110 Jahre Zementbrennen im Siggenthal

Zement als solcher, Zement und Umwelt, aber auch ein Volksfest standen beim Werksjubiläum der Holcim im Zentrum.
Hunderte nutzten die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen des Zementwerks in Siggenthal Station zu werfen und freuten sich über das kulinarische Angebot. (Bild: bkr)

Beton ist für uns selbstverständlich – doch was ist das überhaupt? Woraus besteht der als Bindemittel benötigte Zement, und wie läuft dessen Herstellungsprozess ab? Zu Hunderten strömten am Samstag interessierte Leute – unter ihnen viele Familien und Volkswirtschaftsdirektor Dieter Egli – ins Zementwerk der Holcim in Siggenthal Station. Dieses feierte seinen 110. Geburtstag mit einem veritablen Volksfest und interessanten Rundgängen durch die Fabrik, die sonst der Öffentlichkeit verschlossen ist.

Beton, das ist etwas Wasser, drei Teile Kies und Sand sowie ein Teil Zement. Und Letzterer? Er entsteht, wie man erfahren konnte, in einem komplexen Verfahren, für das Kalkstein und Mergel zu feinem Pulver gemahlen werden, das in einem langen Drehofen bis auf 1450 Grad erhitzt wird.

Um diese Hitze zu halten, werden Kohle, aber auch Sondermüll (mit einem Anteil von 40 Prozent) wie getrockneter Klärschlamm, Autoreifen, Tiermehl und Lösungsmittel verbrannt. Übrigens: Mit der Abwärme können im Siggenthal rund 100 Haushaltungen versorgt werden. Staub- und Kohlefilter fangen die durch die Verbrennung entstandenen Schadstoffe auf. Aus dem Ofen kommen als Resultat haselnussgrosse Kügelchen – der sogenannte Klinker. Dieser wiederum wird fein gemahlen und unter Beigabe von Gips und anderen Zusatzstoffen zu Zement.

Imposant grosse Maschinen
Die benötigten Maschinen – der Drehofen ist 65 Meter lang – sind imposant, erklären sich aber dem Laien in ihrer Funktion nur sehr schwer. Für die nötigen Informationen sorgten ausgezeichnet gemachte Tafeln und ein Art Showroom. Explizit angesprochen wurden auf dem Rundgang die Themen CO2 und Recycling. Bei Letzterem geht es darum, Beton aus Abbrüchen zurück in den Kreislauf zu führen, was insofern nicht einfach ist, weil dieser oft nicht der geforderten Qualität entspricht – aus der Hochkonjunktur stammt. Beim CO2 ist die Faktenlage so, dass die Zementindustrie mit einem Anteil von 6,5 Prozent zu den grössten CO2-Verursacherinnen des Landes gehört. Ziel ist, 2050 klimaneutral zu sein. Dafür setzt Holcim auf drei Säulen: energieeffiziente Anlagen, erneuerbare Energien und klimafreundliche Logistik.

Um das Ziel zu erreichen, ist die Reduktion des Klinkeranteils von grosser Bedeutung. Beim Brennprozess ist es vor allem der Klinker (und nicht der Brennstoff), der pro Tonne Zement 520 Kilogramm CO2 freisetzt. Bereits heute bietet Holcim Zementsorten an, in denen der Klinker teilweise substituiert ist.

«Brot und Spiele»
Genug der Verfahrenstechnik. Das Festzelt und eine Schlemmermeile ­lockten. Auf Letzterer boten verschiedene lokale Vereine Pasta, Wurst und Steak an, um nur drei Angebote zu nennen. Für Kuchen und Kaffee sorgten die Landfrauen, während es im Festzelt zwischen 9 und 16 Uhr Auftritte der Steinbruchschränzer und der Wasserschloss-Fäger, von Enjoy Dance, des Kinder- und Jugendchors Vokalis sowie der Musikgesellschaft und der Blaskapelle Würenlingen gab. Danach? Für Kinder und Jugendliche wurde viel geboten – bis hin zu einer kleinen Berufsschau, die das Lehrstellenangebot des Zementwerks präsentierte. Und wer noch mehr Wissensdurst hatte, konnte sich des Themas Steinbruch annehmen, imposante Fahrzeuge aus der Nähe kennenlernen oder sich über ökologische Themen informieren.

Nein, die Narben ehemaliger Steinbrüche sind nicht schön – das waren auch die Spuren grosser Stürme wie von «Lothar» nicht. Aber beide Eingriffe in die Natur bieten dieser ebenso neue Chancen. «Steinbrüche und Kiesabbaustellen sind oft wahre Naturparadiese. Im Steinbruch Gabenkopf des Holcim-Werks Siggenthal zum Beispiel lassen sich einheimische Orchideen, Gämse oder seltene Amphibien wie die Gelbbauchunke beobachten», sagte GLP-Nationalrat Beat Flach, Präsident der Stiftung Natur & Wirtschaft, als er vor einiger Zeit die Werksleitung mit dem national anerkannten Label der Stiftung auszeichnete.