26 Prozent mehr für 2023, 35 Prozent mehr für 2024: Innerhalb von zwei Jahren sind die Strompreise im Aargau massiv gestiegen. Hunderttausende Kundinnen und Kunden sind von der happigen Erhöhung betroffen, und dies in unterschiedlichem Umfang. Das hat mit der Vielzahl der im Kanton und in der Region tätigen Stromanbieterinnen zu tun. Allein im Verbreitungsgebiet der «Rundschau Nord» sind es sieben, die über verschiedene Lieferantinnen verfügen und unterschiedliche Strombeschaffungsstrategien verfolgen.
Strompreise zu vergleichen, ist nicht ganz einfach. Hilfreich ist der Strompreisrechner der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom), welcher unter strompreis.elcom.admin.ch zu finden ist. Gewählt wurde die Tarifstufe H4. Sie gilt für einen 4-Personen-Haushalt in einer 5-Zimmer-Wohnung mit Elektroherd und Tumbler – diese Details sind nötig, weil in den Strompreis Verbrauchsprofile einfliessen.
Um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, wird der günstigste Strom aus der jeweiligen Angebotspalette genutzt. Ein «normierter» H4-Stromnutzer zahlt in Ehrendingen und Freienwil mit 42,51 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) im Gebiet der «Rundschau Nord» 2024 den höchsten Preis – am günstigsten lässt sich Strom mit 30,72 Rappen in Birmenstorf konsumieren. Relativ günstig auch in Unter- und Obersiggenthal, wo die Elektrizitätsgenossenschaft Siggenthal ihre «weisse Kohle» für 34,16 Rappen liefert.
Das stimmt allerdings nur bedingt – weil sich eine Gemeinde aus verschiedenen Versorgungsgebieten zusammensetzen kann. Siggenthal Station wird von der AEW Energie AG versorgt – mit 34,82 Rappen pro kWh marginal teurer. Das sieht in Schneisingen anders aus: Dort beliefert die örtliche Elektra die Gemeinde zu 41,46 Rappen. Eine Ausnahme bildet der Weiler Widen, den die AEW Energie AG (sowie die Gemeinde Lengnau) mit 34,82 Rappen pro kWh versorgt.
Was aber ist, wenn man kein «normierter» Stromnutzer ist, was kostet elektrische Energie dann? Das erste Aha- oder Schreckerlebnis hat man, wenn man realisiert, dass die Elcom-Preise ohne Mehrwertsteuer sind, bei der es immerhin um 8,1 Prozent geht. Ebenfalls hinzu kommen Hochtarife am Tag und verschiedene «Ökostromvarianten». So kostet beispielsweise der CO₂-freie Lägernstrom Basic der Elektra Ehrendingen 2024 im Hochtarif 44,83 Rappen. Was es in einer Gemeinde im Detail an Angeboten zu welchen Preisen gibt, findet sich auf den Websites der Anbieterinnen.
Zusammensetzung der Kosten
Der Strompreis setzt sich zentral aus der Energielieferung, aber inzwischen verstärkt auch aus der sogenannten Netznutzung sowie aus Konzessionsabgaben zusammen. Letztere sind eine Gebühr, die eine Stromlieferantin einer Gemeinde für das Recht, diese mit Elektrizität versorgen zu dürfen, bezahlen muss. Mit 0,4 (Würenlingen) bis 0,7 Rappen pro kWh (Gebenstorf) macht sie den «Braten» nicht feiss. Unter Netznutzung wird den Kundinnen und Kunden der Transport des Stroms vom Kraftwerk bis ins Haus verrechnet. Die von der Swissgrid als Betreiberin des nationalen Übertragungsnetzes erhobene Preiskomponente für ihre Dienstleistungen erhöht sich 2024 von 0,46 auf 0,75 Rappen pro kWh.
Der Bund führt zudem ab 2024 eine neue Abgabe (sie beträgt 1,2 Rappen) ein – die «Stromreserve des Bundes», mit der beispielsweise das Notkraftwerk in Birr finanziert wird. In der Regel machen die Kapitalkosten die grossen Preisunterschiede der Netznutzung aus: Neuere Netze generieren höhere Zinskosten, alte Netze tiefe Zinskosten, teilweise sind sie sogar abgeschrieben. Im Versorgungsgebiet der «Rundschau Nord» sind die Differenzen allerdings gering und schwanken um plus/minus 2 Rappen.