E-Fuel könnten die Lösung sein

Die EU will ab 2035 nur noch rein elektrisch angetriebene Neuwagen zulassen. Diese Beschränkung auf nur eine ­Antriebstechnologie löst aber nicht das Umweltproblem des Transportsektors. Dabei gäbe es mit synthetischen Treibstoffen eine gute Alternative.
E-Fuel: Das synthetische Erdöl, das als Treibstoff zukunftsweisend sein könnte, wird im Labor hergestellt. (Bild: zVg | kit)

Die Zahlen sind erschreckend. Wir verbrauchen pro Tag 15 Milliarden Liter Erdöl – das sind 4,2 Milliarden Tonnen pro Jahr. Rund 3 Milliarden Tonnen davon verbraucht der Transportsektor für Treibstoffe wie Benzin, Diesel oder Kerosin. Das allein ist für den Ausstoss von 8,2 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich – etwa 6 Milliarden Tonnen davon verursacht der Strassenverkehr (Zahlen: Statista). Es ist klar, dass die Menschheit eine Alternative zum Erdöl braucht. Im motorisierten Strassenverkehr sieht die europäische Politik das Heil im batterielelektrischen Antrieb und will deshalb nicht nur ab 2035 den Verbrennungsmotor für neuhomologierte Autos verbieten, sondern ab dann ausschliesslich den Batterieantrieb zulassen. Die Schweiz würde diese Vorgaben übernehmen.

Das dürfte die CO2-Bilanz in Europa zwar etwas aufpolieren – doch das globale Problem des Erdölverbrauchs und der damit verbundenen Umweltbelastung ist damit bei weitem nicht gelöst. «Weltweit sind rund 1,3 Milliarden Autos mit Verbrennungsmotor auf den Strassen unterwegs», sagt Michael Steiner, Entwicklungsvorstand von Porsche. Gemäss Prognosen werde sich dieser Bestand in den nächsten zwanzig Jahren nicht signifikant reduzieren. «Es werden zwar viele Elektroautos hinzukommen, aber die dominierende Antriebsart bleibt wohl vorerst der Verbrennungsmotor. An dieses Thema müssen wir ran.» Tatsächlich ist es kaum vorstellbar, dass in Afrika oder Südamerika, in Indien oder Russland in absehbarer Zeit rein elektrisch gefahren werden wird. Der Wechsel zur E-Mobilität ist zwar ein hehres Ziel, doch die Umwelt braucht schnellere und effizientere Lösungen.

Der Stoff aus dem die Träume sind
Tatsächlich gibt es die längst – und zwar in Form von synthetischen Treibstoffen (E-Fuel). Einem Forscher-Team der ETH Zürich gelang es bereits vor zwölf Jahren, so genanntes Synthesegas (oder Syngas) im Labor herzustellen. Es handelt sich dabei um Kohlenwasserstoffe, die mit Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) hergestellt werden. Aus Syngas können allerlei synthetische Treibstoffe raffiniert werden. Syngas kann aber auch als Basis für alle anderen Produkten dienen, die aus Erdöl gemacht werden – diverse Kunststoffe, Kosmetikprodukte und vieles mehr. Wenn das für die Herstellung von E-Fuel benötigte CO2 aus der Atmosphäre gelöst wird und man die zweite Zutat Wasserstoff mit nachhaltiger Energie erzeugt, hat man nicht nur synthetisches Erdöl, sondern es ist bei der späteren Verbrennung erst noch CO2-neutral.

Noch gibt es keine E-Fuel-Produktion im grossen Massstab, doch das soll sich bald ändern. Im vergangenen Sommer hat die Schweizer Firma Synhelion als weltweit erstes Unternehmen E-Fuel im industriellen Massstab produziert. Das Unternehmen nutzt dazu Solar-Wärme aus konzentriertem Sonnenlicht als Energiequelle. 2025 will Synhelion die erste kommerzielle Produktionsanlage in Spanien mit einer Produktionskapazität von 875 Millionen Litern in Betrieb nehmen. Bis 2040 soll die Produktionskapazität auf 50 Milliarden Liter Solartreibstoff pro Jahr steigen, was dem gesamten europäischen Kerosin-Verbrauch entspricht.

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Nutzt Sonnenlicht als Energiequelle: Synhelion-Anlage in Jülich. (Bild: zVg | synhelion)

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Alltagstauglicher Treibstoff? E-Fuel im Test. (Bild: zVg | FabuCar)

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Die technischen Hürden sind überwunden
Gleichzeitig hat Porsche zusammen mit gewichtigen Partnern wie Siemens Energy oder Exxon Mobil eine E-Fuel-Anlage im Süden Chiles in Betrieb genommen – zwar nur eine Pilotanlage mit einer jährlichen Kapazität von 130 000 Liter, doch bald schon soll in einem zweiten Werk in Patagonien die Jahresproduktion auf 55 Millionen Liter ansteigen. «Weltweit sind noch weitere Anlagen von unserem Partner HIF Global geplant», verrät Porsche-Vorstand Michael Steiner. Möglichkeiten dafür gebe es etwa in Nordamerika, weil dort wegen des «Inflation Reduction Act» alle Produkte und Verfahren stark gefördert würden, die zur Reduzierung oder zur Rückgewinnung von CO2 beitragen.

Um ein Auto mit E-Fuel zu betreiben, muss keine technische Modifikation vorgenommen werden. Auch die gesamte Infrastruktur kann unverändert bleiben. Die Innovationen sind erfolgt, die Schritte aufgegleist. Dass wir aber deshalb bald schon unsere Autos mit synthetischem Treibstoff betanken werden, ist dennoch unwahrscheinlich. Damit E-Fuel wirtschaftlich werden können, müsste der synthetische Treibstoff steuerlich begünstigt werden. Dazu braucht es die Einsicht in Brüssel, dass der Batterieantrieb allein das Umweltproblem des Transportsektors nicht lösen kann. Das ist der Knackpunkt an der ganzen Sache: Die technischen Hürden zur Lösung sind bereits überwunden – die politischen Hürden sind aber deutlich höher.