10 Tage – 10 Eindrücke

Zehn Menschen aus unterschiedlichen Bereichen berichten, wie sie die Badenfahrt erlebten
Zehn Tage lang ein rauschendes Fest mit Konzerten, Tanz, Musik und kulinarischen Highlights. (Bilder: sim, is, bkr)

Zehn Tage lang war ­Baden in Fahrt. Die Jubiläums-Badenfahrt Neo- war ein Volksfest für alle – und strahlte mit ihrer Lebendigkeit und Festlaune weit über die Kantonsgrenzen in die ganze Schweiz aus. Für die «Rundschau» schauen zehn Beteiligte aus verschiedenen Blickwinkeln nochmals zurück auf die zehn verrückten Tage vom 18. bis 27. August 2023. Wie haben sie die Badenfahrt erlebt? Welche Highlights bleiben ihnen in Erinnerung?

Dirk Günther, Fahrdienst und Leitstelle RVBW

«Für einen Buschauffeur ist Geduld das A und O – ob im Feierabend­verkehr oder an einer Badenfahrt. Ich bin seit 16 Jahren bei den Regionalen Verkehrsbetrieben Baden- Wettingen (RVBW). Bei meiner dritten Badenfahrt war das Umleitungskonzept von Beginn an klar definiert. 2017 herrschte bereits eine halbe Stunde nach Festbeginn Chaos auf der Hochbrücke. Nun hatten wir mehr oder weniger freie Bahn. Wenn doch mal Leute vor dem Bus hergingen, betätigte ich unseren ­Jingle – eine kurze Melodie –, und dann machten sie die Strasse frei. Die zehn Tage fand ich nicht stressig, sondern cool. Die meisten Fahrgäste waren sehr gut drauf, man konnte auch mal einen Spruch machen. Vorfälle mit Betrunkenen gab es kaum. Das einzige Problem waren die Wildpinkler im Bustunnel. Das grösste Lob gebührt jedoch unseren Mitarbeitenden im Depot, die im 24-Stunden-Betrieb im Einsatz waren – eine Wahnsinnsarbeit!» (is)

Vivienne Goethals, Festpassverkäuferin

«Insgesamt habe ich an dieser Badenfahrt sechs Mal Festpässe verkauft. Zu dem Job kam ich über den Blauring St. Sebastian, der – genau wie viele andere Vereine aus der Umgebung – angefragt wurde, an der Badenfahrt mitzuhelfen. Es ist eine angenehme Aufgabe, die meisten Leute sind sehr nett. Sieben Stunden auf den Beinen zu sein, ist aber anstrengend. Abschätzen, wie viele Festpässe ich während meiner Schichten verkauft habe, kann ich wirklich nicht. Besonders weil wir auch sehr viele Papiertickets in Festbändel umgetauscht haben. Wie gross der Andrang ist, hängt stark davon ab, wo man steht. Unten beim Bahnhof hat man in der Regel alle Hände voll zu tun. Nach meinen Einsätzen ging ich natürlich privat an die Badenfahrt. Ein persönliches Highlight war die Färbi-Beiz mit ihren Waschmaschinen an der Kronengasse.» (sim)

Patrizia Meier, Festbesucherin und Helferin

«Ja, ich war jeden Tag an der Badenfahrt. Dreimal hatte ich einen Einsatz hinter der Bar im ‹Balineum›, ansonsten war ich als Festteilnehmerin unterwegs. Mir hat das Programm dieses Mal wirklich gut gefallen. Und auch die meisten Festbeizen sahen super aus, es war einfach wahnsinnig toll. Vermisst habe ich einzig mehr ruhige Rückzugsorte wie den ‹Salon Vert›, bei denen man sich hinsetzen, entspannen und dem Trubel kurz entfliehen konnte. Teilweise hatte es mir zu viele konkurrenzierende Bühnen mit unterschiedlicher Musik auf sehr engem Raum. Insgesamt fand ich es aber sehr beeindruckend zu sehen, was alles auf die Beine gestellt wurde und wie viele Stunden Freiwilligenarbeit und Herzblut der Organisierenden in der Badenfahrt steckten. Hinzu kam das breite kulturelle Angebot mit all den vielen tollen Konzerten. Ich war total begeistert.» (sim)

