Facettenreiches Geschichtswerk

«Dieses Buch sichert für die Nachwelt viele wertvolle Informationen», hielt Gemeindeammann Richard Plüss anlässlich der Vernissage fest.
Gemeindeammann Richard Plüss und Autor Hans Vogel freuen sich über die frisch gedruckte Dorfchronik. (Bild: mw)

Es ist sowohl ein gewichtiges als auch ein wichtiges Buch, dessen Vernissage letzte Woche im Lupfiger «Ochsen» gefeiert wurde. Auf nicht weniger als 378 Seiten und 2,7 Kilogramm Papier ist die wechselvolle Geschichte der beiden Eigenämter Gemeinden bis zum politischen Zusammenschluss am 1. Januar 2018 minutiös festgehalten. Das Interesse für solche Rück- und Einblicke in die Vergangenheit der Lebensräume ist gross, was sich am Aufmarsch des Publikums beim Anlass zeigte. Ammann Richard Plüss wies in seiner Begrüssung auf die Bedeutung der Chronik für das Geschichtsbewusstsein der Bevölkerung und der künftigen Generationen hin. Autor des beeindruckenden Werks ist der 75-jährige Hans Vogel, Politikwissenschafter, Kommunikationsfachmann und ehemaliger Gemeindeammann des heutigen Ortsteils Scherz.

Umfassende Quellenschau
Innert vier Jahren hat er mit Unterstützung der beiden Beiräte Max Baumann (Historiker), Stilli, und Kurt Gasser (ebenfalls alt Gemeindeammann), Scherz, sowie weiterer Kreise mit riesigem Arbeitsaufwand Tausende von Fakten aus allen Lebensbereichen zusammengetragen. Die Projektleitung lag bei den Verwaltungsleiterinnen Michèle Bächli und (ab März 2021) Fabienne Zinniker, bei Martin Gysi (Ortsbürgergemeinde Lupfig), beim Gemeinderat Ivano Colomberotto und beim Autor.

Als authentische Quellen dienten unter anderem schriftliche Verwaltungsunterlagen sowie für die Phase des Zweiten Weltkriegs Berichte von rund 35 Zeitzeugen. Für die Gestaltung des von der Gemeinde Lupfig auf Anregung der Ortsbürgergemeinde (welche das Buchprojekt zusammen mit Sponsoren finanzierte) in Auftrag gegebenen Bands war die Effingermedien AG in Brugg zuständig, für die Produktion deren Mutterhaus Schellenberg Druck AG in Pfäffikon ZH.

Die Menschen in den Gemeinden Lupfig und Scherz haben im Laufe der Geschichte verschiedene Epochen erlebt. Besonders prägend waren die Dynastie der Habsburger, die Berner, die Franzosen zur Zeit der Helvetischen Republik ab 1798. Und seit 1803 gehört die Gegend zum Kanton Aargau, ein Thema, das den Schwerpunkt der Chronik bildet. In seinem Vorwort beschreibt Regierungsrat Dieter Egli, Vorsteher des Departements Volkswirtschaft und Inneres, den langen Weg zur modernen Gemeinde.

Die neu erschienene Dorfchronik enthält für die Identität der Gemeinde wertvolle Geschichten und Bilder. (Bild: zVg | Michel Jaussi)

Blick auf die Menschen
Neben der Infrastruktur, den bäuerlichen, gewerblichen und industriellen Betrieben, den Institutionen und Vereinen in der Gegend sowie dem Kloster Königsfelden stösst vor allem die existenzielle Situation der Bewohnerinnen und Bewohner der Dörfer in verschiedenen Zeiten auf Interesse. Autor Hans Vogel konzentrierte sich im Rahmen der Präsentation des Buchs auf sieben «markante» Personen, deren Lebensgeschichten zum Teil Anlass zum Schmunzeln gaben, obwohl die Umstände – auch angesichts der nicht selten mit Hunger verbundenen Armut – oft nicht einfach waren.

Erwähnt wurden die Klosterfrau Anna Meyerin aus dem 15. Jahrhundert, der mehrmals selbst verurteilte Bauer und Chorrichter Felix Rey (1701 bis 1767), Pfarrer Johann Fröhlich (circa 1730 bis 1782), die unehelich geborene Scherzerin Barbara Stoll (aus der «Pechheinis» genannten Familie, circa 1805 geboren), Mutter von ebenfalls unehelichen Kindern, der um 1850 mit Frau und acht Kindern nach Brasilien ausgewanderte Lupfiger Ammann und Trinker (!) Johannes Wey (circa 1810 geboren) sowie der per Segelfrachter «Gaston» nach Amerika abgereiste Hieronimus «Jerome» Stoll (1836 bis 1918). Er diente um 1860 in den USA als Soldat im 24. Infanterieregiment und wurde verwundet. Zum Schluss fand der Lupfiger Landwirt Jakob Müller (1885 bis 1970) Erwähnung. Er wirkte von 1922 bis 1957 als Gemeindeamman und hatte sich grosse Verdienste im Bereich der Güterzusammenlegung und der Bodenverbesserung erworben.

Dank an den Autor
Zum Ausklang der von der Blaskapelle Eigenamt unter der Leitung von Hans Binder umrahmten Vernissage durfte Hans Vogel von Gemeindeammann Richard Plüss eine Flasche mit einheimischem, aus schottischer Gerste zum Scherzer Dorfjubiläum gebranntem Whisky 777 entgegennehmen. Anschliessend bestand beim Apéro Gelegenheit zum angeregten Gedankenaustausch und zum Kauf des Buchs. Dieses kann auf der Gemeindekanzlei bezogen werden.