Nochmal so richtig Gas geben

Andrea Herendi hat mit ihrem Faro Catering Service in Baden klein angefangen. Mittlerweile verköstigt sie bis zu 1000 Gäste an einem Abend.
Andrea Herendi in ihrer «Küchenzentrale» im Merker-Areal, wo ihre Catering-Aufträge vorbereitet werden. (Bild: sim)

Die Küche, die Andrea Herendi im Merker-Areal bewirtschaftet, ist 58 Quadratmeter gross. Vor den Kochinseln aus Chromstahl warten Gasbrenner auf ihren Outdoor-Einsatz. Prunkstück ist ein Gasherd der Marke Smeg, die von den besten Küchenchefs der Welt präferiert wird. «Den Rest hab ich secondhand erworben», sagt die 62-Jährige mit der tiefen Raucherstimme. Im hinteren Raum sind ein riesiger Umluftofen zu erkennen sowie zahlreiche Kühlschränke und ein Esswarenlager, das keine Wünsche offenlässt. Erst kürzlich bekochte Herendi mit ihrem Team 320 Gäste anlässlich der Preisverleihung für die besten Designer und Architekten der Zeitschrift «Hochparterre». In Baden ist sie vor allem in der Stanzerei bekannt, wo sie ihr berühmtes Risotto für die Gäste von «Endlich Mittwoch!» zubereitet und bei Privatvermietungen für den kulinarischen Rahmen von Firmenanlässen, Hochzeiten und anderen Events sorgt.

Andrea Herendi hat mit ihrer Crew schon tausend Leute bei einer Galerieeröffnung im Löwenbräu-Areal in Zürich bewirtet und den Aargauer Regierungsrat anlässlich einer Tagung kulinarisch verwöhnt. «Die grösste Herausforderung am Catering ist der Transport der Esswaren. Da sind wir bis zu sechzehn Stunden pro Tag im Einsatz. Ausladen, einrichten, sich immer wieder einer neuen Umgebung anpassen – das braucht ein Höchstmass an Management», erklärt die Wettingerin. 

Organisation ist alles
Wenn sie irgendwo in einer Waldhütte ohne Infrastruktur anrichtet, ist es eine Katastrophe, wenn auch nur ein einziges Gewürz vergessen wird. Andrea Herendi ist eine Meisterin im Management. «Organisation ist alles», sagt sie zu ihrem Catering-Job. Das betrifft die Einteilung von Angestellten, Lebensmitteln und Gerätschaften. Dabei haben ihre Mitarbeitenden meistens auch noch andere Jobs – es sind Studierende, Hortbetreuerinnen bis hin zu Lehrerinnen.

Herendis kulinarische Laufbahn führt weit zurück. Sie gehörte 1982 als 22-Jährige zum Gründungskollektiv des Restaurants Kurve in Windisch und schmiss den Laden bis in die 1990er-Jahre. «Wir waren alle nicht vom Fach und packten überall an, wo es nötig war», erinnert sie sich. Während dieser Zeit besuchte sie die Wir­tefachschule und absolvierte zwei Praktika in renommierten Restaurants in Basel und Solothurn.

1992 eröffnete Herendi mit Sibylle Angst das Restaurant Killer in Turgi, das später von James Kong geführt wurde. Doch die Gastronomie vereinnahmte sie zu sehr. Vor allem, weil sie inzwischen mit ihrem Mann, dem Künstler Beat Zoderer, eine Familie gegründet hatte: 1989 wurde Tochter Milana geboren. «Am Anfang schaute er noch oft zum Kind. Aber für mich wurde der Spagat zwischen Gastronomin und Familienfrau zur seelischen Zerreissprobe.» Herendi vollzog einen Kurswechsel. Weil sie als gute Köchin auch Privatanfragen erhielt, zog sie in ihrer privaten Küche daheim im Klosterquartier in Wettingen ein Catering für kleine Privatanlässe auf.

Vom Erfolg überrumpelt
Das liess sich gut mit ihrer Mutterrolle kombinieren – vor allem, als Milana in den Kindergarten kam. «Wir haben alles umgebaut und neue Kühlschränke angeschafft. Doch die Aufträge wurden mehr und mehr.» Halfen ihr anfänglich noch zwei Angestellte, wurden es später vier und mehr. «Der Platz zu Hause erwies sich langsam als zu klein. Berufs- und Privatleben am selben Ort wuchsen mir über den Kopf», sagt sie. 2008 baute Architekt Dieter Zulauf, ein enger Freund, das Merker-Areal um und schuf Ateliers für Kreative aller Art. «Er erzählte mir, dass dort auch für meine Arbeit eine grosse Küche eingerichtet werden könnte. Und ich entschloss mich, nochmals richtig Gas zu geben.»

2009 zog sie in ihr neues «Reich» ein. Nach zahlreichen Gross­events konzentriert sich Herendi heute vor allem auf die regelmässigen Anlässe in der gegenüberliegenden Stanzerei. Nach jahrzehntelangem Dauerstress möchte sie nun zurückschrauben.

Wird man durch Catering reich? «Bestimmt ist das Geschäft rentabler, als wenn man ein Restaurant führt. Alles ist kalkulierbar. Ich weiss im Vor­aus, für wie viele Personen ich kochen muss und wie viel Personal es braucht. Food-Waste gibt es praktisch nicht.» Während Corona lag das Geschäft jedoch lahm. «Mir fiel die Decke auf den Kopf», gesteht die Macherin. Ein herber Schicksalsschlag war in dieser Zeit auch der Tod ihres Vaters Attila Herendi, des berühmten Zeichners, im März 2020. Die beiden hatten eine sehr enge Beziehung. Ein grossformatiges Bild ihres Vaters hängt als Erinnerung in der Küche im Merker-Areal.

Seit April 2022 läuft das Geschäft nun wieder richtig gut. «Die Leute haben wieder Lust, zusammenzukommen und Feste zu feiern.» Ist ihr das Kochen noch nie verleidet? «Nein. Nur privat zu Hause. Da lass ich meinen Mann an den Herd», sagt Andrea Herendi und lacht. Sie hat seit wenigen Wochen einen Enkel. «Ich arbeite im Catering mit einem tollen Team zusammen und bin dafür total dankbar. Aber für meinen Enkel und seine Zukunft will ich mir noch einen Grossteil meiner Kräfte aufsparen.»