Kunstwerke unter freiem Himmel

Auf der Verbindungsachse von Ober- und Unterdorf stellen einheimische Künstlerinnen und Künstler bis September ihre Werke im Freien aus.
Skulpturenweg der Kulturkommission mit neun Stationen an der Dorfstrasse und am Kirchweg. (Bild: is)

In Ehrendingen sind zahlreiche Künstlerinnen und Künstler zu Hause. Der Kulturkommission ist es gelungen, für ihren Jahresanlass neun von ihnen in den öffentlichen Raum zu «locken», wo sie ihre Werke auf einem Skulpturenweg präsentieren. Manche Exponate wurden extra für die Ausstellung angefertigt, andere stammen aus dem reichen Fundus der Kunstschaffenden. «Es braucht Mut, sich so zu exponieren», sagte Kommissionsmitglied Claudio Eckmann bei der Vernissage am vergangenen Samstag. Denn die Kunstwerke sind nicht nur der Öffentlichkeit, sondern auch der Natur ausgesetzt – mit all ihren Launen. Die neun Posten kann man bis September frei besichtigen. Bei jedem Kunstwerk steht eine Informationstafel.

Startpunkt ist die Wiese bei der katholischen Kirche – dort hat sogar ein Künstler-Paar seine Werke platziert. Peter Schärz stellte am Samstag seine Skulptur «Puzzle» gleich selber vor.

Zwei Frauen in Pose
Er habe aus Gegenständen mit gleichen Abmessungen etwas machen wollen, das ineinandergreift. «Jeder kann das so interpretieren, wie er will», fügte Schärz an. Am Rand der Wiese liegt eine der beiden «Posierenden» aus Schillkalkstein, die seine Partnerin Ursula Kappeler – ebenfalls Steinbildhauerin – kreiert hat. Eine zweite Frauenfigur posiert auf dem Steinmäuerchen daneben. Das Künstler-Paar hat auch den Kreiselschmuck auf dem Doppelkreisel Tiefenwaag gestaltet.

Im Schaufenster von «Schellings Blumenhandwerk» steht die aus Holz geschnitzte «Menschengruppe» von Sepp Frei (82). Da der älteste Ehrendinger Künstler nicht persönlich anwesend sein konnte, gab Andrea Schraner den rund fünfzig Interessierten Informationen zu seinem Schaffen. Frei hat in all den Jahren immer wieder neue Arten von Kunst entdeckt – neben der Malerei, der Holzschnitzerei und der Glasmalerei fertigte Frei in seinem Atelier auch grosse Polyester-­Figuren, von denen einige im Garten seines Hauses an der Birkenstrasse zu sehen sind. «Gehen Sie ruhig vorbei – wenn Sie Glück haben, treffen Sie Sepp Frei. Er hat immer etwas zu erzählen.» Zu seinen Werken gehört auch das Wandbild im Grotto der Turnhalle Lägernbreite.

An prominenter Lage am Haarwiesweg 2 steht Tina Imhofs Skulptur «Butterfly Woman». Eigentlich malt die Inhaberin des Atelier Bsundrix lieber, «aber sie liebt auch Herausforderungen», erklärte Schraner, denn die Künstlerin weilt mit ihrem Mann im lange geplanten Wochenende.

Plädoyer für Weiblichkeit
Die Figur sei «ein lustvolles Plädoyer für Weiblichkeit, Kreativität und Freiheit der Frauen, das inspirieren soll, den eigenen Weg zu gehen». Zudem verändert sich die Skulptur noch: Zu ihren Füssen hat die Künstlerin eine Kletterpflanze gesetzt, die bis zum Sommer am Körper hochwachsen soll.

Dass am Kirchweg 10 eine Künstlerin wohnt, ist unschwer zu erkennen. Andrea Schraner erzählte, dass sie den mit Schuppen verzierten Briefkasten in Form eines Drachens immer beim Vorbeigehen bewundert habe. In der Vorbereitung zum Skulpturenweg habe sie sich ein Herz gefasst und einfach an der Tür geklingelt. Die Künstlerin hat ihr Werk «Sonne» zur Verfügung gestellt. Die Strahlen habe sie mit dem Plasmaschneider geformt, den sie von ihrem verstorbenen Partner bekommen habe, erzählt Gaby Romann, die sich als Allrounderin in allen Lebenslagen bezeichnet.

Bei «Matrix Elektronik» am Kirchweg 24 ist die Metallplastik «Allee» von Kuno Perler etwas zurückversetzt platziert: Vier gebogene Eisenplatten, die man von Hand drehen kann, verzinkt bemalt in den Nationalfarben von Russland, der Ukraine und der Schweiz. Er beschäftige sich derzeit stark mit dem Thema Mehrteiligkeit, erklärte der gebürtige Fribourger. Die dahinter liegende Landschaft erzeugt einen spannenden Effekt: «Im freien Raum kommt die Form der Eisenplatten zur Geltung», so Perler. Auch das Gipsgruben-Sujet im Kreisel Niedermatt ist sein Werk.

Bei der nächsten Station stellt Michael Keller besondere Fundstücke aus. «Nicht ich bin der Künstler, sondern die Natur», betont der passionierte Entdecker, Sammler und Präparator. Im Schaukasten zeigt er Weidenwurzeln aus dem Flussuferkies, freigespült vom Hochwasser des Tekapo Rivers in Neuseeland, sowie Schwemmholz, das er 1998 und 2015 bearbeitet hat.

Eine Oase aus Rost
Eher zufällig zur Kunst fand René Eggenberger, als die alte Thymianhecke seines Einfamilienhauses durch die Bauarbeiten am Kirchweg verendete. An einer Gartenmesse entdeckte er mit seiner Frau Heidi das Rost-Dekor. Zuerst habe er abgewunken, «aber dann bin ich ein immer grösserer Fan geworden», erzählte der Pensionär. Mittlerweile ist ihr Haus eine wahre «Rost-Oase». Für die Formen verwendet er Holzschablonen. Um den Rost zu erzeugen, mischt er Kochsalz mit Wasser und giesst es möglichst gleichmässig über die Platte. «Dann warte ich zwei, drei Tage – fertig ist der Rost!»

Letzte Station ist das Bed & Breakfast Zum Schlüssel. Passend zum Ort steht dort «Tischlein deck dich» von Arthur Eichenberger: eine Gruppe unterschiedlicher Tische aus diversen Materialien und Fundstücken. Mit spannenden Details wartet seine zweite Kreation «Stromknappheit 2022» auf – ein Speichenrad mit Dynamo, der aufgeklebte Spielzeugautos antreibt. Auf die Stühle dürfe man sich ruhig setzen, sagte Eichenberger. Sorgen, dass dabei etwas Schaden nehmen könnte, macht sich der Künstler nicht: «Ich habe Gottvertrauen.»

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«Allee» von Kuno Perler: Im freien Raum kommt die Form der vier gebogenen Eisenplatten besonders zur Geltung. (Bilder: is)

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«Stromknappheit 2022», Arthur Eichenberger.

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«Eusi Rost-Oase», René Eggenberger.

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«Butterfly Women», Tina Imhof.

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«Posierende», Ursula Kappeler.

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