«Die Brugger Stadtmusikanten»

Eine bunte Truppe will den Alltag hinter sich lassen und sich auf den beschwerlichen Weg nach Brugg machen. Die Pläne werden durchkreuzt.
Theaterspielen befreit und beflügelt: Probe der Theatergruppe Insieme. (Bild: isp)

Dass gerade das nicht Perfekte und nicht Vollkommene manchmal eine Gesellschaft bereichert und ergänzt, fädelt Regisseurin und Theaterpädagogin Alma Jongerius bei der diesjährigen Produktion «Die Brugger Stadtmusikanten» der Insieme-Theatergruppe Brugg-Windisch gekonnt ein. Seit Beginn des Jahres sind die sechzehn Schauspielerinnen und Schauspieler, zu denen mitunter zwölf Darstellerinnen und Darsteller mit geistiger Beeinträchtigung gehören, aktiv am Üben.

Die Proben machen allen Beteiligten viel Spass. Man versteht sich richtig gut miteinander, und in den letzten Monaten haben sich die Teilnehmenden ganz ohne Zwang sogar schauspielerische Fähigkeiten angeeignet. Automatisch lauter zu sprechen oder sich auf der Bühne immer in Richtung Publikum hinzustellen, ist für die Mitglieder der Theatergruppe inzwischen selbstverständlich geworden.

Unterschiede in der bürger­lichen Gesellschaft
«Es ist bereits die neunte Produktion», erzählt Alma Jongerius. In der Truppe seien nicht bloss Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger, sondern auch langjährige Schauspielende mit dabei. «Aber wir freuen uns natürlich immer über neue Mitglieder», fügt sie an. Basis für das Freilufttheaterstück ist das Volksmärchen «Die Bremer Stadtmusikanten» der Gebrüder Grimm aus dem Jahr 1819.

Der alte Esel, der verkauft werden soll, flieht und sehnt sich nach einem besseren Leben. Ihm schliessen sich auf seiner Reise ein Hund, eine Katze sowie ein Hahn an. Was anfangs ausweglos erscheint, entpuppt sich zum Ende der Geschichte als realisierbar und zeigt eindrücklich, dass mit ganz viel Zusammenhalt und noch mehr Mut fast Unmögliches erreicht werden kann. Das bekannte Stück zeigt zudem die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen der bürgerlichen Gesellschaft und der Unterschicht klar auf.

Einmal im Mittelpunkt stehen
«Jeder Mensch steht irgendwann einmal in seinem Leben im Mittelpunkt», sagt Alma Jongerius. Das könne zum Beispiel bei der Hochzeit, einer Beförderung im Job oder bei der Geburt eines Kindes der Fall sein, so die Regisseurin. «Menschen mit Beeinträchtigung erleben das vielleicht seltener, und deshalb geniessen sie es richtig, für einmal auf der Bühne und somit im Fokus zu stehen.» Ein gutes Beispiel ist Simonetta (Helga Baumann), die Touristin. Unverkennbar mit schickem Hut und Kamera ausgerüstet, schliesst sie sich den Stadtmusikanten an und fotografiert alle Begebenheiten, um diese in ihrem Album fein säuberlich zu dokumentieren. Auch Verena (Doris Spielmann) legt sich mächtig ins Zeug. Sie strickt an einem langen Schal. «Aber eigentlich bin ich eine Statue», berichtet sie ganz enthusiastisch und blüht förmlich auf in ihrer Rolle. «Wir setzen uns ein für die Anliegen und Interessen der Menschen mit geistiger Beeinträchtigung – mit dem Ziel, diesen Menschen ein erfülltes Leben in unserer Gesellschaft zu ermöglichen und sie besser zu integrieren», sagt die Bruggerin Bea Steiner, der die Produktionsleitung obliegt. «Theaterspielen ist eine perfekte Möglichkeit dafür.»

Inspirierende Kulisse
Die rund 45 Minuten dauernden Vorführungen der Theatergruppe Insieme finden unter freiem Himmel statt, und zwar beim Lateinschulhaus in der Brugger Altstadt. Das stattliche Gebäude bietet eine inspirierende Kulisse für das Stück. Die acht Frauenfiguren in Statuenform zum Beispiel, die man dort an der Hauswand sieht, werden kurzerhand ins Theaterstück einge­flochten, und die lateinischen Inschriften finden ebenso eine andere äusserst witzige Verwendung im Stück. Bei den Vorführungen gibt es Livemusik von Peter Keller, und im Anschluss an die Vorstellungen findet ein Barbetrieb statt. Das Publikum darf also gespannt sein, ob die Stadtmusikanten ihr Ziel Brugg auch wirklich erreichen.

Premiere: Samstag, 3. Juni, 16 Uhr
Lateinschulhaus, Brugg
insieme-brugg-windisch.ch