Die Natur vor Augen geführt

Der Remiger Reb- und Kulturweg wurde um zwei Wald­strecken erweitert und ist nun ein attraktiver Erlebnisparcours.
An der Beugihalde erläuterte der Winzer Bruno Hartmann, wie in Remigen, der drittgrössten Aargauer Rebgemeinde, Weinbau betrieben wird. (Bild: zVg | Ina Wiedemann)

Rund sechzig Remigerinnen und Remiger staunten, was ihnen am Freitagabend in ihrer Umgebung, im Rebberg und im Wald vor Augen geführt und vom einheimischen Winzer Bruno Hartmann, vom Gemeindeförster Oliver Frey und von Anja Trachsel vom Jurapark Aargau fachkundig erklärt wurde. Am Ziel des zweistündigen Rundgangs auf dem erweiterten Reb- und Naturwanderweg teilte die stattliche Teilnehmerschar die Meinung von Gemeindeammann Markus Fehlmann, dass Remigen um eine landschafts- und naturkundliche Attraktion reicher geworden ist.

Der erweiterte Erlebnisparcours ergänzt das ausgedehnte Wanderwegnetz sowie die Kultur- und Themenwege in der Region Brugg wie die Römerstrasse über den Bözberg und den Flösserweg von Laufenburg nach Stilli.

Kürzere und längere Strecke
Der Lehrpfad entstand auf Initiative des Juraparks Aargau, dem Remigen als eine der jüngsten der 31 Mitgliedgemeinden vor drei Jahren beitrat, sowie mit der Unterstützung des Weinguts Hartmann und des Gemeindeforstamts. Eine kürzere und eine längere Route vermitteln Einblicke in die Fauna und Flora, mit Informationen über den Weinbau, den Wald und die Naturlandschaft am Bützberg, einem Ausläufer des Tafeljuras zwischen dem Bözberg und dem Geissberg.

Die kürzere, gut drei Kilometer lange Strecke verläuft vom Remiger Kirchlein St. Peter auf mittlerer Höhe an der sonnigen Südflanke des Bützbergs durch den Rebberg Beugihalde. Das erste Teilstück folgt dem von Bruno Hartmann und weiteren Remiger Winzern vor 14 Jahren angelegten Reb- und Kulturweg. Dann führt die Route hangwärts in die fjordähnliche Geländekammer Oberweil. Von dort geht es durch den Wald zurück auf den aussichtsreichen Flurweg zwischen Rebberg und Waldrand an der oberen Kante der Beugihalde.

Die längere Strecke misst knapp acht Kilometer. Sie zweigt beim Beugiacher Hof Richtung Mönthal ab, führt in den ebenfalls fjordähnlichen Geländeeinschnitt Schwändi und auf gut begehbaren Waldwegen um den 647 Meter hohen Bützberg mit seinem Plateau und den steilen Flanken herum zurück zum Ausgangspunkt bei der Remiger Kirche.

Juraparkpräsident Thomas Vetter überreicht Winzer Bruno Hartmann für dessen naturgerechte Produktion eine Urkunde. (Bild: HPW)

Das Ökosystem Rebberg
Der Winzer Bruno Hartmann erklärte anschaulich, dass der Rebberg mehr als ein Traubenstandort ist – nämlich ein komplexes ökologisches System. Die umweltschonende Bewirtschaftung hat Priorität. Die Rebreihen sind gegen Bodenerosion begrünt, und die biologische Bekämpfung von Schädlingen erfolgt mit Nützlingen. Es kommen weniger Pflanzenschutzmittel und nur noch Wirkstoffe zum Einsatz, die von Sonnenlicht und Bodenorganismen abgebaut werden.

Bruno Hartmann pflanzte zur Erhöhung der Biodiversität jüngst Dutzende Rebbergpfirsiche; deren Blühet bereichert die Landschaft und bietet zudem den Bienen im Frühjahr erste Nahrung. Durch die Beugihalde führt ein Wildkorridor mit Blumenwiese, Ast- und Steinhaufen, die Tieren Schutz gewähren – zum Beispiel dem Wiesel, das jährlich etwa 700 Mäuse fängt.

Auf dem Rundgang wurde bei Hartmanns Römerrebberg haltgemacht, einem Aussenposten des Legionärspfads Vindonissa. Hier wird dargestellt, wie die Legionäre von Vindonissa vor 2000 Jahren den Weinbau in unsere Gegend brachten, die Reben erzogen und die Trauben zu Wein kelterten. Drei weitere solche Anlagen gibt es in Oberflachs, Schinznach und Villigen. Sie sind schweizweit einmalig. Der Remiger Römerrebberg liegt an einem viel begangenen Wanderweg und ist mittlerweile eine regionale Tourismusattraktion.

Freude und Sorgen im Wald
Der erweiterte Naturweg vermittelt auch Informationen über den Wald. Sie tragen die Handschrift des Revierförsters Oliver Frey. Er stellte auf dem Rundgang eine lichte, kantonsweit beachtenswerte Föhrenwaldfläche vor, wobei er hofft, zunehmend auf seltene Pflanzen wie Orchideen zu treffen. Auf dem erweiterten Waldparcours sind ausserdem ein unter Schutz stehender Eichenwaldperimeter, in dem nur zweimal innert fünfzig Jahren Eingriffe erfolgen dürfen, sowie eine Eichenwaldverjüngung und eine Hecke als wertvoller Lebensraum zu sehen.

Oliver Frey ging zudem auf das Thema «Der Wald im Klimawandel» ein. Buchen, Fichten (Rottannen) und selbst die lang für resistent gehaltenen Weisstannen leiden besonders unter der Trockenheit, wie sich an immer stärker zutage tretenden Schäden ablesen lässt, während die Eschen von dem aus Ostasien stammenden Pilz Hymenoscyphus fraxineus (Eschenwelke) betroffen sind. «Das Tragische ist, dass im Waldrevier Remigen 80 Prozent der Bäume zu den gefährdeten Arten gehören», erklärte Förster Frey. Er schilderte, wie er bereits gezielt einheimische «Zukunftsbäume» anpflanzt, die dem sich ändernden Klima besser gewachsen sind.

Die Teilnehmenden zeigten sich von dem, was sie auf der Lehrpfaderöffnung zu sehen und zu hören bekamen, sichtlich beeindruckt. Der Rundgang endete oberhalb Remigens mit schöner Aussicht bei einem Apéro und einem Risotto.