Speyer liegt in Rheinland-Pfalz am Rhein und zählt zu den ältesten Städten Deutschlands. Warum wurde ausgerechnet hier diese einzigartige kunst- und kulturhistorische Sonderausstellung über die Habsburger-Dynastie in zweijähriger Arbeit inszeniert? In der romanischen Hallenkrypta des hiesigen Doms fanden die ersten beiden Könige des Habsburger Geschlechts, Rudolf I. und dessen Sohn Albrecht I., der in Königsfelden ermordet worden war, ihre letzte Ruhestätte. Speyer ist der einzige ausserösterreichische Grablegeort mittelalterlicher Habsburger Herrscher. Rudolf I. hatte die alte Kaiserstadt, den nahen Tod ahnend, im Juli 1291 noch selber zu Pferd aufgesucht mit dem Wunsch, hier begraben zu werden. Albrecht wurde 1308 zunächst im Kloster Wettingen bestattet, 1309 aber nach Speyer übergeführt. In der Krypta finden sich auch die Gräber von salischen und staufischen Königen, Kaisern und Kaiserinnen.
Vor 750 Jahren gekrönt
Die Ausstellungsmacher stellen den Aufstieg und die Entwicklung der Dynastie umfassend, attraktiv und packend dar, ausgehend von den Herkunftslanden im Elsass und im Aargau bis zu ihren Wirkungskreisen am Oberrhein, in Österreich und im weiteren Europa. Anlass ist die Krönung Rudolfs I. vor 750 Jahren. Damit gelang ihm der Sprung auf den Thron des Heiligen Römischen Reichs. Er regierte von 1273 bis 1291 erfolgreich und bescherte relativ friedliche Zeiten. Wie kein anderes Geschlecht prägten in der Folge die Habsburger jahrhundertelang die Geschicke Europas.
Über 200 kostbare Ausstellungsobjekte aus der Schweiz, aus Österreich, Frankreich und Deutschland sind für die Ausstellung zusammengetragen worden. Selbst Kunstschätze, die bisher als nicht ausleihbar galten, wurden zur Verfügung gestellt. Sie illustrieren zusammen mit aufschlussreichen Fotos die auch textlich informativ geschilderte bewegte Geschichte des Hauses. Audio-Guide oder App sind hilfreiche Ausstellungsführer.
Stammsitz als Ausgangspunkt
Auf einem riesigen Foto, vermittelt von Aargau Tourismus, wird das Stammschloss Habsburg hervorgehoben, ebenso in den Begleittexten. Peter Frey von der Kantonsarchäologie Aargau skizziert im Begleitbuch die um 1020/1030 errichtete «Habichtsburg», die für die damalige Zeit überaus modern anmutete. Gezeigt werden auch Ausgrabungsfunde, etwa das Kopffragment eines Aquamaniles (Gefäss zur Handwaschung) in Stierform, aus dem frühen 13. Jahrhundert stammend.
Das Schweizerische Nationalmuseum lieferte u.a. eine Schenkungsurkunde, die auf die Frühzeit der Herrschaft Rudolfs als Graf von Habsburg verweist. Eine Abbildung von Rudolf I. schmückt die Titelseite des Buchs. Dies unterstreicht die Bedeutung, die er im Rahmen des Aufstiegs seiner Dynastie erlangt hat. Der Historiker Bruno Meier beschreibt «Habsburg und die Eidgenossenschaft im Spätmittelalter» mit den entstehenden Konflikten und Auswirkungen.
Memorialort Königsfelden
Rudolf Velhagen, Leiter der Sammlung der Kantonsarchäologie Aargau, geht auf das 1314 fertiggestellte Kloster Königsfelden als wichtiger Memorial- und Gedenkort ein. Fotos zeigen die Klosterkirche, eine Kopie des Franziskusfensters verweist auf den europaweit bedeutenden Glasscheibenzyklus. Des Weitern finden sich Masswerk-Fenster aus dem 14. Jahrhundert und das Urkunden-Kopialbuch des Klosters (um 1335). Das Historische Museum Bern stellt das Ende des 13. Jahrhundert in Venedig gefertigte, wunderschöne Königsfelder Diptychon (Relieftafeln) zur Verfügung, das mit Agnes von Habsburg, der Tochter von König Albrecht I., in den Königsfelder Kirchenschatz gelangte. Von Albrecht wird die Urkunde der Königswahl 1298 ebenso gezeigt wie sein (vermutetes) Schwert. Ritterdarstellungen auf dem Königsfelder Wandgemälde und in einer Handschrift erinnern an die Ritter aus dem Haus Habsburg und seinem Umkreis, die mit Leopold III. in der Schlacht von Sempach gefallen waren und in der Klosterkirche Königsfelden beigesetzt worden sind. Aus einem dieser Gräber stammt ein kostbarer Gürtel.
Eine enge Beziehung pflegten und pflegen die Habsburger noch heute zum Kloster Muri. Dies wird entsprechend dokumentiert, unter anderem auch mit der Acta Murensia aus dem Staatsarchiv Aargau. Nicht vergessen wird das Grabmal der Königin Anna von Habsburg und ihres Sohnes Karl im Basler Münster.
Besondere Exponate
Besonders wertvolle Ausstellungsstücke stammen auch aus anderen Ländern, so etwa die «Goldene Bulle» von 1356, die das Wahlverfahren der Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reichs festlegte. Aussergewöhnlich ist eine Urkundenfälschung der Habsburger aus dem Jahr 1360. Sodann sind Preziosen zu bestaunen wie Prunkkronen, -kelche und -kreuze, Gebetbücher, Gebetsnüsse aus Burgund, Elfenbeinschnitzereien und Brautbecher.
Ausstellung und Buch ergänzen sich zu einem imposanten Gesamtbild und lassen die Habsburger Dynastie wieder aufleben.
Habsburger-Ausstellung: bis 16. April
Historisches Museum der Pfalz, Speyer
museum.speyer.de