Brugg wird im September erneut für vier Tage zur beflaggten Festivalstadt. Die Dokumentarfilmtage feiern die Gattung des nicht fiktionalen Films und zeigen dessen Vielfalt auf Grossleinwand in den Kinos Excelsior und Odeon, im Salzhaus sowie in der Kunstgalerie Zimmermannhaus mit über 50 Filmen aus der ganzen Welt. Darunter sind etliche Schweizer Premieren, und mit dem neuen Film «Ihr könnt jetzt gehen» von Hanspeter Bäni eine Weltpremiere. Gespräche mit Filmschaffenden aus dem In- und Ausland, ein Wettbewerb für junge Dokumentarfilmschaffende, Ausstellungen, ein Bühnenstück und Kulinarik bilden den Rahmen um das vielseitige Programm.
Themenfülle in Filmporträts
Das diesjährige Brugger Dokumentarfilmfest hat sich bei der Programmgestaltung dem Schwerpunktthema Porträt verschrieben. Filmporträts sind als cinematische Produktionen im Vergleich zu Filmbiografien viel dokumentarischer geprägt. «Hier bietet sich eine riesige Fülle an Filmen», sagt Festivalleiter Stephan Filati. «Das Programm gibt einen Überblick über das aktuelle Dokumentarfilmschaffen aus der ganzen Welt mit Fokus auf die Schweiz.» Zudem wird das Thema Porträts im Dokumentarfilm mit einem Podium und einer Retro-spektive aus acht Filmen behandelt.
Einer der beiden Schweizer Filme, die in Brugg Premiere feiern, ist «Beyond Tradition – Kraft der Naturstimmen». Darin blicken die beiden Schweizer Filmschaffenden Lea Hagmann (41) und Rahel von Gunten (40), die sich Drehbuch und Regie teilen, durch die Kameralinse auf die Frage, was Tradition bedeutet. Die beiden Filmschaffenden wählten dafür drei unterschiedliche Gesangsarten und inszenieren sie als Hauptstimmen ihres dokumentarischen Erzählens: Den Appenzeller Naturjodel, den Joik der skandinavischen Sami und die Polyphonie des georgischen Jugendchors Tutarchela. «Musik berührt die meisten Menschen, deshalb ist es ein sehr dankbares Thema, um es in die Welt zu tragen», sagt Hagmann. Das Thema Tradition beschäftigt die Musikethnologin seit über zehn Jahren. «Es war ein wesentlicher Bestandteil meiner Doktorarbeit, in der es um ein Volksmusik-Revival in Cornwall geht.» Dort streiten sich zwei Gruppen, die Anhänger der Volksmusik sind. «Die einen wollen, dass diese Musik immer originalgetreu gespielt wird; die anderen greifen Elemente aus der traditionellen Volksmusik auf und schaffen damit etwas Neues.» Bei den Filmarbeiten sei von Gunten die Frau fürs Auge und Hagmann die Frau fürs gesprochene Wort gewesen, benennt die Musikethnologin die Arbeitsaufteilung. «Wie ich das von meiner Arbeit beim Radio kenne, habe ich zuerst die Sätze aus den Interviews extrahiert, und Rahel hat dazu die passenden Bilder gefunden.» Der Film «Beyond Tradition» verflicht Stimmen, Klang und Musik zu einer neuen Interpretation von traditioneller Musik, die sich gegen zu enge Vorstellungen wehrt. «Tradition und Identität sind keine starren Konzepte, sie verändern sich ständig, werfen Altes ab, nehmen Neues auf – sie leben», möchten Hagmann und von Gunten aufzeigen.
Neu mit Kurzfilmwettbewerb
An den Brugger Dokumentarfilmtagen wird dieses Jahr zum ersten Mal ein Kurzfilmwettbewerb für junge Filmschaffende im Bereich Dokumentarfilm lanciert. «Über 120 Filme aus ganz Europa wurden eingereicht und von einer dreiköpfigen Jury bewertet, 20 davon werden am Festival gezeigt», berichtet Stephan Filati. Aus den 90-minütigen Vorstellungen, in denen jeweils fünf bis sechs Kurzfilme gezeigt werden, kann ein Favorit gewählt und zum Publikumsfilm gekürt werden. «In den Kurzfilmen sieht man eindrücklich, was Dokumentarfilme alles können», so der Festivalleiter. «Sie sind unglaublich vielseitig und begeistern ein junges Publikum.»
brugger-dokumentarfilmtage.ch