Über die Ursachen der Armut

Hobbyhistoriker Armin Käser referierte im Zehntenstock über die gesellschaftlichen Zustände Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.
Armin Käser berichtet im Zehntenstock von vergangenen Ereignissen. (Bild: ci)

Pro Oberflachs organisierte im Zehntenstock einen weiteren heimatkundlich-geschichtlichen Vortrag von Armin Käser. Im alten Haus, das Armin Käser einmal bewohnte, fand er im Estrich viele alte Urkunden. Geschichte interessierte ihn schon immer. Die Urkunden waren die Basis für seine Recherchen über die Namen und Hausbewohner in Oberflachs. Seine Dokumentation wurde von Pro Oberflachs übernommen und veröffentlicht. So kam es, dass sich auswärtige Personen mit einer möglichen Abstammung von Oberflachs an ihn wandten. Dank seines Wissens und seiner Untersuchungen konnten Verbindungen zu Verwandtschaften hergestellt werden.

Armut in Schinznach
Im Jahr 1853 stellte der damalige Pfarrer Müri von Schinznach fest, dass grosse Armut herrschte. Generell hatte es zu wenig Landfläche, um die Bevölkerung zu ernähren. Eine grössere Industrie fehlte, und nur wenige Arbeitsplätze gab es in der Posamenterei (Strohindustrie). Leichtsinnige Heiraten sowie uneheliche und eheliche Kinder vergrösserten die Probleme. Kinder mussten zur Verkostgeltung weggegeben werden. Die Armen sahen keine Möglichkeit zur Verbesserung ihrer Situation, und ihnen blieb nur die Hoffnung, den Lebensunterhalt durch Bettelei zu bestreiten. Zusätzlich überschwemmte die Aare den Schachen, sodass die Bünten fortgerissen wurden und weder Getreide noch Kartoffeln geerntet werden konnten. Die Leute litten an Unterernährung, und die Vorräte reichten nicht mehr lang. Pfarrer Müri stellte fest, dass ohne spezielle Massnahmen das halbe Dorf bis Mitte des nächsten Jahres eine Hungersnot erleiden würde.

Jede arme Familie erhielt einen Armenpfleger, ein Stück Land und Saatgut. Der Armenpfleger musste die Familie unterstützen und überwachte die Massnahmen hinsichtlich Moral, Sittlichkeit und Arbeitshaltung. Es galt, das Land mit dem zur Verfügung gestellten Saatgut zu bewirtschaften. Das wurde kontrolliert, denn nach der Ernte musste das geliehene Saatgut erstattet werden. Als Alternative, um der Armut zu entkommen, gab es nur noch den Söldnerdienst in fremden Diensten oder die Auswanderung nach Amerika. Im Jahr 1853 erhielten 41 Personen Geld von der Gemeinde für die Auswanderung.

Schicksal eines Kostgeldkindes
Referent Armin Käser erläuterte den Lebenslauf von Albert Käser, der am 16. Oktober 1912 geboren wurde. Da seine Mutter vier Monate nach der Geburt starb und der Vater Jakob Käser seine vier Kinder nicht gut geführt hatte, wurden diese verkostgeldet. Für das Jahr 1918 musste die Gemeinde für die vier Kinder insgesamt 400 Franken Kostgeld bezahlen. Albert kam zu einer Pflegemutter. Und er schrieb, dass er gut gehalten werde wie die drei eigenen Kinder. Nach der Schulzeit begann er eine dreijährige Lehre als Gärtner. Auch wenn er zwischendurch arbeitslos war, fand er immer wieder eine Arbeitsstelle. Während des Krieges heiratete er, und das Paar hatte vier Kinder. Albert Käser hatte das Leben gut gemeistert. In seinem Lebenslauf wünschte er sich 1975, dass er und seine Frau noch ein paar Jahre miteinander leben dürfen.