mir privat natürlich durchaus meine Gedanken dazu. Menschenrechtsverletzungen sind nicht annehmbar, und da muss man ganz genau hinschauen. Bei meinem Job steht aber grundsätzlich der Sport im Vordergrund. In unseren Sendungen beschränken wir uns aber durchaus nicht nur auf die sportlichen Aspekte von Sportveranstaltungen, sondern versuchen, das Geschehen an der. WM im Gesamtzusammenhang zu beleuchten und zu erklären. Da haben wir durchaus publizistische Freiräume.
Wie schätzen Sie die Chancen der Schweizer an dieser WM ein?
Ich finde, die Schweiz hat aktuell eine sehr interessante Mannschaft. Viele Leistungsträger sind auf ihrem sportlichen Zenit. Ich traue ihr deshalb grundsätzlich einiges zu. Vor allem auch, weil sie in den letzten Jahren wiederholt gezeigt hat, dass sie auch wichtige Spiele gegen grosse Fussballnationen im entscheidenden Moment gewinnen kann.
Wie sind Sie überhaupt Sportreporter geworden?
Schon als kleiner Junge stellte ich beim «Fifa»-Gamen die Kommentarspur auf stumm, um meine Spiele selbst kommentieren zu können. Ursprünglich wollte ich immer Anwalt werden. Zum Sportjournalismus bin ich relativ zufällig gekommen. Ich schrieb einen Leserbrief an das deutsche Magazin «Sportbild» zum damals angedachten Wechsel von Bayern-Spieler Thomas Müller zu Inter Mailand, der in meinen Augen ein grosser Fehler gewesen wäre. Ich rechnete eigentlich nicht damit, dass mein Leserbrief abgedruckt würde. Aber in der nächsten Ausgabe der «Sportbild» war er sehr prominent abgedruckt. Da dachte ich, dass das ja vielleicht etwas für mich sein könnte.
Wie ging es dann weiter?
Ich habe ein Jahr lang sehr intensiv Leserbriefe an verschiedene Sportredaktionen geschrieben und hatte das Glück, dass ich bei einem Nachwuchsprogramm der «Aargauer Zeitung» aufgenommen wurde. So wurde ich dann zuerst freier Mitarbeiter beim Regionalsport der «Aargauer Zeitung». Via «Tages-Anzeiger» bin ich dann schliesslich beim SRF gelandet.