Gordana Stevic, Kud Kolo Baden

«In unserem Lokal, das im Stil des Belgrader Stadtteils Skadarlija eingerichtet war, herrschte ab der ersten Stunde durchgehend Hochbetrieb. ­Jeden Abend gab es Livemusik aus Novi Sad; die Menschen klatschten, sangen und tanzten. Wir waren sehr laut, und es gab Reklamationen aus Ennetbaden. Wir haben aber selbst gemessen, und es waren nur drei ­Dezibel über dem erlaubten Wert. Neben Cevapcici und Spanferkel war vor allem der Eliksir-Schnaps sehr beliebt – davon gingen 8500 Fläschchen über den Tresen! Wir nahmen mit unserem serbischen Folkloretanzverein ausserdem am Umzug teil und trugen traditionelle Trachten. Persönlich fände ich es schön, wenn wir nächstes Mal zentraler in der Stadt oben sein könnten, dort hätten wir mehr Platz, und logistisch wäre es für die Anlieferung einfacher. Die Limmatpromenade war oft verstopft. Immer freitags und samstags hatten wir an den Eingängen eine eigene Security, um keine Probleme zu bekommen.» (is)

Felix Meier, Brauerei H. Müller AG (Müllerbräu)

«Als Generalunternehmer in Sachen Getränke und Logistik konnten wir garantieren, dass jederzeit genügend und gekühlte Getränke zur Verfügung standen. Ich habe während des ganzen Fests niemanden getroffen, der kein kaltes Bier getrunken hat. Bei so einem Grossanlass braucht es eine zentrale Plattform, Jekami ist keine Option. In unserer ‹cooling city›, dem Logistik-Hub auf dem Müllerbräu-Areal, hatten wir 50 zusätzliche Helfer während dieser Zeit, ein Grossteil waren Studenten der FHNW. Diese Zusammenarbeit hat sich bewährt. Es wird für alle eine Abschlussparty geben. Ein Erfolg war das ‹Neo-›-Bier: 265 000 Dosen wurden ausgeliefert, und ab Donnerstag schoben wir die regulären schwarzen Müllerbräu-Dosen nach. Es war ein einmaliges, einzigartiges Fest. Nach der Badenfahrt wollen wir mit der Arealentwicklung beginnen. Die Stadt hat unser Projekt bewilligt, aber wegen einer Einwendung ist es noch nicht rechtskräftig.» (is)

Urs Wiezel, Blasorchester Baden Wettingen

«Früher war ich selbst wiederholt Teil des Badenfahrt-Komitees und habe das Volksfest mitorganisiert. Deshalb bin ich heute noch sehr Badenfahrt-affin. Mein Auftritt mit dem Blasorchester Baden Wettingen war mein erster Badenfahrt-Einsatz in dieser Funktion. Das war eine sehr hitzige Angelegenheit, und das nicht nur wegen der sehr hohen Temperatur. Unser Projekt war eine neue Art, Blasmusik zu machen, deshalb standen wir besonders vor der Premiere etwas unter Druck. Wir haben etwas gewagt, und nach dem ersten Konzert konnte man, glaube ich, sagen, dass uns das Programm gelungen ist. Wobei «gelingen» für mich heisst, dass man merkt, wo man vielleicht noch ein klein bisschen mehr aus den Stücken herausholen kann. Auf jeden Fall ist ein Auftritt an der Badenfahrt absolut einzigartig, das schlägt eigentlich alles Bekannte. Und natürlich genoss ich die Badenfahrt auch privat.» (sim)

