Bus von Niederweningen bis Turgi

Eine neue Buslinie soll Surbtal- und Siggenthal verbinden und die Stadt Baden entlasten. Drei Gemeinden haben eine Projektstudie verfasst.
Neue Buslinie soll Surbtal und Siggenthal verbinden. (Bild: zVg)

Das Siggenthal und das Surbtal liegen geografisch zwar nahe beieinander, dennoch sind sie mit dem öffentlichen Verkehr (ÖV) nicht verbunden. «Das heutige Busnetz der RVBW und von Postauto ist stark auf den Knotenpunkt Baden Bahnhof ausgerichtet», sagt der Freienwiler Vizeammann Urs Rey. Wer zum Beispiel von Freienwil nach Nussbaumen will, muss mit den ÖV den «Umweg» via Baden in Kauf nehmen – und benutzt deshalb oft lieber das Auto. «Das erhöht den Ziel- und Quellverkehr in der Region.» Das soll sich nun ändern: Die Gemeinderäte von Ehrendingen, Freienwil und Obersiggenthal haben die Projektskizze «Buslinie Niederweningen–Turgi» erstellt, die eine Linienführung vom Bahnhof Niederweningen (ZH) via Ehrendingen, Freienwil, Hertenstein, Nussbaumen und Untersiggenthal (Schönegg) nach Turgi vorschlägt.

Dank Mitwirkung des GVK
Bemühungen um eine ÖV-Verbindung zwischen Nussbaumen und Ehrendingen gab es immer wieder. Nun scheint die Chance so gross wie nie: Im Rahmen des Gesamtverkehrskonzepts (GVK) des Raums Baden könnte sie die Region besser vernetzen. Der Wunsch nach sogenannten Tangentiallinien, die regionale Bahnhöfe verbänden, sei im Rahmen der laufenden Mitwirkung des GVK immer wieder genannt worden, sagt Urs Rey. In den ersten Mobilitätskonferenzen haben die Behördenvertretungen der Nachbargemeinden Ehrendingen, Freienwil und Obersiggenthal deshalb beschlossen, eine Projektskizze für eine Busverbindung Niederweningen–Turgi zu lancieren.

Die Bahnhöfe in Niederweningen und Turgi haben dabei attraktive regionale Verbindungen zur Entlastung vom Autoverkehr: Von Niederweningen fahren halbstündlich S-Bahnen in den Raum Zürich Nord, und von Turgi bieten die S27 und die S29 ebenfalls halbstündige Verbindungen ins untere Aaretal und den Raum Brugg–Aarau.

Ein Fahrzeug, ein Chauffeur
In der vorliegenden Projektskizze wird eine Linienführung von Niederweningen über Ehrendingen Tiefenwaag und Niedermatt hinüber nach Freienwil und von dort via Hertenstein nach Nussbaumen und Schönegg (Untersiggenthal) bis zum Bahnhof Turgi vorgeschlagen. Diese Strecke misst rund zwölf Kilometer, für den Fahrplan werden 21 Minuten angenommen. «Somit würde für die vorgeschlagene Buslinie ein einziges Fahrzeug reichen, was optimale Kosten bedeutet», so Urs Rey. Bisherige Bemühungen um eine Verbindung zwischen Ehrendingen und Obersiggenthal via Freienwil waren stets an den hohen Kosten für die beteiligten Gemeinden gescheitert.

Der Bus würde vorerst im Stundentakt verkehren. Die Abfahrtszeiten wären mit den Zeiten der S-Bahnen abgestimmt, und der Bus könnte zur vollen oder halben Stunde fahren. Wie sieht es mit den Haltestellen aus? Auf der geplanten Linie besteht bereits ein dichtes Haltestellennetz mit Busbuchten. «Und auf der neu bedienten Achse Freienwil–Nussbaumen Landschreiber rechtfertigt der eher mässige Verkehr Haltestellen im Strassenraum», so Urs Rey. Zwei Stellen müssen dabei speziell betrachtet werden. Da die Haltebuchten von Ehrendingen-­Niedermatt auf der Südseite des Kreisels (Richtung Baden) liegen, muss die Linienführung entsprechend angepasst werden. Das ermöglicht aber gleichzeitig einen schlanken Anschluss an die Postautolinie 352 von Baden nach Tiefenwaag und damit die seit Langem gewünschten halbstündlichen Verbindungen von Baden nach Freienwil.

