Brugg wird eine Prise urbaner

Die «City Galerie» mitsamt Aussenflächen soll weiterentwickelt werden. Nun liegen die Resultate des Studienauftrags vor.
Frischer Wind für die City Galerie. Am 4. April 1959 wurde der Jelmoli Brugg eröffnet (Bild). Swiss Prime Site Immobilien AG will der Liegenschaft neues Leben einhauchen. (Bild: zvg)

Wohnen, Einkaufen, Freizeit und Arbeiten: Das alles soll die Weiterentwicklung des Areals, in dessen Zentrum sich die «City Galerie» an der Hauptstrasse 2 befindet, in Zukunft auszeichnen. Das Gebäude, das 1959 bei der Eröffnung des Warenhauses «Jelmoli» zu den städtebaulichen Meilensteinen der Stadt Brugg gehörte, ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Und so hat sich die Besitzerin, die Zürcher Swiss Prime Site Immobilien AG, welche schweizweit tätig ist, intensiv mit den Fragen «Abreissen? Neu bauen? Umbauen?» auseinandergesetzt. «Man kann diese Liegenschaft nicht mit Flickarbeit am Leben erhalten», sagte Drazenka Dragila Salis, Head Development & Construction, anlässlich der Pressekonferenz vom vergangenen Montagnachmittag im Brugger Salzhaus. «Man muss etwas Umfassendes planen – für den nächsten Lebenszyklus.»

Drazenka Dragila Salis, Head Development & Construction, und Annette Bohr, Development & Construction bei der Swiss Prime Site Immobilien AG, bei der Präsentation im Salzhaus Brugg. (Bild: aru)

Viele Gespräche geführt
Schnell hat das Immobilienunternehmen, das 2009 mit dem Portfolio von Jelmoli viele ähnliche Liegenschaften, die meisten davon aus den 60er-Jahren, gekauft hat – unter anderem in Uster und Oerlikon –, gemerkt, dass die Liegenschaft, «die in den Herzen der Bruggerinnen und Brugger mit Emotionen verbunden ist», wie Dragila es formulierte, ein grosses Potenzial hat.

In einem ersten Schritt habe man ein sogenanntes Sounding gemacht. Dabei wurden Fachleute aus verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel der Marktforschung, dem Städtebau, der Landschaftsarchitektur, der Verkehrsplanung sowie Nachbarn, institutionelle Nachbarn, Mieterinnen und Mieter sowie Vertreterinnen und Vertreter der Stadt befragt. «Wir hatten es mit sehr vielen Partikularinteressen zu tun», erklärte Drazenka Dragila. Seit einem Jahr bewege man sich nun in diesem Verfahren und lote aus, wie viel des aktuellen Bestands bleiben und wie viel neu werden soll.

Bereits im Januar war man mit der Bau- und Planungskommission in Kontakt, von Februar bis April wurden dann die entsprechenden Unterlagen erarbeitet, sodass der Studienwettbewerb in Form eines einstufigen qualifizierten Verfahrens zur Entwicklung des gesamten Grundstücks ausgeschrieben werden konnte.

Bedeutung für die Stadt
Insgesamt fünf Teams, die aus Architekten und Landschaftsarchitekten bestanden, wurden beauftragt, sich mit dem Tranformationsprozess des Areals zu beschäftigen. Im Zeichen von Quartier- und Stadtentwicklung sollten gesellschaftlich sinnvolle Vorschläge für die nachhaltige Entwicklung des gesamten Grundstücks erarbeitet werden, so der Auftrag. «Wesentlich war für uns, dass aufgezeigt wurde, wo die Qualitäten liegen», erläuterte Annette Bohr, Development & Construction bei der Swiss Prime Site Immobilien AG. «Auch die Bedeutung für die Stadt an dieser doch recht prominenten Lage spielte eine Rolle.» Nach einer ersten Etappe habe die Jury, der verschiedene Fachleute, darunter Bigna Lüthy, Stadtplanerin bei der Abteilung Planung und Bau der Stadt Brugg, und Jürg Hein, Leiter der örtlichen Abteilung Planung und Bau, angehören, mit den fünf Teams Zwischenbesprechungen durchgeführt und ihnen ein Feedback gegeben, erörterte Annette Bohr. Danach gings in die zweite Runde, die mit der Schlussjurierung endete.

