Ein Streifzug mit Aha-Effekt

Lourdes-Grotte, Biotop und ­Wegkreuze: In Freienwil gibt es viel zu entdecken. Ein neuer Rundweg vermittelt Infos – mit Handy und ohne Tafeln.
Othmar Suter (l.) stoppt mit der Gruppe beim Pro-Specie-Rara-Obstgarten. (Bild: is)

Das Dorf Freienwil liegt idyllisch am östlichen Hang des Siggenbergs und pflegt das Dorfleben unter dem Slogan «Wohnen und erholen». «Wir alle haben Freude am intakten Dorfbild und müssen dem schönen Dorfkern Sorge tragen», erklärte Gemeindeammann Othmar Suter am vergangenen Donnerstag bei der Einweihung des neuen Dorfrundwegs. 13 Interessierte haben sich trotz Regenwetter bei der Bushaltestelle Richtung Lengnau eingefunden. Hier ist der Startpunkt des neuen Rundgangs – und zugleich die einzige Tafel dazu. Darauf sind alle wichtigen Infos zusammengefasst.

8,1 Kilometer in 2 Stunden
«Wir wollen den Landschaftsraum mit Respekt nutzen und haben deshalb bewusst keine Tafeln in die Natur gesetzt», erklärt Suter. Der kinderfreundliche und kinderwagentaugliche Weg ist 8,1 Kilometer lang und von Mai bis Oktober zu empfehlen, die Wanderzeit beträgt gut zwei Stunden.

Als alle den QR-Code gescannt und die App Flowerwalks heruntergeladen haben, wird unter «Streifzüge» der Punkt «Artenreiche Lebensräume und bewegte Dorfgeschichte in Freienwil (AG)» gewählt und gestartet. Die Ortungsfunktion muss aktiviert sein. Dank GPS-Signalen führt die App im Gegenuhrzeigersinn durch und rund ums Dorf – und bei jeder Station vibriert das Handy. Unterwegs erleben die Nutzer den berühmten Aha-Effekt, so Othmar Suter, indem sie erfahren, wie viel die Landschaft in Freienwil zu bieten habe und wie die Pflanzen, Bäume und Sträucher vor der Haustür heissen. Zu jeder Pflanzenart gibt es auf der App Flowerwalks Bilder und einen kurzen Infotext, den feldbotanik.ch gestaltet hat.

Parallel dazu hat die Gemeinde zehn Points of Interest im Rundweg definiert. So erfährt man beim unteren Dorfbrunnen Wissenswertes über das Dorfbild und die bäuerlichen Vorgärten, die der Gemeinde besonders am Herzen liegen: «Auch mit der neuen Bau- und Nutzungsordnung sind zeitgemässe Bauten möglich, aber Neu- und Umbauten wollen wir nicht verhindern, aber sie sollen sich gut einfügen, sodass der bäuerliche Ursprung ablesbar bleibt. Zudem sollen prägende Gebäude, soweit möglich, erhalten bleiben», erklärt Othmar Suter.

Hunderte Drainageleitungen
Vorbei an der Wilden Karde und der Zaunwicke geht es zum Pro-Specie-Rara-Obstgarten von Gertrud und Robert Müller und von dort bergauf via Husenstrasse in Richtung Schützenhaus. Mit Blick in die ganze Region erzählt der Ammann hoch über dem Dorf zum Kapitel Melioration, wie der Boden im Vorfeld und während der ­Güterzusammenlegung von 1957 zur besseren landwirtschaftlichen Nutzung entwässert wurde. Dazu wurden Hunderte Drainageleitungen in den Boden verlegt.

Nächste Station: Biotop Cholhufe. Hier hat sich die gefährdete Geburtshelferkröte («Glögglifrosch») angesiedelt. Sie findet dort einen idealen Lebensraum. Vom Cholhufe geht es den Waldrand entlang mit herrlicher Aussicht ins Tal.

Wegkreuz und Lourdes-Grotte
Via Tannenhof, wo man Wissenswertes über die landwirtschaftliche Aussiedlung von fünf Höfen aus dem Dorf zwischen 1964 und 1981 erfährt, geht es hinunter Richtung Kantonsstrasse. Kurz vorher steht ein Wegkreuz in Gedenken an Edy Suter, der hier 1914 ums Leben kam. Die Hintergründe dazu erfährt man auf der App. Auf der anderen Seite der Kantonsstrasse führt der Weg in Richtung Ehrendingen – mit einem Abstecher zur 1897 erbauten Lourdes-Grotte auf halber Höhe – und dann weiter über die historische Strasse im Chaltenbrunnen. Diese Strasse, immer noch Säumerweg genannt, führte als Landstrasse vom Hertenstein nach Zurzach, wo die wichtige Messe stattfand, und weiter nach Schaffhausen.

Zurück in Freienwil, kann man sich entscheiden: Entweder beendet man die Wanderung, oder man macht einen zweiten Abstecher zum «Erlebnisraum Wasser am Rickenbach», wo eine Feuerstelle und Spielmöglichkeiten zum Verweilen einladen. Dieser ist wie der Rundweg als eine von total 14 Massnahmen im Rahmen des neuen Landschaftsentwicklungskonzepts (LEK) seit 2020 entstanden. Dafür wurden unter anderem 25 Einzelbäume sowie zwei Baumkapellen am südlichen Dorfeingang gepflanzt, diverse Hecken und Teiche erstellt und ein Neophytenkurs durchgeführt. An der Umsetzung waren die Umweltkommission, der Natur- und Vogelschutzverein sowie die Kinder- und Jugendkommission unter Federführung der Firma Versaplan beteiligt. Verschiedene Organisation haben die Arbeiten finanziell unterstützt.