Unmut in der WBG Brugg-Windisch

Mit dem Wechsel auf ein zukunftsträchtiges Heizsystem steht bei der WBG Brugg-Windisch ein kostenintensives Projekt an. Das schürt Ängste.
Erhalten neue Fenster: Liegenschaften der WBG an der Kornfeldstrasse. (Bild: zVg)

Morgen Freitag findet die 67. ordentliche Generalversammlung der Wohnbaugenossenschaft (WBG) Brugg-Windisch statt. Die Traktandenliste sieht die üblichen Geschäfte vor, denen die Genossenschafterinnen und Genossenschafter ohne grosse Diskussionen zustimmen dürften. Spannend wird es vermutlich beim Traktandum 9: den Wahlen von Vorstand und Präsidium. Alle stellen sich für eine nächste Amtsperiode zur Verfügung. Eigentlich ein erfreuliches Faktum, wenn man bedenkt, dass die Arbeit an der Spitze einer Genossenschaft mit sehr viel Einsatz verbunden ist und es oft schwierig ist, engagierte Menschen zu finden, die sich nicht nur für dieses Amt zur Verfügung stellen, sondern die auch noch über die nötige Fachkompetenz verfügen. Exakt an dieser zweifeln in der WBG derzeit einige. Sie haben einen von insgesamt 105 Genossenschafterinnen und Genossenschaftern unterzeichneten Antrag gestellt, die Wahlen von Vorstand und Präsidium einzeln und in schriftlicher Form durchzuführen. Ebenso fordern sie die Auszählung der Stimmen durch eine neutrale Person.

Angst vor Anstieg der Mieten
Der Antrag ist als offensichtlicher Ausdruck eines Misstrauens zu werten, das sich bei einem Teil der rund 400 Genossenschafterinnen und Genossenschafter während der vergangenen Monate gebildet hat. Hauptgrund dafür dürfte ein Kommunikationsproblem sein. In der WBG steht mit der «Energieversorgung Heizung der Zukunft» ein millionenschweres Projekt an, das zum Ziel hat, die Energieversorgung der Liegenschaften der Genossenschaft in Zukunft nachhaltig sicherzustellen. Das Portfolio der WBG ist gross: Sie besitzt 17 Wohnungen am Weiermattring 17 und 77 Wohnungen am Rain in Brugg, hinzu kommen 140 Wohnungen an der Kornfeldstrasse 1 bis 20 und 62 Wohnungen sowie ein Kindergarten und ein Verwaltungsbüro an der Kornfeldstrasse 22/24 in Windisch. Laut Statuten verfolgt die 1955 gegründete gemeinnützige Genossenschaft mit Sitz in Windisch den Zweck, «in gemeinsamer Selbsthilfe und Mitverantwortung ihren Mitgliedern preisgünstigen Wohnraum anzubieten».

Fakt ist: Die WBG bietet Menschen, die mit wenig bis sehr wenig Geld auskommen müssen, ein Zuhause. Für sie sind Grossprojekte, die mit hohen Kosten veranschlagt sind, per se mit Befürchtungen verbunden. So bringt es einer der Antragsstellenden auf den Punkt: «Wer garantiert uns, dass bei so hohen Investitionen die Mieten nicht ansteigen? Wer gibt uns die Sicherheit, dass wir in Zukunft noch hier wohnen können und nicht auf der Strasse stehen?» Das Grossprojekt «Energieversorgung Heizung der Zukunft», das bereits Abklärungskosten generiert, und das damit verbundene Energiekonzept, das sich derzeit in Erarbeitung befindet und für die Genossenschafterinnen und Genossenschafter wenig greifbar ist, schüren Ängste.

Auch das damit verbundene Teilprojekt «Ersatz der Fenster», das zurzeit in den 140 Wohnungen an der Kornfeldstrasse 1 bis 20 umgesetzt und laut dem Jahresbericht 2022 mit Gesamtkosten von etwa 1,6 bis 2 Millionen Franken, also durchschnittlich 12 000 bis 13 000 Franken pro Wohnung veranschlagt wird, stösst ihnen sauer auf. So hat sich ein Teil der Genossenschafterinnen und Genossenschafter zuerst geweigert, in die Ausmessung ihrer Fenster einzuwilligen. Sie befürchteten, ihre Unterschrift für die Ausmessung werde als «verdeckte Zusage» zum Gesamtprojekt ausgelegt. «Wir fordern einen transparenten Einblick in die Kosten und in die Vorgehensweise des Vorstands, was solche grossen Projekte angeht», moniert ein Bewohner.

Das stösst bei Genossenschaftspräsident Marcel Frauchiger auf Verständnis. Ungern gibt er den Medien vor der anstehenden Generalversammlung Auskunft, denn dort sei vorgesehen, weitere Informationen zu den anstehenden Projekten zu geben. Bereits im Februar sei die Vorinformation erfolgt und in Folge habe man die Mitglieder der betroffenen Wohnungen zu zwei Informationsveranstaltungen bezüglich Erneuerung der Fenster eingeladen, so Frauchiger.

