Provisorisches «Zuhause» ohne Luxus

Zwei Tage vor der Eröffnung durfte die Bevölkerung von Birmenstorf im Rahmen einer Infoveranstaltung das neue Asylzentrum besuchen.
Zahlreiche Interessierte kamen am Samstag zur Besichtigung. (Bild: mpm)

Was die Birmenstorferinnen und Birmenstorfer bisher eher aus Fernsehen und Presse kennen, haben sie nun quasi vor ihrer Haustür: Seit Montag ist die Zivilschutzanlage der Gemeinde ein vorübergehendes Zuhause für Geflüchtete. Für die Birmenstorfer Bevölkerung fand am Samstag eine Infoveranstaltung statt, welche auf reges Interesse stiess. Zahlreiche Einwohner und Einwohnerinnen wollten die Anlage selbst besichtigen und wurden in kleinen Gruppen herum­geführt. Die unterirdische Unterkunft stellt einen «Zwischenstopp» zwischen einem Bundesasylzentrum und der Unterbringung vorübergehend Aufgenommener in den Gemeinden dar – eine Notlösung eben. Entsprechend karg ist die Ausstattung: Nebst vier Schlafsälen mit zwei- bis drei­stöckigen Betten, Duschen und Toiletten gibt es zwei Aufenthaltsräume sowie eine kleine Teeküche. Da diese jedoch nicht fürs Kochen ausgerüstet ist, werden die Mahlzeiten durch einen Catering-Service angeliefert.

Kanton betreibt das Zentrum
Betrieben wird die Anlage vom Kanton, welcher die ORS Group (Organisation for Refugees Services) mit der konkreten Umsetzung beauftragte. Die Unternehmung hat seit Jahren Erfahrung mit der Betreuung von Flüchtlingen und ist in vier Ländern operativ tätig. Unterstützend steht ORS zu Beginn der Zivilschutz zur Seite. «Wir sind vor allem in den ersten rund acht Wochen dabei», erklärt Michael Wernli, Leiter Koordination Zivilschutz des Kantons Aargau.

Die Unterstützung durch den Zivilschutz umfasst verschiedene Themen. «Einerseits sind wir zuständig für die Betreuung bei alltäglichen Problemen und Fragen wie beispielsweise Hilfestellung bei Behördengängen, andererseits auch für die Infrastruktur, etwa das Funktionieren der Lüftung, der Heizung und der Wasser-/Abwasserversorgung», so Wernli.

Die Menschen, welche in der Notunterkunft untergebracht werden, sind durchwegs Männer, voraussichtlich mehrheitlich aus Afghanistan und aus der Türkei. Da die Unterkunft unter­irdisch und ohne Tageslicht ist, kommt dem Aufenthalt im Freien eine umso wichtigere Bedeutung zu. Grundsätzlich können sich die Asyl­suchenden überall frei bewegen. Allerdings wurden bestimmte Zonen definiert, zu denen sie keinen Zutritt haben: So sind die angrenzenden Kindergarten- und Schulanlagen inklusive Spielplätze Sperrzonen.

Der Sportplatz, der in unmittelbarer Nähe zur Anlage liegt, kann nach Absprache und unter Beaufsichtigung der ORS benutzt werden, ist jedoch nicht frei zugänglich. Der Platz vor der Unterkunft ist exklusiv für die Asylsuchenden vorgesehen, weshalb auch die Glassammelstelle aufgehoben und als Provisorium gegenüber dem Bauamt und dem Feuerwehrlokal eingerichtet wurde.

Bereit für die neuen Nutzer: Ein Schlafraum im Bauch der Zivilschutzanlage. (Bild: mpm)

Dem Tag Struktur geben
Nebst dem Aufenthalt im Freien ist auch die Tagesstruktur wichtig. Die Essenszeiten sind definiert und vorgegeben, die Verteilung der Mahlzeiten sowie das Decken des Esstischs und andere Aufgaben werden von den Geflüchteten übernommen. Weiter gibt es die Möglichkeit, durch zusätzliche kleinere Arbeiten das tägliche Taschengeld von einem Franken zu erhöhen. Dennoch ist der Alltag in einer solchen Unterkunft eintönig, weshalb auch ein Engagement der Bevölkerung sehr willkommen ist. Hierfür sind die «Fachstelle Integration Region Baden» (integrationregionbaden.ch) sowie der Verein «Netzwerk Asyl Aargau» (netzwerk-asyl.ch) Ansprechpartner.

Das neue Asylzentrum stiess bei der Bevölkerung auf reges Interesse. Junge und Alte kamen vorbei und liessen sich die Anlage zeigen. «Der Anlass war eine gute Gelegenheit für die Bevölkerung, sich ein eigenes Bild zu machen und An tworten auf Fragen direkt von den Verantwortlichen zu erhalten», führt Gemeinderat Fabian Egger aus. «Positiv stimmt mich zudem, dass sich viele Personen bei den Ko­ordinationsstellen für Freiwilligenarbeit gemeldet haben», so der Ressortleiter Gesundheit, Gesellschaft und Soziales.

Dass die Stimmung beim Informationsanlass am vergangenen Samstag insgesamt aufgeschlossen war, ist sicherlich auch auf die transparente Kommunikation seitens der Gemeinde und des Kantons zurückzuführen. Auf einer Tafel konnten die Birmenstorferinnen und Birmenstorfer ausserdem eigene Anregungen und Ideen notieren. Auch davon wurde Gebrauch gemacht.

Diese Inputs werden über die Begleitkommission einfliessen, welche in den kommenden Tagen das erste Mal zusammenkommt, führt Fabian Egger weiter aus. Beispielsweise wurde angeregt, auch das Schulhaus Widegass als Sperrzone zu definieren, Pflanzen und Bänke auf dem Vorplatz aufzustellen, die Wände farbig zu gestalten oder Gesellschaftsspiele bereitzustellen.