Hinter dem ehemaligen «Jelmoli» soll ein Komplex mit Wohnungen gebaut werden, dazwischen ist ein Gassenhof vorgesehen. (Bild: zvg | Visualisierung JessenVollenweider)

Siegerprojekt erkoren
Als Siegerprojekt ging dasjenige des Teams Jessenvollenweider Architektur AG, Basel, und der Landschaftsarchitekten Stauffer Rösch AG, Basel, hervor. Es schlägt eine Transformation des Areals vor, «die mit dem Erhalt des Altbaus die materiell und ideell vorhandene Geschichte des Ortes nutzt und mit einem zweiten, winkelförmigen Gebäude einen neuen, durchlässigen Stadtbaustein entwickelt». Dieser neue, eigenständige Wohnbau, der auf dem jetzigen Parkplatz geplant ist, orientiert sich an den vorhandenen Qualitäten und Strukturmerkmalen des bestehenden Baus. Der Übergang zur benachbarten Villa wird durch eine Abstufung des Attikageschosses und den Gebäudeeinschnitt geleistet. Diesem Übergang soll bei der weiteren Ausarbeitung des Projekts noch mehr Rechnung getragen werden.

Mit ins Projekt einbezogen wurde auch der Gartenpavillon der ehemaligen Villa Rauber, der sich auf Altstadtseite des bestehenden Gebäudes befindet. Im Projekt von Jessenvollenweider und Stauffer Rösch soll er Teil des Hofraums werden und beispielsweise als Gemeinschaftsraum dienen. Zwischen den beiden grossen Bauten ist ein begrünter Gassenhof geplant, der zum Begegnungsort werden soll. Die Erschliessung der Tiefgarage erfolgt von der Paradiesstrasse aus. «Das Siegerprojekt überzeugt vor allem durch seine primäre städtebauliche Setzung und durch das Herausschälen einer ganz spezifischen, innerstädtischen Gesamtkomposition», so der Jurybericht. «Das neue Ensemble, bestehend aus Alt- und Neubau, wirkt in sich stimmig, bietet differenzierte Aufenthalts- und Begegnungsmöglichkeiten und fördert mit dem neuen Gassenhof sowohl die Durchlässigkeit als auch eine angemessene Vernetzung des Areals mit den angrenzenden Stadträumen.»

«Brugg ist noch nicht entdeckt»
Die Nachhaltigkeit ist ein zentrales Merkmal der Tranformation. Zudem wollte die Bauherrschaft die Basis der Bauten miteinbeziehen. «Wir wollten nicht einfach Tabula rasa machen, sondern das Ganze aus der Geschichte heraus entwickeln», betonte Drazenka Dragila. Dazu gehöre auch der Miteinbezug des Lichts, das bereits beim Bau aus den 60er-Jahren eine grosse Rolle gespielt hat. «Wir streben eine neue Visbilität an, die rundherum geht», so Dragila. Man sei mit den aktuellen Mieterinnen und Mietern in engem Kontakt und sei bestrebt, sie ins neue Konzept miteinzubinden. Der bestehende Bau soll auch weiterhin Gastronomie und Retailflächen beinhalten. «Wir wollen einen positiven Impuls für die Entwicklung der Stadt setzen, einen Leuchtturm bezüglich Qualität», betonte Drazenka Dragila. «Wir haben ein gutes Projekt gewählt, das dem Potenzial des Orts gerecht wird», zeigte sie sich überzeugt. «Brugg ist noch nicht entdeckt.» In einer nächsten Etappe wird nun das Vorprojekt erarbeitet, dessen Start fürs zweite Quartal 2023 geplant ist. Mit dem Bau soll dann 2025 begonnen werden, die Fertigstellung erfolgt frühestens 2027. Zum Investitionsvolumen wollte sich die Bauherrschaft zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äussern.