Schwein gehabt

Mit klopfendem Herzen sitzen wir im Wartezimmer, während Cookie untersucht wird. Wir wissen, der Arzt wird ihr eine Maske über das Gesicht legen, sie narkotisieren und ihr dann mit einer Kamera in Mund und Rachen schauen. Möglich, dass es das letzte Mal ge­wesen ist, dass wir Cookie auf vier Beinen erlebt haben.

Cookie ist eine Rennmaus. Eine sehr geliebte Rennmaus allerdings. In Cookie und ihre Schwester Yela habe ich mich auf der Stelle verliebt, als sie bei meiner Tochter eingezogen sind: vier schwarze, glänzende Kugelaugen, ein graues und ein beiges Fellknäuel, quirlige Wesen, die absurde Sprünge wagen und dabei mit haarigem Schwanz das Gleichgewicht finden. Mongolische Rennmäuse sind faszinierende Tiere. Mit unermüdlicher Energie gestalten sie ihr Zuhause aus Spänen: Kopfüber baggern sie sich ins Dunkel und fegen mit den Hinterbeinen das Material hinaus. Allein der Anblick der fliegenden Späne ist wunderbar, und wenn sie dann aus dem Loch schauen, einen Span auf dem Kopf – einfach herzerwärmend! Und: Unsere beiden Mäusedamen sind beeindruckende Bauingenieurinnen. Durch die Wände des Terrariums sehen wir, wie täglich neue Gangsysteme und Höhlen entstehen. Etwas Stroh, etwas Holzspäne, vier geschickte Mäusebeine und jeder menschliche Tunnelbauer muss den Hut ziehen. Zugegeben, mäuschenstill ist es nicht, wenn man daneben schlafen möchte. Keine Baustelle ohne Immissionen.

Rennmäuse werden zwei bis drei Jahre alt. Als wir die Tiere anschafften, war das für mich ein Argument: Falls sich die Kinder nicht gerne um sie kümmern, hat die Geschichte irgendwann ein Ende. Irgendwann kommt bald. Glücklicherweise noch nicht. Wir sind mit Cookie auf dem Heimweg. Ich bin nachdenklich. Die Tiere werden sterben, und das wird eine schmerzhafte Erfahrung sein. Noch mehr aber bedrückt mich das Missverhältnis zwischen Haustieren und Nutztieren. So viel liebevolle und teure Aufmerksamkeit für eine Maus. Schwein hat sie gehabt! Längst nicht alle Tiere geniessen so viel Würde.

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