«Das Werk hat Ohrwurmqualität»

Anfang Mai führt der Kantichor Wettingen «Carmina Burana» von Orff auf. Ihnen geht eine Uraufführung der bekannten Jazzerin Sarah Chaksad voraus.
Uraufführung von «Stella»: Die Musikerin Sarah Chaksad ist als Komponistin gefragt. (Bild: zVg | Laura Pleifer)

Die «Carmina Burana» von Carl Orff stammt aus den Jahren 1935/1936 und zählt zu den meistaufgeführten Werken für Chor. Die Texte in mittellateinischer und mittelhochdeutscher Sprache stammen aus einer Sammlung von Lied- und Dramentexten aus dem im 11. und 12. Jahrhundert. Anfang Mai kommt das fesselnde Werk in Wettingen zur Aufführung. Ihm vorangestellt wird mit «Stella» eine Eigenkomposition der 1983 geborenen Schweizer Jazzmusikerin Sarah Chaksad zu einem Text von Andreas Neeser. Geschrieben ist das Werk für Soli, Chor, Sprechchor, zwei Klaviere und Schlagzeugensemble.

Chor drohte zusammenzubrechen
Er sei den «Carmina Burana» im Musikstudium begegnet, und zwar auf einer Italientournee des Bachchors Zürich, dem er damals angehört habe. «Die Aufführung auf einer Piazza in Assisi mit dem damals noch unbekannten und blutjungen Tenor Christoph Homberger bleibt unvergessen», so Cristoforo Spagnuolo, Dirigent des Chors der Kantonsschule Wettingen, der das bekannte Werk bereits 2014 mit dem Kantichor aufgeführt hat. Zu einem Revival hat sich der Schulmusiker entschieden, «weil die langjährige Chortradition an der Schule nach der Pandemie zusammenzubrechen drohte». Um wieder genügend Sängerinnen und ­Sänger für das bedeutende Aushängeschild der Kantonsschule zu gewinnen, wollte er ein Stück programmieren, das eine unwiderstehliche Anziehungskraft hat. «Einen Chartbreaker», wie er sagt.

Gerade weil die «Carmina Burana» so bekannt sind, war es Spagnuolo wichtig, einen neuen Kontext zu schaffen, eine Brücke ins Heute. «Die Idee, den Auftrag einer Komponistin zu geben, die aus einem anderen Genre kommt, hatte für mich sofort zündende Wirkung», erklärt er. Die Textvorlagen von Orff, die Gedichte aus dem Mittelalter in Latein, Provenzalisch, Mittelhochdeutsch und makkaronischem Latein, einem Pseudolatein, vertonen, haben ihn an das Werk «Nachts wird mir wetter» von Andreas Neeser erinnert. Darin vermenge dieser auf neuartige Weise die hochdeutsche Sprache mit Mundarttexten. Flugs bat er diesen, einen ähnlich aufgebauten Text zu schreiben, unter dem Titel «Stella» – damit er einen Bezug zum Kloster Wettingen hat.

Hat für den Kantichor Wettingen das Werk «Stella» komponiert: Sarah Chaksad. (Bild: zVg | Laura Pleifer)

Alte Tradition des Sprechchors
Zu diesen Texten hat Sarah Chaksad, derzeit die wohl angesagteste Komponistin der Jazzszene, die in Wohlen aufgewachsen ist und heute in Basel lebt, eine sehr rhythmische und raffiniert komplexe Musik geschrieben. «Sie greift zudem eine längst vergessene Tradition des Sprechchors auf und orientiert sich an genau der gleichen instrumentalen Besetzung wie Orff: zwei Klavieren und mehreren Schlagzeugern, Chor, Sprechchor und Solostimmen», erklärt Cristoforo Spagnuolo. «Das Werk hat Ohrwurmqualität», sagt er schmunzelnd, «und bereitet das Publikum auf geschickte Art und Weise auf die ‹Carmina Burana› vor, auf ihre rhythmische Energie, auf ihre melodischen Reize und ihre sinnlichen Texte.»

Nebst dem Chor und dem Schlagzeugensemble der Kanti Wettingen wirken solistisch mit: Susanne Oldani (Sopran), Anne Heffner (Mezzosopran), Nicole Wacker (Sopran), Flavia Ferri-Benedetti (Countertenor) und René Perler (Bariton). Am Klavier begleiten Philipp Meier und Christian Zaugg.

Freitag, 5. Mai, 19.30 Uhr
Samstag, 6. Mai, 19.30 Uhr
Sonntag, 7. Mai, 17 Uhr
Klosterkirche Wettingen
kswe-chor.ch