Gut ist gut genug

In der Rubrik «Querbeet» beleuchten namhafte Autorinnen und Autoren ein von ihnen gewähltes Thema – und sorgen damit wöchentlich für Inspiration.

Sind Sie eine entspannte Minimalistin oder ein Faulpelz aus Überzeugung? Wunderbar, dann braucht Sie diese Kolumne nicht zu kümmern. Heute schreibe ich nämlich für all jene unter uns, die eine Sache gern richtig gut machen. Gut gut. Am liebsten perfekt.

Perfekt ist ihr Engagement vor allem für jene, die von ihrer Arbeit profitieren: für ihre Chefinnen und Kunden, vielleicht für ihre Schüler oder ihre weniger fleissigen Kolleginnen. Weniger perfekt ist ihr grosser Einsatz für sie und die Menschen, mit denen sie zusammenleben. Meine exzessiven Anfälle von Genauigkeit sind für mich Stress und machen mich bisweilen ziemlich reizbar. Und weil ich zu Hause arbeite und nicht gern ein schlechtes Vorbild für meine Kinder bin, stresst es mich, dass ich gestresst bin. Deshalb habe ich mir fest vorgenommen, mir nicht mehr durch «Tüpflischisse», wie wir auf Schweizerdeutsch so schön sagen, die Freude an meinen tollen Arbeiten zu verderben.

Studien belegen, dass ich in ziemlich guter Gesellschaft bin: Bei Frauen sind die eigenen Ansprüche der grösste Stressfaktor. Kaum erstaunlich: Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Anforderungen stetig steigen und Menschen sehr oft über ihre Leistungen definiert werden. Berufstätige Mütter werden dabei besonders ins Visier genommen. Für jemanden mit hohen Ansprüchen an sich selbst gibt es immer etwas zu verbessern. Man braucht nur für diese Botschaft empfänglich zu sein und hört sie überall: beim Sport, am Elternabend, in der Werbung, von Vorgesetzten ebenso wie von Vertrauten. Dabei ist Perfektionismus meistens eine kolossale Energieverschwendung. Kennen Sie das Pareto-Prinzip? Es besagt, dass wir 20 Prozent unserer Energie brauchen, um 80 Prozent unserer Arbeit zu erledigen. Die restlichen 80 Prozent gehen für den Feinschliff drauf. Gut ist gut genug.

Also: Auf die gute Laune, die Pausen und die Grosszügigkeit mit uns selbst!

malu@philopost.ch