«Alle sind sehr motiviert», sagt Regisseurin Katrin Janser und blickt von ihrem Regietisch auf die Bühne, wo sich die Schauspielerinnen für die erste Szene bereit machen. Es ist kurz vor Weihnachten, und in der Mehrzweckhalle Turgi wird intensiv für das Stück «Die Narzissen» von Katja Früh geprobt. Dabei geht es allerdings nicht um Frühlingsblumen, sondern eher um einen Jahrmarkt der Eitelkeiten. Es ist ein Stück über Frauen, die dem Zwang zur Selbstverwirklichung erliegen und aus lauter Gefallsucht in einer Traumwelt leben.
Unterhaltsame Machtkämpfe
Das Fernsehen castet Schauspieler für eine neue TV-Serie. Hunderte von Frauen bewerben sich um eine Rolle. Acht kommen in die engere Auswahl und werden zum Casting eingeladen, wo sie gegeneinander antreten. Die gestresst und schlecht gelaunte Aufnahmeleiterin kommt in den «Genuss», sich mit den verschiedenen Persönlichkeiten herumschlagen zu müssen. Alle kandidierenden Frauen verbindet das Gefühl, dass es jetzt endlich um sie gehen müsse. Da tritt etwa die Geliebte des Regisseurs in Erscheinung, dazu eine Frau, welche ewig nur Nebenrollen bekommt, und eine Psychologin, die wegen der Kinder auf die Schauspielkarriere verzichtet hat. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie sehen sich in der Hauptrolle und konkurrieren miteinander, ohne dies direkt zu zeigen.
Mittendrin ist Frau Schurter, dargestellt von Silvia Müller: Die Kioskfrau hat einen Wettbewerb gewonnen und darf einen Tag lang hinter die Kulissen einer Castingshow blicken. Ungefragt mischt sie sich ins Geschehen ein. Auch gibt es den berühmten Regisseur, den man nicht sieht, der aber eine wichtige Rolle in diesem Spektakel spielt. Die Frauen umschwirren ihn wie Planeten die Sonne.
In die Rolle eintauchen
«Die Welt gehört mir», beschreibt Vreni Theurillat ihre Rolle als Diva Stella. «Niemand ist so gut wie ich. Jetzt komme ich und nochmal ich», fährt sie schmunzelnd fort. Vreni Theurillat geniesst es offensichtlich, eine Diva zu spielen. «Die Figur entspricht gar nicht meinem Naturell, aber es macht einfach Spass, einen anderen Charakter darzustellen», erklärt sie ihre Begeisterung. Die Theaterfrau kann auf vierzig Jahre Bühnenerfahrung zurückblicken, unter anderem als Mitglied des Freilicht-Spektakels. Lampenfieber hat sie trotzdem immer noch – schon Wochen vor der Aufführung. Doch in dem Moment, wo sie die Bühne betrete, lasse sie das «Vreni» vor der Türe und sei voll und ganz in ihrer Rolle, sagt Theurillat. Die Herausforderung bei den Proben bestehe darin, sich zu bewegen und nicht statisch zu bleiben. «Es braucht den ganzen Körper», ergänzt sie.
Grosse Spielfreude
Vollen Körpereinsatz zeigt auch Judy, Gegenspielerin der Diva und Geliebte des Regisseurs. Judy will sich nicht mehr mit Nebenrollen zufriedengeben, schliesslich habe der Regisseur ihr die Hauptrolle versprochen. «Ja, an mir führt kein Weg vorbei», sagt Monika Kozomara schmunzelnd über ihre Rolle.
Die Dialoge und die Showelemente im Stück «Die Narzissen» haben grossen Unterhaltungswert. Manchmal schmunzelt man als Zuschauerin, wenn man im Spiegel die eigene Eitelkeit erkennt. Während der Proben greift Regisseurin und Theaterpädagogin Katrin Janser nur selten ein. «Sie machen es gut», sagt sie. «Gerade nach der Zeit der Pandemie haben alle Lust, wieder rauszugehen und zu spielen. Die Narzissen blühen also richtig auf.»
Freitag, 13. bis Sonntag, 15. Januar,
Freitag, 27. und Samstag, 28. Januar, jeweils 20 Uhr
Mehrzweckhallte Gut, Turgi