Erzählen oder auch nur zuhören

Sich mitzuteilen, ist nicht nur gesund, sondern macht auch glücklich. Das Erzählcafé der Rheumaliga bietet eine breite Plattform dafür.
Dominique Schwank von der Rheumaliga Zürich, Zug und Aargau moderiert die Erzählcafés. (Bild: isp)

Das Rezept ist simpel, aber erfolgreich: Im Erzählcafé kommen die unterschiedlichsten Menschen zusammen, um sich Geschichten aus ihrem Leben zu erzählen. Jeder Mensch hat eine Geschichte, die berührt. Erzählen macht glücklich und lässt Erlebtes nicht in Vergessenheit geraten. Eine bunt gemischte Gruppe fand sich auch vergangene Woche im Familienzentrum Karussell ein. Dort finden regelmässig «Erzählcafés» statt. Die Nachmittagsveranstaltungen werden von ­Dominique Schwank von der Rheumaliga Zürich, Zug und Aargau moderiert.

Thema Schatztruhe
Das Thema ist immer im Voraus bekannt. Am 6. Dezember lautete es «Schatztruhe». Zu Beginn erläutert Schwank die «Spielregeln», die im Erzählcafé beachtet werden müssen. Zur Einstimmung liest der Moderator dann eine kurze Episode aus Robert Louis Stevensons Roman «Die Schatzinsel» vor. Die Teilnehmenden der fröhlichen Runde erzählen Anekdoten zu Begebenheiten rund um ganz persönliche Schätze. Was ist ein Schatz? Das können geliebte Sachen sein, bei denen es einem schwerfalle loszulassen, bestätigen einige. Aber auch ein Garten kann sowas wie ein «Schatz» sein, meint ein anderer. Selbst Gerüche können als ganz persönliche «Schätze» gelten. Eine Teilnehmerin offenbarte, dass ihr Schatz eine kleine Blechschatulle mit allerlei Knöpfen sei, bei einer anderen ist es gar eine Musikspieldose. Auch Fotoalben sind ein besonderer Schatz, wird erzählt.

Erzähltes bleibt im Erzählcafé
Manche Gäste nehmen regelmässig am Erzählcafé teil. Etwa Ruth E. Müller aus Wettingen: «Ich habe sogar schon meine beiden Nachbarinnen motivieren können mitzukommen», sagt die Musiktherapeutin.

Positiv findet Müller auch, dass es in den Erzählcafés überhaupt nicht um Rheuma gehe, sondern immer um ein vorgegebenes Thema. «Wer mag, bringt sich und seine Geschichten ein. Wer hingegen lieber nur still zuhören möchte, ist auch willkommen», so die Wettingerin. «Und: Was im Erzählcafé berichtet wird, das bleibt auch dort», fügt sie an. Dies ermöglicht den Teilnehmenden, freier zu erzählen.

Im zweiten Teil, nach dem eigentlichen Erzählen, gibt es feinen Kaffee und etwas Süsses. Nun bietet sich die Möglichkeit, in gemütlicher Runde zu der einen oder anderen Geschichte noch mehr zu erfahren und sich vertiefter zu unterhalten. Wer mag, darf sich noch im Gästebuch eintragen.

Bedürfnis nach Austausch
Doch wie kam es dazu, dass die Rheumaliga das Erzählcafé anbietet? Dominique Schwank erklärt: «Als wir 2011 eine Rheuma-Hotline lancierten, stellten wir rasch fest, dass das Bedürfnis nach Gesprächen und Austausch riesig war. Sehr oft standen plötzlich interessante und berührende Lebensgeschichten im Zentrum des Gesprächs, und der ursprüngliche Grund des Anrufs – nämlich eine Frage zur Gesundheit – rückte in den Hintergrund. Das war die Geburtsstunde unseres Erzählcafés.» Nun ist das Angebot seit zehn Jahren fester Bestandteil des Veranstaltungskalenders und findet nach der Fusion der Rheumaliga Aargau mit der Rheumaliga Zürich nun auch in Baden statt. Das nächste Erzählcafé findet am Dienstag, 21. Februar 2023, im Karussell zum Thema «Kleider» statt. Die Teilnahme ist kostenlos, Anmeldungen sind nicht nötig, und das Erzählcafé steht allen offen. Das Netzwerk Erzählcafé – ein Kooperationsprojekt der Fachhochschule Nordwestschweiz und des Migros Kulturprozents mit Gesundheitsförderung Schweiz als Partner – führt eine Agenda mit allen Daten und Austragungsorten. Diese sind unter rheumaliga.ch oder netzwerk-erzaehlcafe.ch zu finden.