«Unser Ziel war es, hier zu bleiben»

Der Rohbau der neuen Produktionshalle des Familienbetriebs Steimer Weinbau steht. Nach dem Innenausbau folgt der Umzug im Dorf.
Christian Steimer vor seiner neuen Weinhalle in Wettingen, die im Frühjahr fertiggestellt wird. (Bild: sim)

In der «Roten Trotte» lagert zurzeit der letzte Jahrgang, der hier gekeltert wurde; sie hat ausgedient. Das Gebäude stammt in seiner jetzigen Form aus dem Jahr 1555. Ursprünglich soll die Trotte sogar schon Anfang 15. Jahrhundert von Abt Johannes Schwarzmurer errichtet worden sein. Sie war eine von insgesamt acht Wettinger Trotten, in denen Wein gekeltert wurde. Sie alle wurden damals vom Kloster bewirtschaftet, welches alleine zum Keltern befugt war. Nach der Auflösung des Klosters 1841 ging die «Rote Trotte» in den Besitz des Kantons über, der sie einige Jahre später versteigerte.

Ende und Neubeginn
Doch während die anderen Trotten in Wettingen im Laufe der Zeit verschwanden oder umgenutzt wurden, wurde in der «Roten Trotte» weiterhin Wein gekeltert. Seit 1972 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Der Wein blieb der Trotte trotzdem erhalten. Auch noch, als Familie Steimer sie 1942 erwarb.

Doch damit wird bald Schluss sein. Christian Steimer, der das familieneigene Weingut seit 2018 leitet, wird nur noch die Trauben aus der letzten – sehr zufriedenstellenden – Ernte zum 2022er-Jahrgang keltern. Danach zieht er mitsamt seinen Gerätschaften aus der Trotte aus. Damit endet in dem Haus an der Rebbergstrasse eine rund 500-jährige Tradition. Allerdings ist es Christian Steimer zu verdanken, dass damit nicht auch das Weinkeltern gänzlich aus Wettingen verschwindet. Der 34-Jährige hat die «Rote Trotte» nämlich verkauft und wird seine Weine neu in einer Halle am Rand von Wettingen keltern.

Der Rohbau der neuen Halle steht bereits, doch noch wird im Innern fleissig an der Fertigstellung gearbeitet. «Mein Ziel war es, die gesamte Weinproduktion hier in Wettingen zu behalten. Das war schon so, als ich 2013 die Ausbildung zum Winzer machte», erläutert Christian Steimer, der das Weingut Steimer gemeinsam mit seinen Eltern und der Unterstützung zahlreicher Freunde und Verwandter bewirtschaftet. Steimer ist der letzte Winzer in Wettingen, der auch noch im Dorf selbst keltert.

Auf der grünen Wiese im Tägerhard entsteht die neue Weinhalle. (Bild: zVg)

Alles auf einem Fleck
Als sich Christian Steimer entschied, seine Weine nicht mehr in der «Roten Trotte» zu produzieren, dachte er anfangs an einen Neubau am Lindenplatz in Wettingen, wo auch das Verkaufs­geschäft des Weinguts angesiedelt ist. Dort war allerdings zu wenig Platz für das Vorhaben. Am Ende konnte Steimer mit der Gemeinde ein Stück Land abtauschen und erhielt dafür das Grundstück für seine neue Halle im Tägerhard. «Ich bin froh, dass es so gekommen ist. Es war ein langer Prozess, aber ich fühle, dass ich jetzt mit dem Projekt auf einem guten Weg bin», freut sich Steimer.

Auch wenn er nicht alle Standorte seines Geschäfts an einem Fleck vereinen konnte, bietet ihm die neue Weinhalle doch einige Vorteile. So wird der neue Standort viel leichter mit dem Lastwagen erreichbar sein. «Das ging zwar auch am alten Standort, doch wenn wir dort am Ein- oder Ausladen waren, war die Strasse blockiert», so der Winzer. Ausserdem stehe in der neuen Halle schlicht mehr Platz zur Verfügung, und der neue Standort sei im Gegensatz zur ­«Roten Trotte» isoliert: «In der alten Trotte hatten wir im Winter zeitweise gar Eisschichten an den Tanks.»

Wohnen in der «Roten Trotte»
Nach dem Verkauf der Trotte wird sich Christan Steimer mit solchen Problemen künftig nicht mehr herumschlagen müssen. Der gesamte Prozess rund um den Verkauf der «Roten Trotte» und den Neubau der Halle wird bei deren Fertigstellung im Frühling knapp sieben Jahre gedauert haben. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Halle ausserhalb der Bauzone steht. Obwohl Steimer einen Landwirtschaftsbetrieb führt und damit in Landwirtschaftszonen bauen darf, wollte die Gemeinde davon ursprünglich nichts wissen. «Anfangs lief der Prozess etwas harzig, doch irgendwann konnten wir uns verständigen, und von da an lief die Zusammenarbeit mit der Gemeinde sehr zufriedenstellend», so der 34-Jährige.

Die «Rote Trotte» haben Bruno und Vera Käufeler gekauft. Damit bleibt das denkmalgeschützte Gebäude in Wettinger Händen. Die neuen Besitzer wollen die Trotte innen komplett renovieren und zu zwei einzigartigen Maisonnette-Wohnungen ausbauen. Diese wollen die neuen Eigentümer an «Kenner und Lieb­haber» vermieten, wie sie auf ihrer Website schreiben. Gemeint sind damit wohl Menschen, ­welche die 500-jährige Geschichte der Trotte und ihre historische Bedeutung für die Gemeinde Wettingen zu schätzen wissen.

steimer-weinbau.ch, rotetrotte.info