Ob die Haltestelle Freienwil Dorf angefahren werden kann, ist ungewiss. (Bild: is)

Freienwil: Jetzt oder nie!
In Freienwil befindet sich der zweite «Knackpunkt»: Aus heutiger Sicht erscheint es gemäss der Projektskizze fraglich, ob der enge Fahrplan eine «Schlaufe» ins Dorf erlaubt, wo sich die einzige Bushaltestelle Freienwils befindet. «Es ist wohl nicht möglich, sowohl ins Dorf hineinzufahren als auch alle Anschlüsse zu gewährleisten. In diesem Fall wäre der Gemeinderat Freienwil bereit, eine neue Haltestelle Freienwil-Moos bei der Verzweigung nach Ehrendingen in Betracht zu ziehen», sagte Urs Rey an einer Infoveranstaltung am Mittwochabend in Freienwil. Der Gemeinderat sieht dabei Synergien mit der derzeit laufenden Revision der Bau- und Nutzungsordnung (BNO), in der die Ver­lagerung einer bestehenden kleinen Arbeitszone an die Kreuzung mit entsprechenden Anschlüssen vorgesehen ist.

Die Lage ausserhalb des Dorfs sei gar nicht so abgelegen, wie auf den ersten Blick vermutet werde: «Der Grossteil des Dorfs befindet sich im Radius von 500 Metern. Und die Haltestelle könnte durch einen Fuss- und Veloweg ans Dorf angeschlossen werden», erläuterte Urs Rey. Er ist überzeugt, dass sich für seine Gemeinde mit dieser regionalen Linie die Chance bietet, endlich die lang erhofften besseren Verbindungen zu erhalten: «Jetzt oder nie! Es passt ins regionale Gesamtverkehrskonzept, und mindestens zwei weitere Gemeinden machen mit.»

Neue Beziehungen schaffen
In der Projektskizze werden die Vorteile der vorgeschlagenen Linie beleuchtet. Die Achse Turgi–Nieder­weningen biete gute Voraussetzungen zur Demonstration der Mög­lich­keiten einer Tangentialverbindung, zur Er­höhung der Attraktivität des ÖV und zur Reduktion des allge­meinen Verkehrs. Die Linie würde den beteiligten Gemeinden und Ortschaften neue Beziehungen ermöglichen. Von Ehrendingen käme man direkt ins Siggenthal und zum Bahnhof Turgi (mit Anschluss nach Zurzach und Brugg–Wildegg–Aarau). Freienwil hätte direkte Verbindungen nach Niederweningen und ins Siggenthal sowie halbstündige Verbindungen von und nach Baden (mit Umsteigen).

ÖV für Ortsteil Hertenstein
Auch Obersiggenthal würde von der neuen Verbindung nach Ehrendingen–Niederweningen profitieren – mit einem Anschluss Richtung Zürich Nord und ab Turgi nach Brugg–Wildegg–Aarau. Zudem wäre der Ortsteil Hertenstein neu an den ÖV angeschlossen mit Verbindung zum Einkaufszentrum Markthof, zum Oberstufenzentrum (Osos) und zum Schwimmbad. Turgi und Untersiggenthal hätten ebenfalls neue Verbindungen, was die Attraktivität als Wohnort zusätzlich steigert. «Die Linie würde also die Bedürfnisse verschiedener Gemeinden abdecken», ist Rey überzeugt.

Pilotbetrieb ab Ende 2024?
Die kommunalen, regionalen und kantonalen Gremien wurden von den drei Gemeinderäten kürzlich informiert. Als nächster Schritt ist die Abklärung der Machbarkeit bezüglich Fahrplan nötig, danach folgt die Einholung von Offerten bei Postauto und RVBW. Anschliessend muss die Finanzierung geklärt werden. Wann die neue Bus­linie in Betrieb genommen werden könnte, kann Urs Rey noch nicht sagen. «Dafür ist es zu früh, es ist noch vieles zu klären. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Pilotbetrieb ab Dezember 2024 denkbar wäre.»

Kein Umweg mehr via Baden: Die Route Turgi–Niederweningen wäre rund 12 Kilometer lang, mit einer Fahrzeit von 21 Minuten. (Bild: zVg)