Das war Gemeinderat Gaudenz Schärer in seiner Funktion als Finanzvorstand peinlich: Das für 2023 prognostizierte Freienwiler Budgetdefizit beträgt nicht – wie in den Unterlagen zur Gemeindeversammlung vermerkt – 188 000, sondern 216 000 Franken. Was ist geschehen? Die Übersicht der laufenden und abgeschlossenen Projekte wird neu digital erstellt. Dabei blieben das Schulprovisorium und das Parkierungskonzept im Status «in Arbeit», weshalb für diese beiden fertiggestellten Vorhaben keine Abschreibungen vorgenommen wurden, was nachgeholt werden musste.
«Ein ehrliches Budget»
Ein drittes Defizit in Folge: Schärer zeigte mit einer in die Tiefe gehenden Analyse auf, wohin das Geld fliesst – mehrheitlich zu Kostenstellen, die sich in ihrer Höhe nicht beeinflussen lassen. In naher Zeit kommen aktuelle und künftige Investitionen wie Hochwasserschutz und BNO hinzu, die zu zusätzlichen Abschreibungen führen. Gegenwärtig kann das Defizit über das Eigenkapitalkonto gedeckt und der Steuerfuss bei 109 Prozent belassen werden. Aber wie lange noch?
Schärer schliesst nicht aus, für 2024 ein Budget präsentieren zu müssen, welches mit höheren Steuern verbunden ist. Christa Ledergerber, ehemaliges Mitglied der Finanzkommission (Fiko), lobte die Auslegordnung, stellte aber auch fest, dass sich die Freienwiler Finanzen in eine gefährliche Richtung bewegen. Die aktuelle Fiko sah keine Möglichkeit, so am Budget zu schrauben, dass eine schwarze Null entsteht. «Was wir vorliegen haben, ist eine ehrliches Budget», sagte Fiko-Präsident Michael Suter. Mit 44 gegen 7 Stimmen genehmigten die Stimmberechtigten den Voranschlag.
Neue Etappierung des Hochwasserschutzes
Vizeammann Urs Rey hat zu Jahresbeginn den Aufgabenbereich Bau und Planung übernommen – und damit das Freienwiler Grossprojekt Hochwasserschutz, für welches die Gemeindeversammlung 2021 einen Projektierungskredit bewilligt hat. Dieses wird laut Grobschätzung bis zu drei Millionen Franken kosten und 2026 fertiggestellt. In die Augen gestochen ist Rey, dass der Hochwasserschutz im besonders exponierten Gebiet Hälslerweg-Bergstrasse erst 2025 an die Hand genommen werden soll. Zusammen mit dem Planer hat er die Etappierung überprüft und nun der Gemeindeversammlung vorgeschlagen, für 350 000 Franken mit dem Abschnitt Bergstrasse zu starten. Die Überarbeitung hat zudem gezeigt, dass das ursprünglich geplante Rückhaltebecken am Hälslerweg entfallen kann. Mit grosser Mehrheit bewilligte die Versammlung den Kredit.
Referendum sorgt für Antrag
Seit 1. Januar gibt es keine Schulpflegen mehr – jene von Freienwil findet aber noch immer in der Gemeindeordnung Erwähnung. Änderungen an dieser bedingen eine obligatorische Volksabstimmung, was den Gemeinderat veranlasst hat, auch andere Punkte zu überarbeiten. So die Kompetenz zur Einbürgerung. «Diese ist heute ein Verwaltungsakt», stellte Gemeindeammann Othmar Suter fest. Deshalb mache es Sinn, sie von der Gemeindeversammlung weg, hin zum Gemeinderat zu verschieben.
Wichtig ist auch eine Erhöhung der Kompetenzsumme des Gemeinderats für Grundstücksgeschäfte von 20 000 auf 100 000 Franken. Zu einem Antrag aus der Versammlung führte ein Punkt, welcher gar nicht geändert werden sollte: die Zahl der nötigen Unterschriften für ein Referendum gegen einen Gemeindeversammlungsbeschluss mit weiterhin einem Sechstel (16,66 Prozent) der Stimmberechtigten. Im Antrag wurde eine Senkung auf 5 Prozent verlangt. Das sorge für mehr Demokratie, da es Leute gebe, die gar nicht an den Versammlungen teilnehmen können. Dem entgegnete Gemeindeammann Suter, dass ein Sechstel den Gemeindeversammlungsbeschlüssen mehr Gewicht gebe – «sie nicht so leicht zu kippen sind». Mit 44 gegen 19 Stimmen bleibt es beim Sechstel. Neben der Revision der Gemeindeordnung wurde auch der Beitritt Freienwils zum Asylverbund Ehrendingen-Freienwil-Schneisingen genehmigt.