Menschen vernetzen

Christina Zweifel leitet seit sieben Jahren die kantonale Fachstelle Alter und Familie und nimmt Stellung zur Alterspolitik der Gemeinden.
Christina Zweifel: «Ist die Gemeinde Absenderin der Informationen zu Altersfragen, gibt das Sicherheit». (Bild: cf)

«Prost 65+» heisst der Titel eines Kurzfilms, den die Fachstelle Alter und Familie realisiert hat. Das Video wird in jenen Gemeinden gezeigt, die sich für die Organisation eines Jungseniorinnen- und Jungseniorenapéros interessieren. Mit einem solchen Anlass kann Menschen an der Schwelle zum Pensionsalter eine Plattform geboten werden, um neue Kontakte zu knüpfen, Erfahrungen zu teilen und Interessen zu entdecken. Der Jungseniorinnen- und Jungseniorenapéro ist nur eine Anregung für Gemeinden zur Gestaltung der Alterspolitik. Weitere Ideen sind auf der Website des Kantons zu finden (ag.ch/alter).

Die Alterspolitik betrifft sämtliche Lebensbereiche der älteren Menschen, die nicht direkt mit der Langzeitpflege zu tun haben. Die auf Anfang 2023 aktualisierten kantonalen Leitsätze definieren, woran es bei der Umsetzung der Alterspolitik auf Gemeindeebene zu denken gilt. Gemäss der Bestandsaufnahme von 2021 betreiben im Aargau rund 65 Prozent der Gemeinden Alterspolitik. «Eine unserer Herausforderungen sind jene Gemeinden, die wir nicht erreichen», bemerkt Christina Zweifel, die sich schon in ihrer Dissertation in Humangeografie mit der Alterspolitik der Schweizer Gemeinden befasst hat. «Dabei zeigt sich klar, dass eine funktionierende Alterspolitik dazu beitragen kann, die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft anzugehen.»

Unterschiedliche Voraussetzungen
Christina Zweifel und ihr Team verstehen sich in Bezug auf die Alterspolitik als Dienstleisterinnen für die Aargauer Gemeinden. In manchen Gemeinden gibt es Altersfachstellen, die Akteure vernetzen, Aktionen kommunizieren und Angebote weiterentwickeln. In vielen Ortschaften liegt das Thema auf dem Pult einer Gemeinderätin, eines Gemeinderats und ist vom persönlichen Engagement abhängig. «Manchmal ist der Ansatz innovativ, manchmal altbewährt. Was sich überall zeigt, ist, dass, wenn mit einem kleinen Projekt ein Erfolg erzielt werden konnte, die Motivation steigt, etwas Grösseres anzupacken.» Dass es letztlich selten an Akteuren mangelt, sondern an deren Koordination, bestätigt auch Christina Zweifel. «Zentral in der Alterspolitik ist, Menschen zu vernetzen. Es braucht aber jemanden, der das macht.»

Erfahrungsaustausch ist wichtig
Seit 2016 leitet Christina Zweifel die kantonale Fachstelle Alter und Familie. Per 1. November wird sie ­Geschäftsführerin von Curaviva Schweiz, dem Branchenverband von etwa 1700 Dienstleistern für Menschen im Alter. Mit Blick auf die letzten sieben Jahre betont die 37-Jährige: «In der Alterspolitik müssen wir das Rad nicht grundsätzlich neu erfinden.» Vielmehr gelte es, voneinander zu lernen und spannende Themen in den Fokus zu rücken.

Dazu tragen diverse Veranstaltungen der Fachstelle Alter und Familie bei, die den Erfahrungsaustausch, die Vernetzung und die Weiterbildung der lokal und regional Beteiligten fördert.

Wohnen und Teilhabe
«Ich habe Freude daran, wie sich bisher alles entwickelt hat. Damit die Alterspolitik nachhaltig ist, muss Funktionierendes nun gut verankert werden», bilanziert Christina Zweifel. Zentral aus ihrer Sicht ist zudem, dass die Alterspolitik partizipativ angelegt ist, also Zuständige der Gemeinden gemeinsam mit Seniorenvertretungen und Organisationen schauen, was nötig ist.

Als Schwerpunkte in naher Zukunft bezeichnet sie die Wohnformen im Alter und die soziale Teilhabe. Beim Wohnen gelte es, einen Weg zu finden zwischen individuellem Plan und gesellschaftlichem Geschehen. Hinsichtlich sozialer Teilhabe stellt Christina Zweifel einerseits fest, dass Familien immer weiter verzweigt voneinander leben. Andererseits schrumpft der eigene Lebensraum mit zunehmendem Alter. «Je näher also die Gemeinden an den Bedürfnissen der älteren Menschen vor Ort agieren, desto wirkungsvoller ist die Alterspolitik.»