Eine Auszeichnung fürs Brückenschlagen

Mit Gertrud Maurer wurde eine Ehrenamtliche zur Bruggerin des Jahres gewählt. Die Auszeichnung nahm sie für stille Leistungen entgegen.
Josef Sachs, die Bruggerin des Jahres 2022, Gertrud Maurer, und Rita Steiger. (Bild: cd)

Der «Förderverein Events Brugg» lud am vergangenen Donnerstag zur Wahlfeier «Bruggerin oder Brugger des Jahres» nach Königsfelden ein. Der  Festsaal des alten Hauptgebäudes mit Baujahr 1872/73 bot eine stimmungsvolle Kulisse für den Anlass. Der Verein, gegründet 2017 in Brugg, setzt sich für ein vielfältiges, lebensfrohes Brugg ein, wo die Generationen Seite an Seite leben und wohnen, arbeiten und gesellig sind. Zu diesem Zweck werden Veranstaltungen organisiert und mit den Erlösen soziale und kulturelle Projekte gefördert.

Unerlässliche Freiwilligenarbeit
Hinter der Preisverleihung stehe die Überzeugung, dass eine Gemeinde nicht nur von Behörden und der Verwaltung geführt werde, sondern es immer auch Freiwillige brauche, die sich ehrenamtlich engagieren und Ini­tiativen ergreifen, richtete Vereinspräsident Dr. Josef Sachs sein Wort an die Anwesenden. «Unentgeltliche Arbeiten schaffen einen kostbaren Wert für die Gesellschaft», erklärte er. Ohne das Engagement von Freiwilligen gäbe es kein Jugendfest, kein Dorftheater, keine Sportveranstaltungen und viele Institutionen nicht, zählte der Vereinspräsident auf. «Auch Nachbarschaftshilfe lebt von Freiwilligenarbeit.» Es seien sehr viele und überzeugende Nominationen eingegangen, berichtete Sachs. «Jeder Nominierte hätte den Preis verdient», so der Präsident.

Kunstvoller Schulterschluss
Bevor Sachs zur Siegerehrung überging, übergab er das Wort an den Künstler Simon Sidler, der die Bronzefigur erschaffen hat. «Die Skulptur zeigt zwei Figuren, die im Schulterschluss zusammenstehen – sie zeigen Rückgrat, Bewusstsein für den Nächsten, doch auch Eigenständigkeit», erläuterte Sidler sein Kunstwerk, das bei jeder Wahl neu übergeben und mit einer Namensgravur versehen wird. «Die Beine der Figuren verschmelzen mit dem Sockel wie eine kraftvolle Wurzel, aus der etwas Neues entstehen kann.»

Das Brückenbauen verstehen
Ehrenamtliches Engagement verdiene Anerkennung, und zwar besonders, wenn es im Bereich der Zwischenmenschlichkeit geleistet werde, nahm Präsident Sachs seine Rede wieder auf, und verwendete die starke Symbolik der Brücke und des Brückenschlags für das, was unentgeltliche Arbeit leistet. «Der Brugger oder die Bruggerin des Jahres ist auch stets die Brückenbauerin oder der Brückenbauer des Jahres, weil Brücken zwischen Menschen gebaut werden, über soziale Unterschiede, über Hindernisse hinweg.»

Dann war der Moment gekommen, und im Saal wurde es andächtig still, bevor Josef Sachs den Namen der Preisträgerin verkündete. Gertrud Maurer stand unter grossem Applaus auf. Die 79-Jährige sei im Brugger Quartier Altenburg die Anlaufstelle Nummer eins, hiess es in der Laudatio, die Rita Steiger, Präsidentin Samariterverein Brugg, für ihre Freundin hielt. Gertrud Maurer habe als Pionierin Nothilfekurse an den Brugger Schulen etabliert und Generationen von Jugendlichen darin unterrichtet, Nothilfe zu leisten. «Gertrud hat ihnen lebensrettendes Wissen mit auf den Weg gegeben und sich in den über vierzig Jahren ihrer Tätigkeit als Samariterlehrerin auch stets dafür eingesetzt, dass diese Kurse nicht den Sparmassen geopfert werden», hielt Steiger fest. Es freue sie besonders, dass mit Gertrud Maurer nun eine echte Ehrenamtliche zur Bruggerin des Jahres gewählt wurde, die als Freiwillige auch im Pflegezentrum Süssbach tätig ist. In der Vorweihnachtszeit habe sie viele Jahre lang im reformierten Kirchgemeindehaus die Kränzwerkstatt ehrenamtlich geleitet und alles organisiert. Die Aufzählung der Tätigkeiten sei damit noch lange nicht zu Ende, versicherte Steiger.

Ein Leben für die Nothilfe
Maurer war vor fünfzig Jahren Samariterin und kurze Zeit später Samariterlehrerin geworden. In gut vierzig Jahren hat sie in ihrer Freizeit bis zu 55 Kurse jährlich geleitet und dabei Jahr für Jahr bis zu tausend Ersthelferinnen und -helfer aus- und weitergebildet; die Lehrerin unterrichtete während 35 Jahren Ersthilfekurse an der Berufsschule Brugg und leitete Auffrischungskurse für Netzelektriker im ganzen Kanton. Nach wie vor ist sie sehr aktiv im Samariterverein. «Gertrud Maurer hat ihr Hobby und ihre Berufung zum Beruf gemacht und als Rettungssanitäterin viele Jahre die Ambulanzeinsätze im Raum Brugg begleitet», berichtete Steiger. «Meine Arbeit ist noch immer am Boden, aber jetzt haben die Salatköpfe Gesichter», soll die frisch gekürte Bruggerin des Jahres 2022, eine gelernte Gärtnerin, einmal gesagt haben. Die Wiedergabe des Zitats erheiterte den Saal.

Wenn jemand die Kriterien ehrenamtlicher Arbeit und Mitmenschlichkeit erfülle, dann sei es Gertrud Maurer, so Steiger. Nie habe die Samariterin ihre Person, sondern stets die Sache in den Vordergrund gestellt, schloss Steiger ihre Lobrede und dankte der Siegerin im Namen des Samaritervereins Brugg für die unermüdlichen, langjährigen Einsätze im Geiste Henry Dunants.

Die stillen Leistungen gewürdigt
Die Siegerin, sichtlich bewegt, dankte dem Wahlgremium für die Auszeichnung. «Der Preis freut mich riesig», gab Maurer bekannt. Wer sie für die Nominierung angemeldet habe, wisse sie noch immer nicht. In ihrer Dankesrede gab die Preisträgerin kleine Episoden und Anekdoten aus ihrer langen Zeit als Samariterin und Rettungssanitäterin zum Besten. Sie erzählte, wie sie zum Samariterverein kam und zur Samariterin wurde. «Man wird nicht als Samariterin geboren, aber man kann zu einer werden», versicherte Maurer.

Sie nehme die Auszeichnung auch für alle an, denen sie in dreissig Jahren Rettungsdienst begegnet sei. «Der Preis gilt aber auch den Menschen, die ihre Familienangehörigen aufopferungsvoll pflegen, und das über Jahre hinweg.» Die Auszeichnung gehöre jenen besonders, die in Stille wirken, von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden – und die keinen Preis erhalten.