Annika Büsing: Koller

In der Rubrik «Buchtipp» erzählen Mitarbeitende der Gemeinde- und Schulbibliothek Windisch von ihren Leseerfahrungen – und sorgen so für Inspiration.

Zwei Menschen, die gerade fünf interessante Tage zusammen verbracht haben, sitzen am Meer. Geküsst haben sie sich nur ein einziges Mal. Sie haben sich in einem Park kennengelernt: Koller, eigentlich Kolja, barfuss und mit pinken Fingernägeln, und Chris, der zu viel denkt. Beide sind um die 30 und wissen gerade nicht so recht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Zwischen Kennenlernen und Sitzen am Meer liegt eine Spritztour, bei der die beiden mit einem geliehenen Auto eigentlich zum Haus von Kollers Grossmutter fahren wollen, zwischendurch aber verschiedene Abstecher machen, zum Beispiel zu seiner Schwester im Behindertenheim und zu seiner Tochter, von der er bisher gar nichts wusste. Die Autorin schildert diesen Roadtrip, der ein bisschen an Herrndorfs «Tschick» erinnert – einfach erwachsener und diverser –, mit knappen und kraftvollen Dialogen sowie sorgfältigen, tiefgründigen Beschreibungen. Die Charaktere sind fein ausgearbeitet und haben ihre eigene Sprache. Annika Büsing gelingt es, das komplizierte Innenleben ihrer Protagonisten glaubhaft zu beschreiben. Ich kann ja so gut mit Chris mitfühlen, der immer zu viel denkt und sich gern vom impulsiven Koller mitreissen lassen möchte.

Koller (Roman von Annika Büsing, Steidl Verlag, 2023)