Kein neues Bauland mehr

Die Bauten im Dorf können grösser und die Bauabstände kleiner werden: Hausen bereitet sich auf die revidierte BNO vor.
Halt am Süssbach mit Gemeinderat Kurt Schneider und Gemeindeammann Res Arrigoni (im Vordergrund). (Bild: HPW)

Die Gemeindeversammlung im November in Hausen hat es in sich, denn wichtige Geschäfte stehen an. Vorab die Revision der Bau- und Nutzungsordnung (BNO), die Sanierung des älteren Lindhofschulhauses sowie die Verkehrssicherheit und bauliche Massnahmen an der Hauptstrasse. Zu diesen Themen werden der Bevölkerung an zwei Dorfrundgängen Anschauungsmöglichkeiten geboten. An der ersten Tour erläuterte der komplett anwesende Gemeinderat seine Absichten zur Strassensanierung sowie Aspekte der neuen BNO, auf deren Inkraftsetzung er bis im nächsten Frühjahr hofft.

Weg frei für die neue BNO
Die Ausgangslage sei gut, erklärten Gemeindeammann Res Arrigoni und Gemeinderat Kurt Schneider, Ressortchef Bau- und Planungswesen. Gegen die BNO-Revision gingen zwar sieben Einsprachen ein, sie wurden aber alle in Verhandlungen gütlich erledigt und zurückgezogen. Wenn die Gemeindeversammlung dem vom Kanton bereits vorgeprüften Planwerk zustimmt, steht der abschliessenden Genehmigung durch den Regierungsrat und dem zeitgerechten Inkrafttreten nichts mehr im Weg. Auf die neuen Baunormen wartet beispielsweise die Oerlikon Metco AG, ein grosses, renommiertes Unternehmen in der Oberflächen-Beschichtungstechnik, das die Produktion in das Reichhold-Areal nach Hausen verlegen will.

Die BNO ist der wichtigste Gemeindeerlass. Sie regelt, was wo wie gebaut werden darf. Das prägt die Struktur des Dorfs, greift aber auch in privates Eigentum ein und weckt demzufolge Emotionen. Dessen ist sich der Gemeinderat bewusst. Deshalb sucht er den Dialog mit der Bevölkerung. Bund und Kanton wollen die Zersiedelung stoppen. Die Konsequenz ist eine Verdichtung der Bauzonen. Die Bauten werden grösser, die Bauabstände kleiner. Umso bedeutsamer werde die Überbauungsqualität, betonte Kurt Schneider.

Hausens Bauzone ist 73 Hektaren gross. Neun Hektaren sind noch nichtüberbaut. Die neue BNO sieht keinen Quadratmeter zusätzliches Bauland mehr vor. Bei weiterer Bevölkerungszunahme – sie betrug in den letzten 15 Jahren 1000 Einwohner – werden mehr Leute auf gleicher Fläche leben müssen. An den Hanglagen mit «durchgrünten» Einfamilienhausquartieren bleibt die Baudichte geringer als im Gebiet zwischen Hauptstrasse und Hausen West, wo schon etliche, ziemlich gleichförmige Wohnblöcke stehen.

Die neue Wohnzone «Wc» erlaubt in Mehrfamilienhausquartieren mit Erneuerungspotenzial wie «Im Stück» deutlich höhere Arealnutzungen – bei gut gestalteten Überbauungen sogar mit einem Zusatzbonus. Bauverwalter Andreas Schmucki erläuterte die Bedeutung der Umgebungsgestaltung an praktischen Beispielen. Angestrebt werden mehr Grün und Begegnungsflächen, weniger Asphalt sowie unter- statt oberirdische Parkplätze. Die Landschaftsarchitektin Iris Winkenbach verwies auf den verstärkten Baumschutz: Das Fällen grosser Bäume wird bewilligungspflichtig.

Kulturgüter – ein Randthema
Die Erhaltung der Baukultur ist ein Randthema; immerhin wird auch der Schutz von Trockenmauern, Weihern, Hecken und Einzelbäumen in der neuen BNO verankert. Hausen wird kaum je den Wackerpreis gewinnen, obschon die Gemeinde mit zwei römischen Wasserleitungen ein Kulturgut von nationaler Bedeutung besitzt. Aber sie liegen «aus den Augen, aus dem Sinn» – unter dem Erdboden. Vor drei Jahren wurde ein Teilstück der «stillen» Leitung beim Bau des Wohn- und Atelierhauses Romeo der Stiftung Domino freigelegt – und abgebrochen.

Ausserdem musste das 460-jährige Brunnerhaus an der Holzgasse, ein Hochstudhaus von kantonaler Bedeutung und damals Hausens ältestes Gebäude, vor vier Jahren einer Neuüberbauung weichen. Hingegen konnte das benachbarte Dahlihaus, heute eine Zierde des Dorfs, dank privater Initiative gerettet werden. Ein weiteres Hochstudhaus vis-à-vis soll ebenfalls, wenn möglich, erhalten bleiben.

Epizentrum Reichhold-Areal
Der Spaziergang durch Dorfzentrum, Mehr- und Einfamilienhausquartiere sowie an den Süssbach endete auf dem Reichhold-Areal, dem Epizen-trum der künftigen Entwicklung. Die jahrelange Industriebrache auf den Gemeindegebieten Hausen und Lupfig steht vor der Reindustriealisierung. Profilpflöcke markieren bereits die Erschliessung. Erste Unternehmen mit ungefähr 600 Arbeitsplätzen sind hüben wie drüben startbereit. Umsichtige Arealentwicklerin ist die Firma Hiag Immobilien AG Schweiz – ein Glücksfall für beide Standortgemeinden, dass sie sich nicht mit den einstigen amerikanischen Besitzern herumschlagen müssen.

Entgegen dem Wunsch von Hausen setzt der Kanton beim Reichhold-Areal vorderhand auf eine reine gewerblich-industrielle Nutzung ohne Wohnungsanteil, um Immissionskonflikten von Anfang an aus dem Weg zu gehen. Die Grünliberale Ortsgruppe (GLP) Hausen bedauerte das in einer Stellungnahme. Aber die Debatte kommt zu spät. Der Gemeinderat lässt sich nicht in einen Disput mit den kantonalen Instanzen ein, um das gut angelaufene Reichhold-Projekt nicht zu bremsen.

Tempo 30 auf der Hauptstrasse
Aufgrund einer Elterninitiative befasst sich der Gemeinderat mit der Verbesserung der Verkehrssicherheit für die Schüler auf der Hauptstrasse im Bereich der Schul- und Turnanlagen. Wie Gemeinderat Lukas Bucher ankündigte, werden der Gemeindeversammlung ein Kredit von 29 000 Franken und ein einjähriger Tempo-30-Versuchsbetrieb mit entsprechender Signalisation beantragt. Die bisherigen Fussgängerstreifen bleiben bestehen. Solche Pläne hatte der Gemeinderat schon 2010, aber sie wurden von der Gemeindeversammlung abgeschmettert.

Bei der Hauptstrasse rücken bauliche Massnahmen ins Blickfeld. Dis Bushaltestellen sollten behindertengerecht ausgestaltet werden, und der Strassenbelag ist stellenweise sanierungsbedürftig. Die Aufgabenstellung soll in einem Betriebs- und Gestaltungskonzept im Zeitraum 2024/25 angegangen werden.

Nächster Dorfrundgang
Mittwoch, 27. September, 18 Uhr
Gemeindehaus, Hausen