Wie soll eine Gemeinde wie Rüfenach in 20 Jahren aussehen? Darüber entscheiden die Stimmberechtigten im Rahmen einer Bau- und Nutzungsordnung (BNO). Das ist ein Planungsins-trument, das seit den Boomjahren der Nachkriegszeit Anwendung findet und alle privaten und öffentlichen Interessen rund um die Themen Siedlung und Bauen berücksichtigt. Wie sehen diese Interessen aus? Wie will man sie ausloten? Ein sehr gutes Instrument auf dem Weg zu einer neuen BNO ist ein Entwicklungsrichtplan (ERP). Ist dieser – nach Konsultation der Bevölkerung – vom Gemeinderat beschlossen, bildet er eine fundierte Basis für die Arbeiten an der BNO. Quasi Teil eines ERP ist ein Masterplan. Dieser ist einer Lupe gleich auf Details ausgerichtet.
Wie geht man so einen Masterplan an? Wie führt man Ortskerne in die Zukunft? Brugg Regio hat sich des Themas angenommen und eine «Arbeitshilfe Ortskernentwicklung» ausarbeiten lassen, bei der Rüfenach als Pilotgemeinde diente. «Rüfenach wurde ausgewählt, weil sich die Gemeinde auf unseren Aufruf hin gemeldet hat», sagte Barbara Horlacher, Frau Stadtammann von Brugg und Vizepräsidentin von Brugg Regio, bei der Vorstellung des Hefts. Den fertigen Masterplan präsentierten Samuel Flückiger (Kollektiv für Architektur Raum und Ort, Brugg) und Manuel Basler (Steinmann Ingenieure und Planer, Brugg) auf Papier sowie auf einem Rundgang durch den Ort.
Vorgärten statt Abstellplätze
Rüfenach als typisches Strassendorf, so die Experten, sei im Zusammenhang mit der bevorstehenden Sanierung der Kantonsstrasse planerisch gefordert. «Diese Sanierung muss für eine Aufwertung des Ortskerns genutzt werden», sagte Flückiger. Laut dem Rüfenacher Masterplan geht es darum, die Strasse – soweit das geht – wieder zu einem Teil des Lebensraums zu machen und beispielsweise Vorgärten wieder bis an die Fahrbahn zu ziehen. «Diese dürfen nicht Autoabstellplätzen geopfert werden», so die Forderung. Ein massiver Eingriff ins Privateigentum? Nein, sagten die Planer, lediglich eine Idee. Genauso die auf heute noch ungenutzten Parzellen eingetragenen Baukörper. «Es ist sehr wichtig, mit den betroffenen Besitzern rechtzeitig über die Ziele des Masterplans und seinen Vorschlagscharakter zu sprechen», sagte Flückiger.
Weg von der Strasse, hin zur Speisewirtschaft Blauer Engel, die seit Frühling mangels Wirts geschlossen ist. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und wurde kürzlich im ersten Stock renoviert. Ein Anliegen des Masterplans ist der Vorplatz des Hauses, der einer Sanierung bedarf. Gefordert ist eine Pflästerung, aber nicht mit rechteckigen Steinen, sondern mit unregelmässigen, oben runden. Diese stammten einst aus der Aare oder wurden von Bauern – sogenannte Lesesteine aus den Äckern – angeliefert und von den Pflästerern im Winter behauen.
Areale müssen umgezont werden
Ein anderes markantes Gebäude in Rüfenach ist die ehemalige Meyer’sche Anstalt, die ebenfalls unter Denkmalschutz steht. Das 1814 vom Baumwollindustriellen Johann Heinrich Meyer gestiftete Armen- und Waisenhaus wurde von 1947 bis 2016 als Station der kantonalen Kinder- und Jugendpsychiatrie genutzt. Der Kanton als Eigentümer möchte das markante Gebäudeensemble künftig als Wohngebäude nutzen.
Dazu müsste die Gemeinde das Areal – heute in der Zone für öffentliche Bauten – zur Wohnzone machen. Eine Gelegenheit, aus Ideen des Masterplans Vorgaben zu machen. In diesem Fall, eine Umnutzung mit der Pflicht eines Architekturwettbewerbs zu verknüpfen.