Dominique Keller, Geschäftsstelle OK Badenfahrt

«Während der Badenfahrt war ich zentrale Anlaufstelle für Vereine, Besuchende und Anwohnende. Trotzdem konnte ich das Fest geniessen. Jeder Abend hatte etwas Spezielles. Das ganze Konzept war ein Highlight! Nun ist alles schon wieder vorbei … Es ist, als stünde man stundenlang in der Küche, kocht mehrere Gänge – und in zehn Minuten ist alles gegessen. Unsere Arbeit hat vor drei Jahren begonnen. Seit Sommer 2022 war ich praktisch nur noch für die Badenfahrt im Einsatz und hatte kaum noch Zeit, im Trudelkeller und in der Brühbar zu sein. Im Gegensatz zu 2012 und 2017 waren dieses Mal viele neu im Organisationskomitee. Da ich seit 2011 dabei bin, konnte ich meine Erfahrung immer wieder einbringen. Wir waren wie eine Familie und haben uns gegenseitig geholfen. Das loszulassen, fällt schwer. Ich freue mich aber darauf, wieder Freizeit zu haben. Und im Februar werde ich zum ersten Mal Mutter. Dann beginnt ein neuer Lebensabschnitt.» (is)

Leo Scherer, Festbesucher

«Die Einladung der Stadt Baden zu einem Anlass für Seniorinnen und Senioren im Kurtheater freute mich und war am ersten Montag mein persönlicher Auftakt zur Badenfahrt 2023. Nein, meine erste Badenfahrt war das nicht – im Gegenteil. Meine aktive Badenfahrt-Karriere begann mit meiner Ausbildung zum Koch. Nach einer ersten Stelle in der Küche des Kursaals – das war noch in der Zeit des Tafelsilbers – arbeitete ich bei der BBC, später bei der ABB. Erst als Koch im Martinsberg, dann als Leiter der Kantine im Brisigi. Und Badenfahrt für Badenfahrt kochte ich in den Festbeizen der Firma, stand aber ebenso für den Quartierverein Kappelerhof im Einsatz. Speziell in Erinnerung geblieben ist mir die Badenfahrt 1977: ‹Freut euch des Wassers›. Ich war einer der Teilnehmer im grossen Festumzug.» (bkr)

Anita Merker, Umzugsteilnehmerin

«Wir waren am Umzug das gekrönte Meer. Der Aufwand für die beiden Festumzüge allein war relativ gross, vor allem neben all den anderen Aufgaben, die das Betreiben einer Festbeiz so mit sich brachte. Zuletzt hatten wir zweimal keinen Umzug. Als es dieses Mal hiess, es gäbe wieder einen, stöhnten anfangs alle auf. Es war deshalb zu Beginn auch nicht einfach, genügend Leute zu finden, die mitmachen wollten, glücklicherweise konnten wir dann doch noch genügend Leute auftreiben. Am Ende ist der Umzug aber immer etwas Tolles, und ich persönlich finde, es ist ehrensache, daran teilzunehmen. Dazwischen fragt man sich schon manchmal, weshalb man den ganzen Aufwand auf sich nimmt. Wenn es dann aber so weit ist, ist es einfach eine grandiose Stimmung. Wenn viele Leute kommen und Freude am Festumzug haben, dann ist das ein sehr schöner Lohn für die Arbeit und die Mühen.» (sim)

Roger Reich, Werkhof Stadt Baden, Schreinerei

«Normalerweise beginnt mein Arbeitstag um 6.30 Uhr. Während der Badenfahrt ging es zehn Tage lang um 5 Uhr los. Denn Punkt neun musste alles sauber sein. Dann gab es Znüni für alle im Werkhof. Für die Stadt­reinigung haben wir super Maschinen. Wir waren mit 15 Fahrzeugen plus 5 Wischmaschinen und 2 Kehrichtwagen im Einsatz, die danach gereinigt wurden – die meisten innen und aussen. Bei der Morgenreinigung wurden wir von freiwilligen Helfenden aus Politik und Verwaltung unterstützt. Ich war unter anderem mit der Badener Einwohnerratspräsidentin Iva Marelli und Astrid Barben, Frau Vizeammann aus Turgi, unterwegs. Zwischenmenschlich eine tolle Erfahrung! Generell haben die Festbesuchenden an den Dreierstationen den Abfall – Alu, PET und Kehricht – sehr gut getrennt. Ins­gesamt war die Stimmung im Team top. Trotz der hohen Belastung hatten wir in den zehn Tagen weder Unfälle noch Verletzungen.» (is)