Ein Traumjob in Weiss

Marlene Madianos tauschte den sicheren Bankjob gegen die Selbstständigkeit als Fotografin. An ihrer Arbeit liebt sie das Unkonventionelle.
Posiert für einmal vor statt hinter der Kamaera: Marlene Madianos. (Bild: zVg)

Welche Hochzeitsreportage ihr speziell in Erinnerung geblieben ist? Marlene Madianos muss nicht lang überlegen: «Das war bei einer freien Trauung am Wasser. Plötzlich zog ein Gewitter auf. Das Brautpaar trotzte dem starken Regen und dem Wind, die ganze Gesellschaft war komplett durchnässt – aber sie haben es knallhart zu Ende geführt», erzählt die 34-jährige Fotografin. Selbst sie liess sich von den garstigen Bedingungen nicht beeindrucken – weshalb auch? «Dieser Tag soll allen Beteiligten für immer in Erinnerung bleiben, und ich habe den Auftrag, das auf meinen Bildern festzuhalten.»

Authentizität ist für die gebürtige Schneisingerin – ledig hiess sie Meier – etwas vom Wichtigsten bei ihrem Job: «Ich habe es lieber lebendig und echt als gestellt und geschönt. Ich möchte mit meinen Bildern Emotionen transportieren.» Generell mag sie die Vielfalt an Locations, Personen und Erlebnissen: «Es gibt so viele coole Sachen», schwärmt die Fotografin, die auch Mitglied der Swiss Queer Wedding Association ist.

Hochsaison im Frühjahr
Frühling ist Hochsaison für Hochzeiten. Ab April ist Marlene Madianos jedes Wochenende ausgebucht. Dabei ist es ihr wichtig, an einer Trauung kein Fremdkörper, sondern Teil der Hochzeitsgesellschaft zu sein: «So bekomme ich die Schnappschüsse, die ein Fest so lebendig machen», ist sie überzeugt.

Ihr Outfit wählt sie jeweils passend zum Anlass. Auf jeden Fall muss es chic, aber bequem sein: «Ich laufe ja viel herum.» Viele würden sich unter ihrer Tätigkeit einen Traumjob vorstellen, ist ihr bewusst. «Und das ist es, aber sehr zeitintensiv. Man bereitet sich vor, rekognosziert die ­Location, ist dann einen Tag an der Trauung, und anschliessend folgt die Nachbearbeitung der Bilder», erzählt sie. Auf Wunsch macht sie Fotoalben, «das ist ein schöner Abschluss meiner Arbeit, die ich so nochmals konzentriert präsentieren kann.» Denn an einem Anlass schiesst sie oft mehrere Tausend Fotos.

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Schwarz-Weissfotografie einer Hochzeit.

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Stillleben mit Hochzeitsschuhen. (Bilder: zVg | Marlene Madianos)

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Ursprünglich hat Marlene Madianos nach der Wirtschaftsmittelschule eine Ausbildung bei der Raiffeisenbank in ihrer Gemeinde gemacht und arbeitete danach in Zürich (CS) und Baden (UBS). «Es war eine gute Ausbildung, aber auf lange Sicht sah ich mich nicht bei der Bank.» Beim Fotografieren fand sie einen Ausgleich zum trockenen Job, zudem absolvierte sie eine Ausbildung als Make-up-­Artist. Ihre erste Kamera war das Einsteigermodell Nikon D5000 mit einem Standardobjektiv. Der Marke ist sie bis heute treu geblieben. Mittlerweile fotografiert sie mit zwei Nikon Z9 und diversen lichtstarken Objektiven.

2011 wagte Marlene Madianos den Schritt in die Selbstständigkeit: «Eigentlich wollte ich bei der Bank zuerst nur mein Pensum reduzieren, aber das ging nicht. Also habe ich meinen sicheren Job gekündigt, obwohl ich noch keine fotografische Ausbildung hatte», so die Autodidaktin, die gern auch Schwarz-Weiss fotografiert.

«Bewölkung ist super»
Um einen Einblick in die Arbeit von Profis zu erhalten, absolvierte Marlene Madianos ein Praktikum beim international renommierten Fotografen Oliver Rust in Zürich. Die Haupterkenntnis daraus war simpel: «Ich sah, dass ich auf dem richtigen Weg war.» Ihr Fokus galt damals Porträts, die sie in ihrem Studio in Siglistorf anfertigte. Mit der Zeit sei das aber zu eintönig geworden: Stets gleiches Licht, gleiche Hintergründe – also fing sie an, draussen zu fotografieren, in verschiedenen Jahreszeiten und Licht­situationen. «Viele denken, dass für ein gutes Foto die Sonne scheinen muss. Aber Bewölkung ist super, und sogar im Regen sind tolle Shootings möglich.» Auf ihrer Website marlenemadianos.com zeigt sie Kostproben ihrer Arbeit.

2013 gründete Marlene Madianos mit ihrem Mann Thomas, einem Halb-Griechen, eine Familie. Anfangs nahm das Paar ihre heute acht und zehn Jahre alten Töchter mit zu Hochzeiten. «Mein Mann kümmerte sich um sie, und ich stillte zwischendurch», erinnert sich die Lengnauerin. Hochzeiten sind mittlerweile ihr Kerngeschäft. Ab und zu nimmt sie andere Aufträge an. So habe sie schon eine Kaiserschnittgeburt fotografisch begleitet, erzählt Marlene Madianos. «Dabei war ich so konzentriert auf das Licht und darauf, den richtigen Moment nicht zu verpassen, dass ich nichts anderes wahrnahm.» Manchmal müsse man aber auch traurige Situationen aushalten, so die Fotografin: «Ich versuche, in schwierigen Zeiten schöne Momente als Erinnerung festzuhalten.» Denn auch sie gehören zu einem Leben.