Nachhaltiger und wirtschaftlicher Anbau

Lassen sich Natur, Solidarität und Wirtschaftlichkeit in der Landwirtschaft unter einen Hut bringen? Auf dem Glück-Hof ist man überzeugt davon.

Im Jahr 1974 von Doris und Ueli Kohler gebaut, wurde auf den 28 Hektaren des Hofs Langenmarchstein auf der Baldegg jahrzehntelang konventionelle Landwirtschaft betrieben. Heute ist dort ein Projektteam tätig, welches dem Hof nicht nur einen neuen Namen verpasst hat, sondern den Betrieb grundlegend umkrempelt. Auf dem Glück-Hof hat sich eine Gruppe von Menschen mit unterschiedlichsten Werdegängen und Hintergründen zusammengefunden. Ihr gemeinsames Ziel ist es, den Beweis anzutreten, dass Landwirtschaft dank und mittels Permakultur sowohl nachhaltig als auch wirtschaftlich zugleich sein kann. Dazu steht ihr auf der Baldegg die gesamte Anbaufläche des ehemaligen Hofs Langenmarchstein zur Verfügung, total rund 28 Hektaren. Damit ist das Projekt «Glück-Hof» einer der bisher grössten Versuche in der Schweiz, Permakultur in der Landwirtschaft zu etablieren.

Produzieren und Konsumieren
«Es gibt schon Landwirte, die uns ‹Städter› und unsere Ideen etwas belächeln. Ich glaube aber, dass eine gewisse Naivität nur zu unserem Vorteil sein kann», ist Sandra Kohler, ehemalige Stadträtin in Baden und Mit­initiantin des Projekts, überzeugt. «Ausserdem haben wir in unserem Team sehr viele qualifizierte Leute mit grosser Erfahrung im Bereich Permakultur und in vielen anderen Landwirtschaftsthemen», betont sie. Bisher umfasst das Projektteam siebzehn Personen. Neben einer Kerngruppe des Projekts gehören auch die Familien Zehnder und Aellen dazu, die sich im Bereich «Solidarische Landwirtschaft» (Solawi) engagieren. Diese ist Teil des neuen Gesamtkonzepts auf dem Glück-Hof. «Ziel der solidarischen Landwirtschaft ist es, wieder mehr Bewusstsein für die Herkunft unserer Nahrungsmittel zu schaffen», erklärt Roby Aellen. Der Biologe und seine Frau Michèle gehörten zu den Ersten, die sich gemeinsam mit ihren Kindern Joline und Alina für den Bereich «Solawi» gemeldet haben. «Dadurch sollen die Konsumenten auch wieder zu Produzenten werden», fährt er fort.

Enkeltaugliche Landwirtschaft
Konkret bedeutet dies, dass all jenen Personen, die sich für das Projekt «Solawi» auf dem Glück-Hof anmelden, eine gewisse Anzahl Stunden mit Feldarbeit auf dem Hof verbringen. Im Gegenzug dürfen sie einen Teil der Feldfrüchte für sich behalten. Dieser Bereich des neuen Konzepts ist aktuell allerdings noch stark ausbaufähig, doch die Betreiber des Glück-Hofs sehen darin viel Potenzial: «Mittel- bis langfristig ist es natürlich unser Ziel, so viele Produkte wie möglich mit unseren und für unsere «Solawi»-Mitglieder zu produzieren. Unser Traum ist eine pflanzenbasierte Vollversorgung für die «Solawi»-Mitglieder», erläutert Projektleiter Andreas Schärer. Mit der Gründung einer Genossenschaft ist man diesem Ziel einen wichtigen Schritt näher gekommen.

Die Nahrungsmittelproduktion auf dem Glück-Hof soll nachhaltiger und vor allem auch regionaler werden. Damit fügt sich die «Solawi» nahtlos in das neue Konzept ein. Der Hof soll dank Permakultur-Standard als weitestgehend autarkes Ökosystem betrieben und bewirtschaftet werden. Dazu gehört auch, dass der Hof mit gentechnisch unverändertem Saatgut auskommen, und dass neues Saatgut aus den hofeigenen Erzeugnissen gewonnen werden soll. Zudem soll der Boden so bewirtschaftet werden, dass er im Lauf der Zeit immer reicher an Nährstoffen und Bodenlebewesen wird. «Am Ende geht es uns darum, unsere Kulturen an ihren Standort anzupassen und durch Nutzung von Synergien komplett auf Kunstdünger und Pestizide zu verzichten. Wir nennen das ‹enkeltaugliche Landwirtschaft›», klärt Stefan Liechti auf, der bereits viel Erfahrung im Aufbau und Umgang mit Permakultur-Flächen hat.

Auf dem Glück-Hof ist Liechti für den Aufbau des geplanten Kastanienhains zuständig. Zur Sicherung des Kastanien-Genpools nördlich der Alpen soll auf dem Glück-Hof nämlich eine Duplikatsammlung des Kastanienhains von Küssnacht am Rigi angelegt werden. Der Kastanienhain wird, genauso wie vieles, was auf dem Glück-Hof momentan angepackt wird, erst in Jahren oder sogar Jahrzehnten voll ausgereift sein. Dessen ist sich das Projektteam bewusst. «Es ist uns deshalb sehr wichtig, dass auch Kinder Zugang zum Hof haben, damit sie von klein auf einen Bezug zur regenerativen Landwirtschaft aufbauen können», betont Sandra Kohler. Diesem Ziel folgend, werden auf dem Glück-Hof ab sofort auch Kurse für Interessierte stattfinden, um die Idee der nachhaltigen Landwirtschaft in der Gesellschaft zu verbreiten. Eine mögliche Kooperation mit dem Waldgasthof Baldegg befindet sich in Absprache (siehe Seite 5).

Infoveranstaltung Solawi
Sonntag, 26. Februar, 14 Uhr
Glück-Hof, Baldegg 5, glueck-hof.ch