Der wichtigste Platz in Brugg

Drei Varianten und acht Module wurden für den Neumarktplatz diskutiert. Der Einwohnerrat lehnte freie Bestuhlung und Pergola ab.
Die Mitglieder des Einwohnerrats stellten mehrmals Anträge, um sich fraktionsübergreifend auszutauschen. (Bild: cd)

Wie es sich im Vorfeld der Sitzung abgezeichnet hatte, gab die Bewilligung eines Projektierungskredits für die Ausarbeitung des Bau- und Auflagekonzepts für die Erneuerung und die Aufwertung des Neumarktplatzes viel zu diskutieren. Die 45 anwesenden Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte bewilligten erst nach zwei Stunden den Kredit von 725 000 Franken zuzüglich Teuerung. Danach reichte die Zeit nur noch für ein weiteres politisches Geschäft: die Genehmigung des Budgets 2024 der Einwohnergemeinde Brugg, das mit 26 zu 16 und mit einem Gemeindesteuerfuss von 97 Prozent zuhanden der Urnenabstimmung angenommen wurde.

Zu Beginn der Sitzung stellte das Büro einen Ordnungsantrag zur Traktandenänderung, dem der Einwohnerrat zustimmte. Die Behandlung des Baukredits für die Erneuerung der Sommerhaldenstrasse und für die Gestaltung Begegnungsort wurde somit jener des Budgets 2024 hintangestellt. Der Änderungsantrag für die Rochade auf der Traktandenliste war weitsichtig: Mit einem Projektierungskredit, einem Baukredit und dem Planungskredit für die Gebietsentwicklung Stadtraum Bahnhof Brugg Windisch samt Durchführung und Nachbereitung der Testplanung war die Traktandenliste bereits äusserst eng besetzt. 

Einzelabstimmung über Module
Die vom Stadtrat favorisierte Variante 2 «Kompakt» mit einem Projektierungskredit von 688 000 Franken kam bei den Fraktionen des Einwohnerrats nicht durch. Mit 32 Ja- zu 11 Nein-Stimmen wurde der Antrag von Barbara Geissmann (Die Mitte) angenommen, nicht nur über die drei Varianten, sondern zuerst über jedes der acht variablen Zusatzmodule der Sanierung einzeln abzustimmen. Einwohnerratspräsident Michel Indrizzi regte daraufhin an, dass jede Fraktion sich zu den Modulen äussern solle, bevor man diese variablen Elemente der Einzelabstimmung unterziehe. Damit war die Diskussion eröffnet. Reto Bertschi (SP) sprach sich für Variante 3 «Partizipation» aus, die den Zuwachs von Aufenthaltsqualität, die Stärkung ökologischer und stadtklimatischer Aspekte sowie ein Regenwassermanagement vorsieht. «Der Neumarktplatz ist etwas vom Wichtigsten in der Stadt, der in den nächsten 30 bis 40 Jahren auch ein Aufenthaltsplatz sein soll», argumentierte Bertschi. Noch deutlicher war das Votum von Julia Geissmann (Die Mitte): «Wir wollen nicht weitere 20 Jahre warten, bis der Neumarktplatz erneuert wird», hielt sie fest.

Schwammstadt gewünscht
Mit den «eher konventionellen Oberflächen und reduzierten ökologischen und klimatischen Vorteilen» aus Variante 2 «Kompakt» taten sich die Fraktionen schwer. Die Pigmentzugabe im Gussasphalt für einen optisch helleren und hochwertigeren Platz, der sich weniger erwärmt und deshalb klimatisch vorteilhaft ist, wurde einstimmig angenommen. Julia Grieder von den Grünen stellte die kommenden und zusätzlichen Kosten, verursacht durch die Klimaerwärmung, jenen der Projektkosten gegenüber. Erstere würden immer noch deutlich höher liegen als die 1,2 Millionen Franken, die sich aus der kostspieligsten Variante 3 ergäben, betonte Grieder. Betreffend Element Schwammstadt, bei dem das Regenwasser nicht direkt in die Kanalisation geleitet, sondern in einer Art Auffangbecken im Wurzelbereich der Bäume zurückgehalten und versickert wird, schlug Julia Geissmann vor, die Kosten wie in Windisch durch die Abwasserbeseitigung zu tragen. Juristisch sei das möglich, wie ihre Nachforschungen ergeben hätten. Zudem sei der Kanton Aargau sehr daran interessiert, Projekte wie die Schwammstadt auf dem Neumarktplatz zu begleiten, erklärte Julia Geissmann.

Pergola und Stühle abgelehnt
Mit 21 zu 22 Stimmen ganz knapp abgelehnt wurde die Pergola auf dem Platz im Süden als Abschluss zur Kantonsstrasse und für die Erhöhung der Aufenthaltsqualität. Gegen den Südabschluss, der mit der Entwicklung Stadtraum Brugg Windisch in ein anderes Projekt übergehen könnte, sprach sich Titus Meier (FDP) aus. Erst wenn man wisse, wie die Campuspassage einmal aussehe, könne man den Anschluss an den Neumarktplatz planen, und allenfalls sei eine Pergola nicht das Richtige.

Die Grünen bedauerten, herausgefunden zu haben, dass aus statischen Gründen weder eine Horizontalbegrünung noch eine begrünte Überspannung zwischen den Gebäuden möglich sei.

Diskutiert wurde ausserdem die freie Bestuhlung. Die zusätzlichen Sitzgelegenheiten sollten als Akzente für eine hohe Aufenthaltsqualität sorgen und waren in Variante 3 «Partizipation» vorgeschlagen, für die sich auch die GLP einsetzte: «Ein so wichtiger Platz ist der falsche Platz zum Sparen», sagte Andrea Rauber Saxer. Der Neumarktplatz könne einen Beitrag an das soziale Zusammenleben leisten. «Wir dürfen uns nichts verbauen», ermahnte Rauber Saxer ihre Ratskolleginnen und -kollegen.

Die SVP wollte klare Vorschläge und Lösungen vom Stadtrat, damit sich die Bevölkerung auf dem Platz wieder wohlfühlen könne. Daniel Zulauf (SVP) meinte: «Die Visitenkarten einer Stadt sind deren Menschen, doch der Neumarkt ist bestimmt keine Visitenkarte der Stadt.»

In den Abstimmungen wurde die Sanierungsvariante 1 als Basismodul mit einer Enthaltung angenommen. Mit 34 Ja- zu 7 Nein-Stimmen fand die Pflästerung statt der Chaussierung als dauerhafte Lösung mit Vorteilen im Unterhalt grosse Zustimmung. Dem Rückbau des Brunnens (24 zu 19), einem Wasserelement zur Belebung des Platzes (24 zu 20), einer Vertikalbegrünung an Fassaden zur Verbesserung des Mikroklimas und der Akustik (28 zu 14) und einer Schwammstadt statt punktueller Baumgruben (27 zu 16) wurde zugestimmt. Abgelehnt wurde mit 19 zu 24 die freie Bestuhlung.

Beim Änderungsantrag von der SP (Variante 3) gegen jenen der FDP ­(Sanierung, Vertikalbegrünung, heller Gussasphalt und Pflästerung) kam es zu einer Pattsituation. Einwohnerratspräsident Michel Indrizzi waltete mit einem Stichentscheid seines Amtes zugunsten der FDP. Am Ende ­gewann der mit sechs Modulen neu formulierte Antrag des Einwohnerrats mit 29 Ja zu 11 Nein gegenüber dem ­Antrag des Stadtrats. Der Projektierungskredit erhöht sich damit von 688 000 auf 725 000 Franken.