Fünf Grossrätinnen und -räte um Roland Kuster (Wettingen) haben im Kantonsparlament einen Vorstoss eingereicht, in dem sie fordern, dass im Aargauer Schulgesetz Englisch als Unterrichtssprache ermöglicht wird. Kuster präsidiert den Planungsverband Baden Regio, dem bilingualer, also zweisprachiger Unterricht ein grosses Anliegen ist. Gerade im Ostaargau sind viele international tätige Firmen ansässig. «Gute Kenntnisse in Englisch bringen unseren Jugendlichen vielfältige Chancen und stärken den Wirtschaftsstandort», sagt er. Oder wie es die Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung ausdrückt: «Fremdsprachenkenntnisse öffnen Türen, erhöhen Karrierechancen und tragen zu einem besseren Verdienst bei. Bilingualer Unterricht trägt diesen Ansprüchen Rechnung.»
Schulversuch in zwei Regionen
Wohlgemerkt: Ziel der Motion ist weder eine flächendeckende Pflicht von durchgehend englischsprachigem Unterricht auf der Oberstufe noch ein exklusives Angebot für Kinder von Expats. Vielmehr soll die Regierung einen offiziellen Schulversuch in mindestens zwei Regionen des Aargaus ab Schuljahr 2027/28 zulassen. Sie erwägt zwar selbst eine Oberstufenreform ab 2025, die möglicherweise Fragen zu Fremdsprachen und Spracherwerb aufgreift – aber, schreiben die Motionäre: «In einer Zeit, in der sich die Arbeitswelt rasant verändert, passiert eine solche Reform viel zu langsam.»
Baden Regio hat das Bedürfnis nach bilingualem Unterricht erheben und Studien sowie Erfahrungsberichte aus dem In- und Ausland auswerten lassen. Dabei half dem Verband das Bildungsnetzwerk Aargau Ost, das die Erkenntnisse aufarbeitete und in einem Bericht zusammenfasste. Eine Empfehlung darin lautet: «Der zweisprachige Unterricht soll von Schülerinnen und Schülern besucht werden können, die Freude an der Sprache haben und ihr entsprechendes Potenzial ausschöpfen wollen.» So wird es zum Beispiel an der Sekundarschule Pfäffikon SZ gehandhabt, wo motivierte Jugendliche Fächer wie Mathematik, RZG (Räume, Zeiten, Gesellschaften) sowie Natur und Technik auf Englisch besuchen können.
Interesse an einem Pilot
Dass zweisprachiger Unterricht fremdsprachliche, soziale, interkulturelle und fachliche Kompetenzen fördert, ist sprach- und erziehungswissenschaftlich erwiesen. Damit dieser Effekt zum Tragen kommt, braucht es nicht nur eine gesetzliche Grundlage, sondern ein konkretes Angebot. Im Bericht steht zwar, die Ausbildungsmöglichkeiten an den pädagogischen Hochschulen seien (noch) sehr beschränkt. Aber auch: «Es gibt im Ostaargau Lehrpersonen mit Interesse und Bereitschaft, ein Modellangebot zu entwickeln.»
Das freut Ruth Müri, die den Vorstoss als Grossrätin mitunterzeichnet hat. Sie ist im Badener Stadtrat für Bildung zuständig und Vorstandsmitglied des Bildungsnetzwerks: «Wenn in unserer Region das Bedürfnis nach bilingualem Unterricht gegeben ist und die Schule dazu Hand bieten würde, dürfen wir nichts unversucht lassen, das Schulgesetz entsprechend anzupassen.» Das Interesse an einem Pilot ist auch im Raum Brugg vorhanden, denn Grossrat Titus Meier gehört ebenfalls zu den Motionärinnen und Motionären.
Diese warten gespannt auf die Antwort des Regierungsrats, wobei das Bildungsdepartement dem Ansinnen bisher ablehnend gegenüberstand. Markus Schneider, Stadtammann von Baden, sagt dazu nur: «Es wäre schade, unseren Jugendlichen diese Chance zu verwehren.»
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