«Frohsinn»: Ort der Begegnung

Die Nachfrage nach Seniorenwohnungen in Birmenstorf ist gross. Im ehemaligen Wirtshaus zum Frohsinn entsteht derzeit ein Angebot für Ü65.
Die Wohnungen im neuen «Frohsinn» in Birmenstorf sind ab Juni bezugsbereit. (Visualisierung: zvg)

Der Rohbau steht, und bald geht es an den Innenausbau. Im Gebäude an der Bruggerstrasse 24 in Birmenstorf entstehen derzeit zehn altersgerechte Mietwohnungen für Menschen ab 65 Jahren. Das markante Vielzweck­gebäude wurde von 1833 bis 1937 von Johann Meyer im Biedermeierstil erbaut. Bis 1971 führte dort die Birmenstorfer Familie Zimmermann das Wirtshaus zum Frohsinn.

Im August 2021 konnten Roland Bucher und Ferdinand Müller mit ihrer Firma Bühler & Fewa Immobilien das Gebäude kaufen. Das Interesse am Haus war gross. Doch ihr Konzept hat die Erbengemeinschaft Zimmermann überzeugt: Hier wird unter einem Dach ein komplettes Angebot für Menschen ab 65 Jahren geschaffen. Die zehn Mietwohnungen und Studios mit Preisen von 1150 bis 1550 Franken (exklusive Nebenkosten) sind allesamt altersgerecht ausgebaut, und im Erdgeschoss eröffnet die private Spitex-Organisation «Spitex Empathica» aus Lenzburg im linken Gebäudeteil einen weiteren Standort. Die Mieterinnen und Mieter können bei Bedarf dort Leistungen – von Haushaltsarbeiten bis zu Wundversorgung oder Schmerztherapie – beziehen.

Bucher, der ursprünglich aus der Immobilienbranche kommt und Geschäftsführer sowie Inhaber des Maler- und Gipsergeschäfts Bühler AG in Turgi ist, hat sich mit seinem Betrieb auch auf den Ausbau alter und historischer Gebäude spezialisiert. Das hat den Vorteil, dass er die Maler- und Gipserarbeiten gleich selber ausführen kann.

Auflagen vom Denkmalschutz
Aber es ist für den Untersiggenthaler auch eine Herzensangelegenheit: «Heutzutage sehen fast alle Neubauten gleich aus. Ich kaufe lieber alte Gebäude und erhalte deren Charakter.» Für den Umbau von denkmal­geschützten Gebäuden gibt es besonders viele Auflagen. Auch der «Frohsinn» gehört zum Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz (ISOS). Er hat gemäss Denkmalpflege des Kantons Aargau eine «prägnante Tor­funktion am nordwestlichen Rand der historischen Bebauung inne». So war es nicht selbstverständlich, dass auf dem Dach eine Photovoltaikanlage erstellt werden darf. «Diese ermöglicht uns, im Sommer praktisch alles mit eigenem Strom zu betreiben», freut sich Bucher. Das Haus hat auch einen Lift. Neben der Privatsphäre soll im «Frohsinn» aber auch die Gemeinschaft gepflegt werden. Auf der Rückseite des Gebäudes entsteht ein Laubengang, in dem die Mieter einen Stuhl oder ein kleines Tischchen aufstellen können. Vor dem Haus werden zwei Platanen gesetzt, in deren Schutz die Mieterinnen und Mieter ebenfalls sitzen können. Eine weitere Begegnungszone befindet sich im Gewölbekeller im Untergeschoss, der mit Küche und WC ausgebaut ist und auch von extern für Anlässe gemietet werden kann. Die Wohnungen sollen im Juni 2023 bezugsfertig sein. «Die Vermietung beginnt Ende Januar, aber wir haben schon jetzt viele Anfragen», freut sich Roland Bucher.

Thema im Gemeinderat
Die Gemeinde schätzt das neue Angebot, denn «Wohnen im Alter» ist seit Längerem ein Thema in der Seniorenkommission. Das Bedürfnis nach bezahlbaren Alterswohnungen in Birmenstorf sei gross, weiss Frau Gemeindeammann Marianne Stänz. Der Gemeinderat habe sich zum Ziel gesetzt, das Thema dieses Jahr konkret anzugehen. «Dabei werden wir uns sicher auch mit dem ‹Frohsinn›-Projekt abstimmen», so Stänz. 

Bislang müssen Ältere und Pflegebedürftige in Institutionen der umliegenden Gemeinden umziehen. «Die Gemeinde Birmenstorf ist am Altersheim Buechberg in Fislisbach beteiligt. Die Senioren haben aber freie Wahl, sie können auch nach Baden oder Windisch/Brugg gehen», erklärt Stänz. Solange es geht, bleiben die älteren Menschen jedoch in der angestammten Wohnung oder im eigenen Haus. Auch die letzte Eigentümerin aus der Familie Zimmermann hat bis zu ihrem Tod im «Frohsinn» gewohnt. «Die ehemalige Gaststube war fast so etwas wie das Wohnzimmer von Frau Zimmermann», erzählt Stänz: «Sie ist fast hundert Jahre alt geworden.»