Fehlendes Vertrauen in Vorstand
Diejenige vom 1. April, zu welcher der Vorstand am 15. März mittels eines Schreibens einlud, kündigte den Start der Ausmessungen nur wenige Tage nach der Infoveranstaltung an. «Ein reibungsloser Ablauf ist ein wichtiges Element, um unnötige Kosten zu verhindern», so das Schreiben, das dem «General-Anzeiger» vorliegt. «Hier sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen.» Die Zeitspanne von vierzehn Tagen zwischen Info und Ausmassungszeitpunkt sorgte bei einem beträchtlichen Teil der Genossenschafterinnen und Genossenschafter für Unmut. Diesen formulierten sie denn auch lautstark an der Infoveranstaltung vom 1. April. «Es wurde emotional», sagt Marcel Frauchiger. Dem Präsidenten der WBG liegt daran, festzuhalten, dass der Vorstand absolut nichts zu verbergen habe und sich bei sämtlichen Schritten an die in den Statuten festgelegten Grundsätze halte.

Für eine Wohnbaugenossenschaft in der Grösse der WBG sind die Statuten vom 1. Juli 2010, die auf der Empfehlung der WBG Schweiz basieren, sehr offen formuliert. Während andere Genossenschaften eine Kompetenzsumme des Vorstands festlegen, kann der Vorstand bei der WBG frei über Investitionsgelder verfügen – «mit Ausnahme von Abriss und Neukauf von Liegenschaften und dem Eingehen von Dienstbarkeiten», wie Frauchiger festhält.

Entscheidender Punkt ist also das Vertrauen, welches die Genossenschafterinnen und Genossenschafter in den von ihnen gewählten Vorstand setzen. Er könne die Unsicherheit der Mitglieder nachvollziehen, sagt Frauchiger. Mit den Neuwahlen vor zwei Jahren, bei denen er ins Präsidium berufen wurde, sei ebenfalls ein Kulturwechsel erfolgt. So habe man die Trennung zwischen operativer und strategischer Ebene vorangetrieben – dies ganz im Sinne der Mieterschaft. «Wir haben uns zum Beispiel für eine bessere Erreichbarkeit der Verwaltung eingesetzt», betont Frauchiger. Es sei wichtig, dass sich die Vorstandsmitglieder auf die strategische Ebene besinnen könnten. «Wir brauchen all unsere Ressourcen, um uns mit den aktuellen Herausforderungen auseinanderzusetzen und die WBG gut in die Zukunft zu begleiten.» Ein Engagement in diesem Rahmen könne er sich im Übrigen nur leisten, weil er pensioniert sei, so der 67-Jährige, der erklärt: «Die Energiepreise sind explodiert. Wenn wir nichts tun, müssen wir die Nebenkosten massiv erhöhen.» Und genau das wolle man «abfedern». Mit dem Einbau der dreifach verglasten Fenster – «heute ist das Standard» – wolle man in einem ersten Schritt zur Stabilisierung der Heizkosten beitragen. «Ich bin der festen Überzeugung, dass wir, wenn wir auch in Zukunft noch günstige Wohnungen anbieten wollen, unsere Kosten im Griff haben müssen», betont Frauchiger.

Die Arbeit im Vorstandsgremium sei professionell und «von einem sehr guten Einvernehmen geprägt», lobt der Präsident, der den Unmut gewisser Genossenschafterinnen und Genossenschafter unter anderem «in bilateralen Geschichten» ortet. «Es geht um persönliche Konflikte», zeigt er sich überzeugt. Wenn man befürchte, dass ein Ersatz von Fenstern die Mietzinse in die Höhe treibe, basiere das schlicht auf mangelnder Kenntnis der Rechtslage. «Ein Fenstertausch ist kein Mehrwert einer Liegenschaft und kann nicht als solcher geltend gemacht werden.»

Bezüglich Kommunikation sieht sich Frauchiger aber klar in der Verantwortung. «Es ist die Aufgabe eines Vorstands, Befindlichkeiten der Genossenschafterinnen und Genossenschafter anzuhören und zu respektieren.» Ihm liege daran, Transparenz zu schaffen. Sollte die Generalversammlung ihn für weitere drei Jahre wählen, sei er motiviert, sich weiterhin für die WBG einzusetzen. «Vor den Menschen, die hier wohnen – und viele davon müssen jeden Franken umdrehen – habe ich den grössten Respekt», so Frauchiger. Zu den anstehenden Projekten wird er dem «General-Anzeiger» erst am Tag nach der Generalversammlung Rede und Antwort stehen. «Bezüglich Information stehen die Genossenschafterinnen und Genossenschafter an erster Stelle», betont er. «Sie sollen ihre Information auf direktem Weg und nicht via Medien erhalten.» Zumindest, was das Bedürfnis nach Optimierung der Kommunikation angeht, scheinen sich die beiden Parteien einig zu sein.