Vor vierzig Jahren wurde die Klosterkirche Königsfelden, das höchstrangige Kulturdenkmal im Aargau, letztmals gesamtheitlich restauriert. Jetzt ist das kantonal und eidgenössisch geschützte Bauwerk wieder eingerüstet. Im Sanierungsprogramm sind bereits die in Etappen ausgeführten Aussenrenovationen des ehemaligen Nonnenklosters, des Alten Spitals und der einstigen bernischen Landvogtei abgeschlossen worden. Sie gehören alle zum historischen Klosterbezirk.
Zum Abschluss ist die Fassaden- und Dachsanierung der Klosterkirche an der Reihe. An der Ostseite, im Chorbereich mit den berühmten Glasfenstern, sind Sandstein- und Verputzschichten an Pfeilern und Aussenwänden abgeplatzt, und die äussere Schutzverglasung der Glasfenster ist undicht geworden (siehe unten stehenden Bericht). Wegen der gefährlichen Situation wurde das Mauerwerk stellenweise mit einem Netz gesichert und der Zutritt zum betroffenen Bereich vorsorglich durch einen Gitterzaun gegen herabfallende Teile abgesperrt.
Ja zur Notsanierung
Auch am Westgiebel der Klosterkirche traten im Verputz Risse, Ablösungen und dunkle Flecken auf – ein Hinweis auf Verfeuchtungen. Die Fassade musste bereits 2020 notdürftig instand gestellt werden. Inzwischen bereiteten die kantonale Abteilung für Immobilien und die Denkmalpflege eine gründliche Schadensabklärung und -sanierung vor.
Weil dafür ein konstruktiv anspruchsvolles, hohes Gerüst um den ganzen Baukomplex hochgezogen werden muss, wird gleichzeitig die Ausbesserung und Umdeckung des Steildachs vorgenommen. Die Sanierung erstreckt sich bis hinauf zum schlanken Dachreiter mit der weithin sichtbaren goldenen Krone und dem doppelten Patriarchenkreuz in fünfzig Metern Höhe.
Für die Notsanierung bewilligte der Grosse Rat im letzten November einen Verpflichtungskredit von 4,97 Millionen Franken. Weil der Betrag nicht ganz die Kreditkompetenzsumme des Grossen Rats von fünf Millionen Franken erreichte, war keine zeitaufwendige separate Kreditvorlage nötig; das Parlament bewilligte die Mittel im Rahmen des zweiten Teils der Nachtragskreditbegehren 2022.
Eine «ewige» Baustelle
In Anbetracht des dringenden Handlungsbedarfs schon nach relativ kurzer Zeit seit den umfassenden letzten Restaurierungen am Königsfelder Kloster erkundigten sich die Grossratsmitglieder Robert Obrist (Grüne), Schinznach, Luzia Capanni (SP), Windisch, und Titus Meier (FDP), Brugg, wie es um die Instandhaltung historischer Gebäude stehe. Der Regierungsrat antwortete, der Substanzerhalt sei gewährleistet, neue technische Gebäudeanalysen ermöglichten auch eine bessere Zustandsbeurteilung. Bei jahrhunderte-alten Objekten seien Sofortmassnahmen aber nie völlig auszuschliessen.
Der Aargau investierte in den letzten Jahrzehnten grosse Summen in Renovationen seiner Kulturgüter, vorab der Schlösser und Klöster. Schon die vorletzte gesamtheitliche Renovation der Klosterkirche Königsfelden von 1891 bis 1900 war eine bedeutende Leistung, aber sie blieb Stückwerk. Weil die Auswechslung der Langhaus-Stützpfeiler Unsummen verschlang, musste bei anderen Arbeiten gespart werden.
Achtzig Jahre später war das Kulturdenkmal wieder in einem besorgniserregenden Zustand. Die aufsteigende Feuchtigkeit hatte das Mauerwerk beschädigt. Der Fassadenputz und der Sandstein der Strebepfeiler schieferten ab. Der Dachstuhl über dem Chor war aus dem Lot geraten. Die Schäden und Mängel wurden mit der Gesamtsanierung von 1982 bis 1986 behoben. Darüber hinaus bemühte man sich um die Wiederherstellung oder zumindest eine Annäherung an die ursprüngliche Bausubstanz.
