Zeitgenössische Literatur im Fokus

Am vergangenen Wochenende fanden in Rottweil die Deutsch-Schweizer Literaturtage statt. Eindrückliche Lesungen inspirierten das Publikum.
Lesung in der Werkstatthalle der Kunststiftung Hauser in Rottweil. (Bild: zVg)

Über das letzte Wochenende wurden in Rottweil die 39. Deutsch-Schweizer Literaturtage abgehalten. Die Autorinnen und Autoren lasen für einmal vor einer beachtlichen Brugger Delegation. Gegen 30 Bruggerinnen und Brugger, darunter Barbara Horlacher und Leo Geissmann, haben die Lesungen verfolgt. Die Städtepartnerschaft hat also zumindest in der Welt der Bücher ihren sicheren Platz.

Es darf mit Fug von gelungenen Literaturtagen gesprochen werden. Die acht Autorinnen und Autoren verkörperten mit ihren Werken das zeitgenössische literarische Schaffen. Aus der Schweiz angereist waren Leta Semadeni (sie las aus «Amur, grosser Fluss»), Rebecca Gisler («Vom Onkel») und das Literatenehepaar Heinz Helle und Julia Weber («Wellen» bzw. «Die Vermengung»). Christine Koschmieder («Dry»), Arno Frank («Seemann vom Siebner»), Behzad Karim Khani («Hund, Wolf, Schakal») und Manon Hopf («hand, legungen») vertraten die deutsche Seite.

Alle Autorinnen und Autoren haben am Samstag eindrückliche Einblicke in ihr Wirken gewährt, besonders hervorzuheben sind die Lesungen von Rebecca Gisler, die einige Passagen ihres Romans, der zuerst auf Französisch entstand und erst später von ihr ins Deutsche übertragen wurde, in ihrer Langue maternelle vortrug. Heinz Helle und Julia Weber berichteten in ihren korrespondierenden Büchern von einem Paar, das während der Pandemie zum zweiten Mal Eltern wird. Im Wechselspiel trugen die beiden aus ihren Büchern vor. Das war nicht nur atmosphärisch dicht, sondern packend: Der Mut, mit ihren autobiografisch geprägten Geschichten etwas zur Genderfrage beizutragen, war und ist beeindruckend.

Am Sonntag, 24. September, fand dann in der Werkstatthalle der Kunststiftung Hauser die tradierte Kurzlesung von Texten der Autorinnen und Autoren über Rottweil statt. Die schlauste, gehaltvollste These stellte Arno Frank in seinem Text auf: Von der Frage ausgehend, ob er für seinen Wegzug aus Berlin zu bedauern sei, stellte er fest, dass Provinz das sei, was noch da sei. Wir hätten uns, so seine Behauptung, vertraut gemacht mit der Vernichtung des Beständigen. Rottweil aber sei schon vor Hunderten von Jahren da gewesen. Dass er dem Publikum damit aus dem Herzen sprach, ist naheliegend. Er traf damit den Nerv der Bruggerinnen und Brugger: Provinz ist weit mehr als provinziell.