Ein «Hundertjähriger» war der Star

Aus dem ganzen Kanton kamen Oldtimertraktoren für die Blueschtfahrt ins Feuerwehrmuseum Endingen. Von dort gings aufs Steinenbühl.
Ausfahrt in den Frühling. Knatternde und brummende Fahrt hinauf in den Weiler Steinenbühl. (Bild: is)

Morgens um neun ist hinter dem Museum für Feuerwehr, Handwerk und Landwirtschaft am Rand von Endingen ein sonores Tuckern zu hören. Es stammt von einem Lanz 1923. Besitzer Peter Bachmann aus Kirchleerau lässt den Motor des historischen Traktors absichtlich laufen, denn der Ton sei doch schön, findet der passionierte Sammler: Er ist stolzer Besitzer von gut 150 Oldtimertraktoren. Das Motorengeräusch ist Musik in den Ohren der 88 anwesenden Fans von alten Landmaschinen. Eifrig wird das historische Gefährt fotografiert und dabei gefachsimpelt.

Der fast 100 Jahre alte Traktor ist der Star beim Treffen der «Freunde alter Landmaschinen Region Aargau» (Falra), die sich am Samstag für die traditionelle Blueschtfahrt aus allen Kantonsteilen ins Surbtal begeben haben. Ein paar Eckdaten: Der Lanz 1923 vom Typ HP, Spitzname Peter, verfügt über einen Zylinder, hat eine Höchstgeschwindigkeit von 7 km/h und ist «ein Allesfresser», wie Peter Bachmann erzählt. Er wird mit Altöl, Diesel und sogar Speiseöl gefüttert. «1,5 Liter Treibstoff frisst er pro Stunde», sagt Peter Bachmann, der ihn einst einem Händler in Belgien abgekauft hat. Weltweit wurden davon nur 723 Stück produziert. Der Preis? «Preis und Wert sind bei solchen Gefährten zwei Paar Schuhe», erklärt der Besitzer. Während man über den Preis nicht spricht, ist der Wert eines solchen Traktors klar: Er ist fast unschätzbar. Es gehe bei dieser Leidenschaft jedoch nicht ums Besitzen, sondern vielmehr darum, diese Fahrzeuge zu restaurieren, zu erhalten und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so Bachmann. Als Veteranenfahrzeuge gelten Strassenfahrzeuge, die älter als dreissig Jahre sind. Zudem müssen sie optisch und technisch in einem einwandfreien Zustand und mit Originalteilen ausgestattet sein.

Obwohl der 100-jährige «Veteran» von Peter Bachmann dank Eisen­beschlägen auf der Strasse fahren könnte, hat sein Besitzer die wertvolle Fracht auf einem Anhänger nach Endingen gebracht. Insgesamt sind 88 Mitglieder (von total 770) angereist, 66 davon mit ihrem Fahrzeug. «Sie kommen aus Küttigen, Rothrist, Oberhof, aber auch aus dem zürcherischen Boppelsen und dem Fricktal», erklärt Hansjörg Krell aus Döttingen, der Vizepräsident von Falra und Organisator des Anlasses. Der Weg nach Endingen ist für viele Oldtimertraktoren eine halbe Weltreise. «Wir sind über eine Stunde gefahren», erklärt ein Teilnehmer aus Bözberg. Hinter dem Gebäude stehen die 66 Oldtimer der Marken Hürlimann, Bührer, Lanz und Porsche unter freiem Himmel in Reih und Glied. Viele von ihnen sind für den traditionellen Anlass beflaggt oder mit Blumen am Kühlergitter geschmückt. Da und dort sitzen Stofftiere auf dem Sozius.

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Peter Bachmann mit seinem Lanz 1923 und Fritz Hunn.

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Wie im Freilichtmuseum: Die alten Landmaschinen in Reih und Glied in Endingen. (Bilder: is)

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Besichtigung des Museums
Nach der Ankunft können sich die Mitglieder im Hof des Museums für Feuerwehr, Handwerk und Landwirtschaft mit Kaffee und Gipfeli stärken. Bevor sie zur Blueschtfahrt in Richtung Steinenbühl aufbrechen, besichtigen sie die Ausstellung mit rund 100 000 Artikeln, die seit 2022 dem Lengnauer Kurt Schmid gehört; die Museumsführer stehen Rede und Antwort. In einer Karawane tuckern die Teilnehmerinnen und Teilnehmer später gemütlich von Endingen via Schützenhaus Homrig durch den Wald bis aufs Steinenbühl zum Mittagessen. «Um die Hauptstrassen nicht unnötig zu belasten, nutzen wir vor allem Rad-, Feld- und Waldwege», erklärt Hansjörg Krell. Er sammelt selbst seit über dreissig Jahren alte Landmaschinen und fährt an diesem Tag einen Hatz TL 17, Jahrgang 1960, von dem es weltweit nur 412 Fahrzeuge gab.

Nach einer guten halben Stunde sind alle Traktoren im Restaurant Steinenbühl angekommen. Von dort treten die Mitglieder im Lauf des Nachmittags wieder die Heimfahrt an. «Wir hatten unwahrscheinliches Glück mit dem Wetter», sagt Falra-Präsident Paul Müri aus Gränichen erfreut. Dabei schwingt ein wenig Wehmut mit, denn die Existenz des Vereins ist bedroht: «Leider lassen sich immer weniger Freiwillige finden, die im Vorstand mitmachen und die Anlässe unseres Jahresprogramm organisieren wollen.»

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(Bild: zvg | Claudia Krell)

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(Bilder: is)

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