Mönthal oder Müendel, wie die Einheimischen sagen, ist «weit weg vom Schuss». Abseits von Brugg, abseits vom nächsten Bahnhof und abseits von der nächsten Autobahnausfahrt, aber immerhin mit einem Postauto, das halbstündlich fährt, mit dem Bezirkshauptort verbunden. Die Gemeinde liegt mitten im Jurapark in einer weiten Mulde unterhalb der Ampfernhöhe zwischen Faltenjura und Tafeljura. Hügel umgeben Mönthal – «das liebliche Tal»: die Burghalde im Osten, die Egg im Norden, der Hommel im Westen und die Winterhalde im Süden. Es ist ein exzellentes Wander- und Erholungsgebiet. Das Gemeindewappen drückt es mit drei Sternen, drei Bergspitzen und einem strahlend blauen Himmel aus.
Mit knapp 400 Einwohnern ist Mönthal nach Mandach die zweitkleinste der 20 von einst 32 verbliebenen Gemeinden im Bezirk Brugg. Sie besitzt noch eine Gaststätte, einen Vollerwerbslandwirtschaftsbetrieb, eine Kleinbrauerei, einen Chocolatier, eine Schreinerei-Zimmerei und einen Abschleppdienst, aber keine Schule, keine Post und keinen Dorfladen mehr. Dennoch begeht «Müendel» geschichts- und selbstbewusst seinen 750. Geburtstag, der sich auf die erste urkundliche Erwähnung im Jahr 1273 bezieht. Der Ort ist indessen viel älter. Funde belegen eine Besiedelung bereits in der Jungsteinzeit und in der Bronzezeit um 4000 bis 3000 v. Chr.
Intakte Dorfgemeinschaft
Der flüchtige Eindruck von Mönthals Abgeschiedenheit täuscht. Denn drei Juraübergänge führen weiter: über die Apfernhöhe nach Sulz-Laufenburg ins Rheintal und via Elfingen-Bözen ins obere Fricktal, über die Bürersteig nach Hottwil und Gansingen ins Mettauertal und der dritte über Sennhütten auf den Bözberg und durch das Kästhal nach Effingen. Zwei beliebte Ausflugsziele befinden sich hart an der Gemeindegrenze: die Sennhütten-Beiz und der Cheisacher Aussichtsturm. Die jahrhundertealte Kirche dagegen steht mitten im Dorf, und am sonnigsten Talhang liegt der Rebberg.
Die intakte Dorfgemeinschaft werde durch Vereine, Feuerwehr, Theatergruppe und private Aktivitäten gestärkt, stellte Gemeindeammann René Birrfelder schon in der 2014 vom früheren langjährigen Dorfschullehrer Alban Burkardt verfassten Dorfchronik fest. Der gute Zusammenhalt bestätigte sich am letzten Freitag an einem Empfang, den Mönthal für die Behörden der umliegenden Gemeinden gab. Einer von mehreren über das ganze Jahr verteilten Jubiläumsanlässen, die laut Vizeammann Roland Koller bis anhin alle sehr gut besucht waren. Die Männerriege Mönthal schmiss den Abend souverän und servierte ein feines Risotto, die Musikgesellschaft spielte zum Apéro auf, und zwei prominente Redner würdigten die Gemeinde.
Ein Stück Heimat
Regierungsräte würden in Mönthal nur alle paar Jahre gesichtet, deshalb freue ihn der Besuch des «Innenministers» Dieter Egli umso mehr, betonte Gemeindeammann Birrfelder. Der regierungsrätliche Gast «fremdelte» keineswegs, im Gegenteil: Für ihn sei die Gegend um Mönthal ein Stück Heimat und seit der Jugend aufgrund von Jungwacht-Zeltlagern sowie Familiensonntagswanderungen vertraut, erklärte Dieter Egli. Später habe er in «Müendel» auch SP-Wahlplakate auf- und immer wieder nachgehängt, weil sie meistens rasch verschwunden seien. (In Mönthal hat die SVP über 50 Prozent und die SP unter 10 Prozent Wähleranteil.)