Woher rühren die Schäden?
Zu den wichtigsten Änderungen bei der Restauration vor vierzig Jahren gehörte die Rekonstruktion des Lettners, eines wesentlichen Bauelements in der mittelalterlichen Predigerkirche – liturgisches Bindeglied und zugleich Schranke zwischen dem den Laien zustehenden Kirchenschiff und dem den Mönchen vorbehaltenen Chor mit dem Hochaltar. Die Wiederherstellung des Lettners verlieh dem Kircheninnern einen neuen, filigraneren Ausdruck. Rekonstruiert wurden auch die Fundamente des 1869 abgebrochenen Franziskaner-Konvents nördlich der Klosterkirche.
Bei den bereits nach vier Jahrzehnten auftretenden neuen Schäden lässt sich die Frage, woran das liegt, nicht ausblenden. Sind die Ursachen in fehlerhafter Materialwahl oder Ausführung zu suchen? Nun, grobe bautechnische Fehler sind nicht auszumachen. Keineswegs zu unterschätzen sei die mit mehr Schadstoffen belastete Luft, die Aussenputz, Natursteinen und Bedachung zusetze, betont der mit den historischen Königsfelder Bauten vertraute Restaurationsspezialist Hansruedi Urech.
Inzwischen verzichtet man bei solchen Bauwerken auf «vergütete» Materialien mit künstlichen Zusätzen, das heisst, man wendet sich wieder dem althergebrachten Handwerk zu. Wie bei den abgeschlossenen Renovationsetappen wird bei der Klosterkirche ein natürlicher Kalkputz, al-fresco gekalkt, angewendet. Dafür braucht es einen geeigneten Handwerksbetrieb und ein auf die Witterung abgestimmtes Vorgehen. Ebenso bedarf es für die Behebung von Schäden an den Masswerken des Langhauses und der Chorfenster eines versierten Steinmetzes.
Instandstellung in Etappen
Die Restaurierungsarbeiten erfolgen in Etappen. Der diffizile Gerüstaufbau und der vorübergehende Ausbau der wertvollen Glasfenster sind im Gang. Danach werden Aussenputz, Sandsteinpfeiler und Dach instand gestellt. Zur Verbesserung der Erdbebensicherheit wird der Dachstuhl unter Beizug von Spezialisten besser ausgesteift und denkmalgerecht ertüchtigt. Es handelt sich um eines der ältesten Tragwerke im Aargau von 1315. Auch am Glockenstuhl mit einer der ältesten Glocken im Kanton Aargau sind verschiedene Renovationsarbeiten vorgesehen.
Schliesslich sind auch Instandsetzungsarbeiten am Putz im Kircheninnern nötig. Ebenso werden die elektrischen Installationen und das Licht hinsichtlich Brandgefahr überprüft und den heutigen Vorschriften angepasst.
Einen Eindruck vom umsichtigen und weiterentwickelten Instandstellungsverfahren bieten die soeben abgeschlossenen Aussenrenovationen der Konvent- und Bernerbauten. Beim ersten sanierten Gebäude im Klarissen-Wohnbereich wurden Dachbalken entdeckt, die durch dendrochronologische Untersuchungen in die Bauzeit des Doppelklosters um 1310 zurückdatiert werden konnten. Beim zweiten restaurierten Gebäude wurden bereits neue Erdbebenvorschriften befolgt und der Dachstock versteift. Indem jetzt alle Gebäude den gleichen hellen Kalkputz bekamen, erscheint der Klosterbezirk mehr denn je als Gesamtensemble.
Zeitplan bis Frühjahr 2025
Die Sanierungsarbeiten dauern voraussichtlich bis Ende März 2025. – Bis dahin bleibt die Klosterkirche geschlossen, ausgenommen sind regelmässige Veranstaltungen wie Tanz & Kunst Königsfelden sowie der Pfingstgottesdienst. Museum Aargau ermöglicht der Bevölkerung 2023 und 2024 an vier Sonntagen Einblicke in die Restaurierung.