Als gutes Zeichen wertete Regierungsrat Egli den Umstand, dass Mönthal kürzlich einen vakanten Gemeinderatssitz mit einer Kandidatenauswahl besetzen konnte. Dafür dankte er den Kandidierenden. Und es sei wohl kein Zufall, dass das Dorf seine Nachbarn am Jubiläum teilhaben lasse. Die Losung heisse: «Zusammenarbeit wo nötig und Eigenständigkeit wo möglich.» Persönlich finde er zwar, dass eine Gemeindefusion durchaus erwogenen werden könne, aber darüber solle jede Gemeinde selbst entscheiden. Mönthals Finanzlage sei jedenfalls stabil. Die Gemeinde profitiere allerdings vom kantonalen Finanzausgleich, wie Egli nicht zu erwähnen vergass (dieses Jahr bezieht sie 124 000 Franken). Er schloss die Grussadresse mit dem Wunsch an die Mönthalerinnen und Mönthaler: «Bleibt, wie ihr seid, und bewahrt die Lebensqualität eurer Gegend.»
Spannende Dorfgeschichte
Der Windischer Historiker und frühere Direktor der Bundesbibliothek am Guisanplatz, Jürg Stüssi-Lauterburg, bot der versammelten Behördenschar einen spannenden Einblick in die facettenreiche Geschichte des Dorfs, indem er sie in grössere Zusammenhänge stellte. Ein Merkmal waren die wechselnden Herrschaften. Die Habsburger, knapp bei Kasse, verpfändeten den Kirchsatz von «Müendel» 1380 an Brugg und 1447 das Amt Schenkenberg an Bern; schon 1451 wurde es wieder habsburgisch, aber 1460 erneut bernisch und Mönthal damit definitiv eidgenössisch.
Weil die Habsburger 1469 zudem das Fricktal verpfändeten – an Karl den Kühnen von Burgund –, wurde «Müendel» unruhiges eidgenössisch-burgundisches Grenzgebiet. Mit Berns Übertritt zur Reformation 1528 entstand zur politischen noch eine konfessionelle Grenze. Mönthals Situation wurde 1705 erstmals auf Samuel Bodmers Landkarte als Mühtal dargestellt. 275 Jahre später, im Kalten Krieg, kam das Dorf aber noch auf einer ganz anderen Karte vor: Der gewiefte Militärhistoriker Stüssi zeigte einen Plan des sowjetischen Generalstabs für die Warschauer-Pakt-Truppen, auf dem Mönthal samt einer Militäranlage auf der Ampfernhöhe vermerkt war.
Aus dem Leben gegriffen
Jürg Stüssi-Lauterburg beleuchtete des Weiteren, was die Bevölkerung und die Behörden Mönthals beschäftigte. Zum Beispiel eine gewaltige Unwetterkatastrophe im Juni 1799 sowie finanzielle und soziale Probleme. So auferlegte die Gemeindeversammlung 1806 zur Aufbesserung der Armenkasse den auswärts wohnhaften Mönthaler Bürgern eine Neujahrsabgabe von 15 Batzen und jedem Mann, der eine auswärtige Braut ins Dorf brachte, 25 bis 50 Franken Heiratssteuer.
Der Historiker zitierte auch nachdenklich stimmende Fakten aus den Gemeindeakten. Zum Beispiel dass die Frauen von sieben Mönthaler Soldaten, die ohne Verdienstausfallentschädigung zum Aktivdienst im Ersten Weltkrieg aufgeboten worden waren, den Gemeinderat am 31. August 1914 um Unterstützung baten, die ihnen mit 50 Rappen bis 2.50 Franken pro Tag gewährt wurde. Am 8. September 1955 ermächtigte die Gemeindebehörde den Amtsvormund, eine unstete schwangere, ledige Einwohnerin für einen Schwangerschaftsabbruch nach Königsfelden einzuweisen. Die Ärzte lehnten diesen Eingriff ab, empfahlen aber eine Sterilisation, «da die Frau äusserst triebhaft sei und bald wieder mit einem Kind kommen würde».
Liegebank samt Schattenbäumen
Die auf zwei Bezirke verteilten Nachbargemeinden sowie die Stadt Brugg als ehemalige Kirchenherrin schenkten Mönthal zum Jubiläum eine grosse hölzerne Liegebank samt Schattenbäumen, die an einem geeigneten Platz den Erholungswert dieser Gegend unterstreichen sollen, wie Barbara Horlacher, Bruggs Frau Stadtammann, in einer abschliessenden kurzen Grussadresse darlegte.